Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
zurechtzufinden. Meiner Erinnerung nach waren wir nicht sehr oft abgebogen. So schwer würde es also nicht werden.
Was mir mehr Sorgen machte, war, was ich tun sollte, wenn ich den Kerker erreichte. Vielleicht konnte ich meine Überzeugungskraft bei dem Wächter einsetzen. Falls es ein Kobold sein sollte, würde ich ihn einfach überwältigen und dazu zwingen, mir die Tür zu öffnen.
Ich erreichte die Wendeltreppe, aber die führte nur zum Erdgeschoss. Den Weg zum Kerker musste ich also erst noch finden.
Am Fuß der Treppe hörte ich plötzlich Stimmen. Ich erstarrte und überlegte, ob ich mich verstecken oder abhauen sollte. Ich entschied mich für Ersteres. Eilig schlich ich hinter die Treppe, kauerte mich im Schatten zusammen und machte mich so klein als möglich.
Die Stimmen wurden immer lauter und ihre Besitzer schienen sich darüber zu streiten, wie man die beste Kürbissuppe zubereitete. Mein Herz klopfte so laut, dass ich Angst hatte, sie würden es hören, und ich hielt den Atem an. Sekunden später sah ich die Füße zweier Kobolde an mir vorbeilaufen.
Eins der Wesen schien weiblich zu sein, denn ihr dünnes Haar hing ihr zu einem Zopf geflochten den Rücken hinab. Diese Trolle waren wirklich nicht sehr hübsch, wirkten aber– ihrem Gespräch nach zu urteilen– ziemlich harmlos. Sie klangen menschlicher und normaler als einige der Trolle, die ich in Förening kennengelernt hatte.
Ich wartete noch ein paar Minuten, bis ich sicher war, dass die Kobolde in den Flur eingebogen waren, und begann, wieder normal zu atmen. Ich hätte sie wahrscheinlich überwältigen können, aber ich wollte nicht irgendwelche Fremden zusammenschlagen. Außerdem hätten sie womöglich Lärm gemacht und alle anderen Bewohner des Palastes inklusive Oren alarmiert.
Ich trat aus dem Schatten und stieß beinahe mit Loki zusammen. Er lehnte mit überkreuzten Beinen lässig an der Treppe, den Ellbogen aufs Geländer gestützt. Ich hätte vor Schreck beinahe aufgeschrien, riss mich aber gerade noch rechtzeitig zusammen. Ich wollte auf keinen Fall noch mehr Aufmerksamkeit erregen.
»H allo, Prinzessin.« Loki grinste mich an. »E inschlafprobleme?«
Er und Ludlow hatten mich von Anfang an »P rinzessin« genannt, aber ich hatte es für reinen Spott über meinen Status bei den Tryll gehalten. Jetzt begriff ich, dass ich auch ihre Prinzessin war und sie mich mit einer gewissen Ehrerbietung mit meinem Titel angesprochen hatten.
Leider nützte mir dieser Titel bei Loki gar nichts. Ich war schließlich auch nur eine Gefangene hier.
»J a, ich… ich hatte Hunger«, faselte ich.
»E ine schöne Geschichte«, sagte er mit skeptischer Miene. »W enn ich sie doch nur glauben könnte.«
»I ch habe heute noch nichts gegessen.« Das stimmte zwar, aber ich war viel zu aufgeregt, um an Nahrungsaufnahme auch nur zu denken.
»W as hast du denn vor?«, fragte Loki und ignorierte meine lahme Ausrede. »S elbst wenn du den Kerker findest, wie willst du sie befreien?«
»J etzt gar nicht mehr. Du wirst mich doch sicher gleich verpetzen, stimmt’s?« Ich musterte seine Augen und versuchte herauszufinden, was er vorhatte. Aber er schaute mich nur so amüsiert an wie immer.
»V ielleicht«, sagte er achselzuckend, als habe er sich noch nicht entschieden. »E rzähl mir deinen Plan. Wahrscheinlich lohnt es sich gar nicht, deshalb jemanden zu wecken.«
»W ieso glaubst du das?«, fragte ich.
»D u siehst aus wie jemand, der sich selbst am besten sabotiert.« Empört öffnete ich den Mund, um zu protestieren, und er lachte über meinen Ärger. »N imm’s nicht persönlich, Prinzessin. Das passiert uns allen mal.«
»I ch werde nicht aufgeben, bis ich meine Freunde befreit habe.«
»D as glaube ich dir sofort.« Er beugte sich zu mir. »S iehst du? Alles wird viel einfacher, wenn du ehrlich bist.«
»J etzt bin plötzlich ich hier der Lügner?«, schnaubte ich.
»I ch habe dich bisher noch nicht angelogen«, sagte Loki und klang plötzlich merkwürdig ernst.
»N a gut«, sagte ich. »W ie kann ich meine Freunde aus dem Kerker befreien?«
»D ass ich nicht lüge, heißt noch lange nicht, dass ich dir antworten werde.« Wieder lächelte Loki mich an.
»V on mir aus. Ich werde sie schon selbst finden.«
Ich war überzeugt davon, dass er mich nicht aufhalten würde, obwohl ich nicht wusste, warum. Selbst dass Loki mit mir gutmütig über meine Fluchtpläne scherzte, würde Oren ihm sicherlich sehr übel nehmen, wenn er es herausfand.
Ich
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