Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
deshalb war unsere Ehe zum Scheitern verurteilt. Ich wollte dich behalten. Sie hat dich weggegeben.«
Ich wusste, dass seine Argumentation einer perversen Logik folgte, der ich misstraute. Aber ich war erstaunlich gerührt, obwohl ich ihm nicht ganz glaubte. Zum ersten Mal hatte irgendein Elternteil– egal, ob leiblich oder nicht– mir gesagt, dass es mich gewollt hatte.
Aber ich würde mich nicht von meinen Gefühlen überwältigen lassen. »H abe ich… habe ich Geschwister?«
Oren und Sara tauschten einen Blick, den ich nicht deuten konnte. Danach senkte Sara den Kopf und schaute auf ihre im Schoß gefalteten Hände. Sie war in fast jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von Elora. Äußerlich sahen sie sich mit ihrem langen, schwarzen Haar und den schönen dunklen Augen auffallend ähnlich, aber da hörten die Parallelen auch schon auf. Sara sprach nur wenig, aber sie strahlte eine Wärme und Nachgiebigkeit aus, die Elora niemals zustande bringen würde.
»N ein. Ich habe keine anderen Kinder, und Sara ist kinderlos«, sagte Oren.
Bei seinen Worten schien Sara noch trauriger zu werden, also hatte sie offenbar nicht freiwillig auf die Mutterschaft verzichtet.
»D as tut mir leid«, sagte ich.
»S ara ist unfruchtbar«, verkündete Oren völlig unvermittelt, und Saras Wangen röteten sich.
»Ä h… wie furchtbar. Das ist sicherlich nicht ihre Schuld«, stammelte ich.
»N ein, das ist es nicht«, stimmte Oren mir zu. »E s liegt an dem Fluch.«
»W ie bitte?«, fragte ich. Hoffentlich hatte ich mich gerade verhört.
Mir reichte das übernatürliche Gedöns allmählich. Trolle und paranormale Fähigkeiten waren wirklich genug. Auf einen Fluch konnte ich getrost verzichten.
»D er Legende nach verfluchte eine verzweifelte Hexe die Vittra, nachdem sie ihr Kind gegen einen Changeling getauscht hatten.« Oren schüttelte den Kopf, als glaube er selbst nicht daran, was mich ein bisschen erleichterte. »I ch halte das für Schwachsinn. Es liegt an der Kraft, die uns auch unsere Fähigkeiten verleiht. An unserer Abstammung.«
»W as liegt daran?«, fragte ich.
»W ir sind alle Trolle. Die Vittra, die Tryll, du, ich und Sara. Wir sind alle Trolle.« Er machte eine Geste, die das ganze Königreich umfasste. »U nd dann gibt es noch die Trolle, die den Palast bewachen und aussehen wie Kobolde.«
»M einst du Ludlow?«
»G enau. Auch sie sind Vittra, genau wie du und ich«, erklärte Oren. »A ber diese Entgleisung der Natur scheint nur unsere Kolonie heimzusuchen.«
»I ch verstehe nicht. Woher kommen sie?«
»V on uns.« Er sagte es, als müsse ich verstehen, was er meinte, aber ich schüttelte nur den Kopf.
»U nfruchtbarkeit ist bei uns weit verbreitet, und mehr als die Hälfte der wenigen Kinder, die bei uns geboren werden, sind Kobolde.«
»D u meinst…« Ich rümpfte die Nase. »V ittra wie du und Sara bringen Trolle wie Ludlow zur Welt?«
»R ichtig.«
»D as ist ehrlich gesagt ziemlich gruselig«, sagte ich und Oren nickte, als stimme er mir da zu.
»D er Fluch ist eher das Ergebnis unserer langen Lebensdauer als der Zauberspruch einer verbitterten Hexe, aber das macht keinen Unterschied«, seufzte er und lächelte dann. »D ass du so hübsch bist, übertrifft noch unsere kühnsten Erwartungen.«
»D u kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr wir uns freuen, dass du bei uns bist«, stimmte Sara zu.
Als ich in ihr hoffnungsvolles Gesicht schaute, fiel endlich der Groschen bei mir und ich verstand, warum die Vittra mich so aggressiv und unerbittlich gejagt hatten. Sie hatten keine Wahl gehabt. Ich war ihre einzige Hoffnung.
»D u hast Elora nicht geheiratet, um eure Völker zu vereinen«, sagte ich und musterte Oren scharf. »D u hast es getan, weil du mit einem Mitglied deines eigenen Stammes keine Kinder bekommen konntest. Du brauchtest einen Erben.«
»D u bist meine Tochter.« Oren erhob die Stimme, und seine Worte donnerten durch den Raum. »E lora hat nicht mehr Anrecht auf dich als ich. Du wirst hierbleiben, weil du die Prinzessin bist. Es ist deine Pflicht.«
»O ren. Eure Majestät«, flehte Sara. »W endy hat heute eine Menge durchgemacht. Sie muss sich ausruhen und erholen. Ein vernünftiges Gespräch wird erst möglich sein, wenn sie vollständig geheilt ist.«
»U nd warum ist sie noch nicht vollständig geheilt?« Oren warf Sara einen eisigen Blick zu, und sie senkte den Kopf.
»I ch habe für sie alles getan, was ich konnte«, sagte sie leise. »U nd es ist nicht meine
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