Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
das Kunstwerk. »S ie wird besonders verehrt. Ich glaube, sie regierte während des ›Winterkrieges‹, der viel schlimmer gewesen sein muss, als der Name es vermuten lässt.«
»W ar es ein langer Winter?« Matt grinste und sie lachte. Es klang glücklich. Ich glaube, so hatte ich sie noch nie lachen hören.
»I ch weiß. Es ist ein bisschen albern.« Willa hatte ihre Haare zu einem simplen Pferdeschwanz zusammengefasst, was sie viel lässiger wirken ließ. Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »E hrlich gesagt ist das meiste hier ziemlich albern.«
»D as habe ich auch schon gemerkt.« Wieder lächelte Matt.
»H i«, sagte ich und ging zögernd auf die beiden zu.
»O h, hi!« Willas Lächeln wurde noch breiter und beide drehten sich zu mir um.
Wie üblich war Willa todschick und sah umwerfend aus. Ihr Top war tief ausgeschnitten und auf ihrem Brustbein ruhte ein Diamantanhänger. Sie trug eine Menge Schmuck– ein Bettelarmband, Fußkettchen, Ohrringe und Ringe– aber das war ganz typisch für die Tryll. Wir waren fasziniert von Schmuckstücken. Bei mir war es nicht so schlimm wie bei Willa, aber auch ich liebte Ringe über alles.
»W o warst du?«, fragte Matt, aber er klang weder ärgerlich noch besorgt. Nur neugierig.
»I ch habe mit Tove trainiert«, sagte ich achselzuckend, als sei das nichts Besonderes. Ich erwartete, dass Willa quietschen und mich nach ihm ausfragen würde, aber sie wirkte völlig ungerührt. »U nd was macht ihr so?«
»I ch wollte dich besuchen und habe stattdessen deinen Bruder gefunden, der durch die Gänge stromerte wie ein Welpe, der sich verlaufen hat.« Sie kicherte, und er schüttelte den Kopf und rieb sich den Nacken.
»I ch habe mich überhaupt nicht verlaufen.« Er grinste und wurde ein bisschen rot. »I ch habe mich nur gelangweilt.«
»G enau. Also habe ich beschlossen, ihn ein bisschen herumzuführen.« Willa deutete auf den Flur. »G erade war ich dabei, ihn über deine mächtigen Vorfahren aufzuklären.«
»I ch verstehe rein gar nichts von eurer Geschichte«, seufzte Matt müde.
»I ch auch nicht«, gestand ich und beide lachten.
»H ast du Hunger?«, fragte Matt und es freute mich, dass er sich wieder normal verhielt und sich Sorgen darüber machte, ob ich genug gegessen hatte. »I ch wollte gerade nach unten gehen und für mich, Rhys und das Mädchen mit dem seltsamen Namen Abendessen machen.«
»M einst du Rhiannon?«, fragte Willa.
»J a genau.«
»S ie ist sehr nett«, sagte Willa und mir klappte der Kiefer herunter.
Rhiannon war Willas Mänsklig, das Mädchen, mit dem Willa nach der Geburt vertauscht worden war. Rhiannon war sehr lieb und mit Rhys befreundet, aber ich hatte noch nie gehört, dass Willa ein gutes Wort über sie verlor.
»S ind sie und Rhys ein Paar oder so was?«, fragte Matt und sah Willa an.
»I ch weiß es nicht. Sie ist bis über beide Ohren in ihn verknallt, aber ich habe keine Ahnung, wie er zu ihr steht.« Willa schien sich über die Möglichkeit zu freuen, dass Rhys und Rhiannon zusammenfinden könnten. Normalerweise klang sie nur gelangweilt, wenn sie über Rhys oder Mänks im Allgemeinen sprach.
»W as meinst du?«, fragte Matt mich. »W illst du mit uns zu Abend essen?«
»N ein danke«, lehnte ich ab. »I ch bin kaputt. Ich will nur noch duschen und dann ins Bett gehen.«
»S icher?«, beharrte Matt und ich nickte. »U nd du, Willa? Hast du schon Pläne fürs Abendessen?«
»H m, nein.« Sie lächelte ihn an. »I ch würde gerne mitessen.«
»K lasse«, sagte Matt.
Ich verabschiedete mich eiligst von den beiden, denn ihr Gespräch war im Moment zu schräg für mich. Willa war viel zu nett zu Matt und sogar bereit, Essen zu sich zu nehmen, das ein Mänks gekocht hatte.
Und Matt verhielt sich auch irgendwie… untypisch. Ich begriff nicht, was genau da vor sich ging, aber ich war froh, als ich endlich allein war.
11
Training
N ach dem nächsten langen Trainingstag war meine Laune nur noch schlechter geworden. Ich lernte allmählich, meine Fähigkeiten zu kontrollieren, was gut war. Aber es fiel mir immer schwerer, nicht an Finn zu denken. Ich hatte gehofft, mit der Zeit würde es leichter werden, ihn zu vergessen, aber das stimmte nicht. Der dumpfe Schmerz in meinem Inneren wurde nur noch heftiger.
Wir verbrachten den Vormittag im Thronsaal, in dem ich bisher noch nicht gewesen war. Es war eine Art Atrium, überspannt von einer hohen Glaskuppel. Der Raum war rund, die Wände waren gebogen und hinter
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