Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
aus meiner Konzentration. »D u gehst das ganz falsch an.«
»W ie soll ich es denn richtig angehen?«
»D er Stuhl ist keine Person, der du sagen kannst, was sie tun soll. Du musst ihn selbst bewegen«, erklärte Tove, als sei es ganz einfach.
»U nd wie?«, fragte ich wieder. Er schwieg. »E s wäre einfacher, wenn du es mir sagst.«
»I ch kann es dir nicht sagen. So funktioniert das nicht.«
Ich murmelte halblaut ein paar rüde Bemerkungen, drehte mich wieder zu dem Stuhl um und konzentrierte mich.
Ich konnte dem Stuhl nicht befehlen, sich zu bewegen. Ich musste ihn selbst bewegen. Mit zusammengekniffenen Augen skandierte ich stumm: Beweg den Stuhl, beweg den Stuhl.
»J etzt schau, was du angerichtet hast«, sagte Tove.
Ich war der Meinung, dass gar nichts passiert war, bis ich sah, dass Duncan auf den Stuhl zuging.
»W as machst du da, Duncan?«, fragte ich.
»I ch… äh… will den Stuhl wegräumen.« Er wirkte verwirrt, aber entschlossen, hob den Stuhl hoch und schaute mich erwartungsvoll an. »I ch weiß aber nicht, wohin.«
»S tell ihn irgendwo ab«, sagte ich abwesend und wandte mich an Tove. »H abe ich das gemacht?«
»N atürlich. Ich habe dich laut und deutlich den Befehl wiederholen hören, und wenn du deine Kräfte besser steuern könntest, hätte ich den Stuhl weggeräumt.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und warf mir einen beinahe missbilligenden Blick zu.
»I ch wollte das nicht. Ich habe ihn nicht mal angeschaut.«
»D as macht es nur noch schlimmer«, tadelte Tove.
»I ch verstehe das nicht«, warf Duncan ein. Er hatte den Stuhl abgestellt, und da er damit seine Aufgabe erfüllt hatte, kam er zu uns.
»D u musst lernen, deine Energie zu kontrollieren, bevor jemand verletzt wird.« Tove schaute mich sehr ernst an und seine moosgrünen Augen hielten meinem Blick eine volle Minute lang stand, bis er sich abwandte. Er gestikulierte in Richtung seines Kopfes. So hatte auch Loki mir erklärt, dass er von meiner Überzeugungskraft wusste. »B ei dir spielt sich so viel auf einmal ab, dass dabei nur…«
»R auschen herauskommt?«, schlug ich vor.
»G enau!« Tove schnippte mit den Fingern und zeigte dann auf mich. »D u musst deine Frequenzen aufeinander abstimmen und sie bündeln wie ein Radio.«
»D as würde ich sehr gerne tun. Sag mir nur bitte wie.«
»E s ist schwieriger, als einen Sender zu suchen, und leider hast du auch keinen An- oder Abschaltknopf.« Er wanderte träge um mich herum. »D u musst es trainieren, wie aufs Töpfchen gehen. Du musst lernen, wann du es zurückhalten solltest und wann du es rauslassen kannst.«
»E in entzückender Vergleich«, sagte ich.
»D u kannst den Stuhl auf jeden Fall bewegen.« Tove blieb abrupt stehen. »A ber das kann warten. Zuerst musst du lernen, deine Überzeugungskraft in Schach zu halten.« Er schaute Duncan an. »D uncan, macht es dir etwas aus, als Versuchskaninchen einzuspringen?«
»Ä h… nein?«
»B efiehl ihm etwas. Irgendetwas.« Tove betrachtete Duncan und legte den Kopf schief. Dann schaute er mich an. »A ber sorg dafür, dass ich es nicht hören kann.«
»U nd wie? Ich weiß doch gar nicht, warum du mich hörst«, jammerte ich.
»K onzentrier dich. Du musst deine Energie bündeln, das ist ungeheuer wichtig.«
»A ber wie?«, wiederholte ich.
Tove gab mir ständig Befehle ohne jeden Hinweis darauf, wie ich sie befolgen konnte. Er hätte mir genauso gut befehlen können, eine verdammte Rakete zu bauen. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.
»W enn Finn in der Nähe war, fiel es dir leicht, dich zu konzentrieren«, sagte Tove. »D u warst irgendwie geerdet.«
»E r ist aber nicht hier!«, zischte ich.
»D as ist egal. Er hat nichts gemacht«, fuhr Tove ungerührt fort. »D u bist diejenige mit der Macht. Du hast dich in seine r G egenwart selbst geerdet, also weißt du auch, wie es geht.«
Ich wollte nicht an Finn oder an mein Verhalten in seiner Gegenwart denken. Auf dieses Training hatte ich mich hauptsächlich deshalb gefreut, weil es mich von ihm ablenken würde. Und jetzt sagte mir Tove, Finn sei der Schlüssel zum Erfolg. Na toll.
Statt Tove anzuschreien, ging ich ein paar Schritte. Ich fand es grässlich, dass er alles zu wissen schien, aber nichts davon in Worte fassen konnte. Ich dehnte meine Arme und meinen Nacken und versuchte, mich zu entspannen. Duncan wollte etwas sagen, aber Tove gebot ihm zu schweigen.
Finn. Was war anders, wenn ich bei Finn war? Er machte mich verrückt.
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