Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
erzählt. Der Notstand war ausgerufen worden. Ich hörte überall Leute hektisch umherlaufen, aber ich achtete nicht darauf. Meine Mutter lag vielleicht im Sterben.
Duncan schlug vor, wir sollten in meinem Zimmer warten, aber ich wollte mich nicht so weit von Eloras Salon entfernen, nur für den Fall, dass ich gebraucht wurde. Wir setzten uns ins Wohnzimmer. Duncan versuchte vergeblich, mich zu trösten.
Ein paar Minuten später kam Finn mit Aurora zurück, und beide eilten durch den Flur. Auroras Kleid blähte sich hinter ihr und ihr Haar hatte sich gelöst und wehte im Wind.
Kurz danach trafen Garrett und Willa ein. Garrett ging sofort zu Elora, und Willa setzte sich zu mir. Sie legte mir den Arm um die Schultern und sagte mir wieder und wieder, wie stark und unverwüstlich Elora sei.
»A ber… und wenn sie trotzdem stirbt?«, fragte ich und starrte auf den kalten Kamin vor mir.
Im Wohnzimmer war es schrecklich kalt, weil eisiger Wind gegen die Fenster peitschte. Duncan kniete vor dem Kamin und versuchte schon seit ein paar Minuten, ein Feuer in Gang zu bringen.
»S ie wird nicht sterben.« Willa drückte mich an sich.
»I ch bin nur realistisch, Willa«, sagte ich. »W as passiert, wenn die Königin stirbt?«
»S ie wird nicht sterben.« Willa zwang sich zu einem Lächeln. »M ach dir darüber jetzt mal keine Sorgen.«
»I ch hab’s gleich geschafft, das Feuer anzufachen«, log Duncan in dem Versuch, das Thema zu wechseln.
»D er Kamin funktioniert mit Gas, Duncan«, sagte Willa. »D u musst nur an dem Knopf dort drehen.«
»O h.« Duncan folgte ihrer Anweisung und eine helle Flamme loderte auf.
Ich starrte auf Eloras Blut, das an meiner Bluse klebte, und merkte erst jetzt, wie viel Angst ich um sie hatte. Sie durfte nicht sterben.
Elora wirkte immer so stark und gelassen. Heute mussten ihre Schmerzen schrecklich gewesen sein. Wir hatten uns im Salon und nicht wie geplant in ihrem Arbeitszimmer getroffen. Jetzt wurde mir klar, dass sie für den Weg dorthin keine Kraft gehabt hatte. Sie hätte auf keinen Fall aufstehen oder sich anstrengen dürfen und mit mir streiten schon gar nicht. Ich hatte ihren ohnehin schon schlechten Zustand noch verschlimmert.
Warum hatte sie mir denn nicht gesagt, wie schlecht sie sich fühlte? Aber ich wusste die Antwort bereits. Ihr Pflichtgefühl ging ihr über alles.
»P rinzessin«, sagte Finn und unterbrach meine Grübelei. Er stand mit sehr ernstem Gesicht im Türrahmen des Wohnzimmers.
»I st sie okay?« Als ich ihn sah, löste ich mich von Willa und sprang auf.
»S ie möchte dich sehen.« Finn deutete in Richtung des Salons, wich meinem Blick aber aus.
»S ie ist wach? Und sie lebt? Ist sie wieder gesund? Weiß sie, was passiert ist? Hat Aurora sie geheilt?«, fragte ich ohne Punkt und Komma. Finn hatte keine Chance, mir zu antworten, aber ich konnte mich nicht zügeln.
»S ie würde dir lieber selbst alles erklären«, sagte Finn schließlich.
»D as klingt nach ihr.« Sie war wach und wollte mich sehen. Das musste ein gutes Zeichen sein.
Willa und Duncan lächelten mir aufmunternd zu.
Finn und ich gingen den Flur entlang zum Salon. Finn ging gemessenen Schrittes voraus. Ich wäre am liebsten zu Elora gerannt, aber ich zwang mich, ihn nicht zu überholen. Nervös schlang ich die Arme um mich und rieb mir die Schultern.
»I st sie wütend auf mich?«, fragte ich.
»D ie Königin?« Finn wirkte überrascht. »N ein. Natürlich nicht. Warum sollte sie wütend auf dich sein?«
»I ch habe mit ihr gestritten, als sie… Wenn ich sie nicht provoziert hätte, wäre sie vielleicht nicht so… krank geworden.«
»N ein, du hast damit nichts zu tun. Im Gegenteil, sie hatte Glück, dass du bei ihr warst. Du hast sofort Hilfe geholt.«
»W ie meinst du das?«
»D u hast telepathisch um Hilfe gerufen.« Er tippte sich an die Stirn. »W ir waren zu weit weg, um einen normalen Hilferuf zu hören. Elora wäre jetzt in viel schlechterem Zustand, wenn du nicht bei ihr gewesen wärst.«
»W as hat sie denn nur?«, fragte ich ihn direkt. »W eißt du es?«
»D as muss sie dir selbst sagen.«
Ich überlegte kurz, ob ich weiterbohren sollte, aber wir waren schon fast da. Außerdem wäre es falsch gewesen, jetzt mit ihm zu streiten.
Finns Verhalten hatte sich völlig verändert, er wirkte weicher, ein bisschen traurig und war nicht mehr so abweisend zu mir. Ich war zwar nicht in der Stimmung, das auszunutzen, aber ich genoss das vertraute Gefühl seiner Gesellschaft
Weitere Kostenlose Bücher