Hoehenfieber
ich ihn nicht, weil ich gespürt habe, dass er dich mir wegnehmen wird. Dann erkannte ich, dass du ihn ebenso magst und es nur meine Eifersucht war, die mir Scheuklappen aufgesetzt hat. Ich glaube, er ist ein feiner Kerl.“
Quinn streichelte ihr über den Arm. Vanita bedeutete ihr mindestens so viel wie eine Schwester. Jedenfalls so, wie Quinn sich das Gefühl für eine Schwester vorstellte. So, wie sie früher für Fadi empfunden hatte, als er noch ein kleiner Junge war. Zu ihren zahlreichen Halbgeschwistern hatte sie nie eine Bindung aufbauen können. Wie auch? Von frühester Kindheit an waren sie Fadi und ihr mit Abneigung, sogar mit kaum verhohlenem Hass begegnet. Sie hatten von ihren Müttern nichts anderes gelernt als abfällige Kommentare. Neid darauf, dass sie als uneheliche Kinder und damit per T e stament und zusätzlich durch eine Verzichtserklärung der Mütter von der Erbfolge ausgeschlossen waren. In Amerika hätte so eine Vereinbarung vor Gericht keinen Bestand, in den Arabischen Emiraten würde es nicht einmal zu einer Verhandlung kommen. Ehe das passierte, würden die Kläger vom Erdboden verschwinden. Niemand würde sich wagen, ein Wort des Vorwurfs gegen den Sheikh zu erheben, nicht einmal die Frauen, die nach Jahren mit Taschen voller Geld den Palazzo verließen.
„Ich fühle mich so … hin- und hergerissen.“ Verbissen hatte Quinn versucht, sich abzulenken, um nicht über ihre Gefühle für Virgin nachzudenken, aber es war nach wie vor aussichtslos. Ob sie es für zehn Sekunden oder für einige Minuten oder Stunden verdrängte, irgendwann würde sie es nicht mehr verhindern können. „Er verbirgt etwas Gravierendes vor mir.“
„Das tun sie alle drei.“
„Hast du eine Ahnung, was?“
„Nein, nur Vermutungen.“
„Lass hören.“
„Sie haben behauptet, sie wären vom FBI. Ich glaube aber nicht daran.“
„Nur weil die Agents im Film immer mit schwarzen Anzügen und Sonnenbrille rumrennen oder wieso?“
Vanita lachte leise. „Nahe dran. Alle drei sind außergewöhnlich groß und muskulös, durchtrainiert bis zum letzten Muskel.“
„Du meinst also, echte Agents haben Hüftringe und laufen auch in ihrer Freizeit im Anzug rum. Vielleicht gehören die drei zu einer Spezialeinheit.“
„Der Sondereinheit Prachtexemplar Mann ?“
„Haben das nicht alle Eliteeinheiten an sich?“
„Mag sein. Nur tragen die dann eine echte Hundemarke oder zumindest einen echten Ausweis.“ Van streckte den Arm und nestelte an ihrer Hosentasche. „Jedenfalls keine gefakten Papiere von FBI, CIA und Navy SEALs. Hier“, sie reichte Quinn ein schmales Bündel, das sie aus der Tasche gezogen hatte, „das hab ich im Flugzeug gefunden. Vor der Bruchlandung.“
Quinn drehte sich zu der Kerze und betrachtete die drei Ausweise. Alle trugen Nashs Foto und seinen Namen. „Dann verbirgt er noch mehr vor mir, als ich dachte“, murmelte sie.
„Kein Mensch arbeitet gleichzeitig bei der Spionage- und Terrorabwehr, beim zivilen Auslandsnachrichtendienst und beim Militär.“
„Er hat im Flugzeug eine unbedachte Äußerung von sich gegeben“, meinte Quinn und gab Van die Ausweise zurück. „Versteck sie besser wieder.“
„Was hat er gesagt?“
„Ich krieg’s nicht mehr genau zusammen. Irgendwas von Probanden und DNA-Manipulation.“
„Womit die spannende Frage geklärt wäre, was es mit dem Gefangenen auf sich hat. Klingt nach Science-Fiction oder nach Aliens, Körperteile unsichtbar machen zu können.“
„Du hast es also auch gesehen?“
„Schon im Flugzeug. Bis vorhin, als Virgin das mit dem Fieber und der Biochemie erklärt hat, dachte ich, ich spinne.“
Quinn nickte. Das war auch bei ihr der Zeitpunkt, ab dem sie sich definitiv nicht mehr vor der Wahrheit verschließen konnte.
„Glaubst du, die haben alle irgendwelche verborgenen Fähigkeiten?“
„Vermutlich.“ Bestimmt war das der Grund, warum ihr in Virges Gegenwart so häufig fröstelte. „Macht dir das Angst?“
„Nein. Die Entführung viel mehr.“
„Ich frage mich, wer dahinter steckt. Denkst du, Hiob könnte es sein?“
„Das hab ich mich auch schon gefragt, aber offen gestanden glaube ich das nicht. Er mag geldgeil sein, aber ich hatte nicht den Eindruck, als wäre er so gewissenlos, über Leichen zu gehen.“
Quinn war sich da nicht so sicher. Übelkeit und Galle stiegen ihr in die Kehle. Sie fand es furchtbar, was Geld alles bewirken konnte. Wie es Menschen beeinflusste und veränderte. Sie glaubte eher,
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