Hoehenfieber
aber der Einspruch erzielte keinen Erfolg. Sie wollte im Moment nicht in seiner Nähe sein. Wenn sich das schon nicht verhindern ließ, dann wollte sie zumindest nicht mit ihm sprechen und ihn auch nicht ansehen. Schon gar nicht berühren.
Sie zog sich mit Vanita in die linke Raumecke zurück und stützte sich an der Wand ab, um sich vorsichtig hinzusetzen. Aufregung, Zorn und der ständig präsente Schmerz im Unterleib ließen sie zittern. Allmählich meldete sich auch schon wieder Hunger. Das Obst am Mittag sättigte nicht mehr , und obwohl Quinn das Gefühl reichlich unpassend fand, folgte doch der Körper anderen Regeln als ihr Geist.
Sie wollte wieder aufstehen, um hinauszugehen, doch sie mühte sich vergeblich und kam sich vor wie eine Schildkröte, die hilflos auf ihrem Panzer lag.
„Kann ich dir helfen?“
„Hilf mir auf“, bat Quinn. Sie ergriff Vanitas Hand und presste ihre Linke vor den Unterleib. Die Schmerzen, die jetzt viel deutlicher hervortraten als noch vor wenigen Minuten, wollten sie zurück in die Knie zwingen. Mit wackligen Beinen stand sie endlich und sackte mit dem Rücken an die Wand. Ihr Blick streifte Virgins besorgte Miene. Er verharrte wenige Schritte von ihr entfernt und wirkte wie ein Raubtier auf dem Sprung, doch er hielt sich zurück. Hätte sie seine Hände im Moment auf sich gespürt, wäre sie in einen Schreikrampf ausgebrochen.
Der Bauer zeigte ein breites Grinsen und ein erstaunlich gepflegtes Gebiss. Mit beiden Händen hatte er nach Vanitas Fingern gegriffen und umschloss sie. „Señorita, Señorita“, stieß er hervor. Seine Augen sprühten vor Begeisterung, strichen immer wieder über Vanitas goldblondes Haar, das ihr in langen Strähnen hinab bis an die Hüften fiel.
Nach einem etwas zu langen Moment wandte er sich Quinn zu. „¡Calla, calla!“, murmelte er in beruhigendem Tonfall.
Erst jetzt bemerkte Quinn die Tränen, die ihr über die Wangen rollten.
„¡Con calma, con calma! Schschsch … “ Federleichte Hände legten sich auf ihre Arme.
Durch den Tränenschleier erkannte Quinn das Gesicht einer uralten Frau mit unzähligen Falten. Ihr dünnes graues Haar schwebte wie feine Silberfäden um ihr schmales Gesicht.
„Hira!“ Quinn weinte noch mehr. Ihre Schultern zuckten haltlos.
„¡No, no, no! Todo saldrá bien.” Die alte Frau schob Quinn voran.
Ihre Füße folgten der sanften, aber unnachgiebigen Aufforderung wie von allein. Ebenso willenlos ließ sich Quinn auf das schmale Bett im Schlafraum lenken. Das Gesicht der alten Frau und Vanitas Kopf tauchten über ihr auf, wechselten sich ab. Aus dem Nebenraum drangen die Stimmen der Männer nur noch gedämpft herüber.
Quinn spürte, wie ihr die Jeans von den Hüften geschält wurde. Auch Slip und Büstenhalter zog Vanita ihr aus. Dass sie nackt vor den Augen der beiden Frauen lag, trieb ihr Hitze bis in die Haarspitzen, aber sie brachte keine Kraft auf, um sich aufzulehnen.
Feuchte Kühle strich über ihre Haut, benetzte ihre Stirn und ihre Lippen. Jemand half ihr, sich halb aufzurichten.
„Trink“, sagte Vanita.
Quinn griff nach der Tasse. Gierig wollte sie das Wasser hinunterkippen, doch Van hielt sie zurück. „Langsam. Nur kleine Schlucke.“
Allmählich beruhigte sich Quinn. Sie sackte in das Kissen zurück und hielt die brennenden Augen geschlossen. In ihrem Kopf herrschte eine gähnende Leere und sie wollte, dass es noch eine Weile so blieb.
Vanita legte ihr ein kühles Tuch auf den Unterleib. Es tat gut, erst recht, als sie einen weiteren kühlen Umschlag um ihren Knöchel legte.
„Besser, Süße?“
Sie rang sich ein Nicken ab.
„Ich hole dir etwas zu essen.“ Vanita kam in Windeseile mit einer Handvoll Apfelstücken zurück.
Die ersten Bissen rutschten wie Steine ihren Hals hinab, doch dann überwog der Hunger das schlechte Gewissen.
„Was besprechen die Männer?“
„Sie planen die Marschroute. In anderthalb Stunden, kurz vor sieben, wird es dunkel. Die Dämmerung dauert nicht sehr lange und eine Stunde später wollen sie aufbrechen.“
Quinn schwieg. Sie wollte auf keinen Fall verweichlicht wirken, doch ihr Knöchel war noch immer geschwollen und ihr Unterleib revoltierte bei dem Gedanken an einen meilenweiten Marsch. Und das in der Nacht, ohne Licht, in einem unbekannten Gelände und stets auf der Hut vor Entdeckung. Der Verletzte würde in seinem Zustand die Strapaze erst recht nicht durchstehen. Und die Kräfte der Männer wären wohl auch bald aufgezehrt, wenn sie
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