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Hoehenfieber

Hoehenfieber

Titel: Hoehenfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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schwierig herausstellte, denn die Wolle klebte an der Haut des Mannes.
    Quinn zog sich Virgins T-Shirt über den Kopf und reichte es ihm. „Reiß es in Streifen.“ Sie wandte sich an Vanita. „Nimm das heiße Wasser vom Herd und wasch die Streifen darin aus.“
    Vanita sprang auf und lief zum Herd. „Es ist zu heiß.“
    „Ich hole etwas Regenwasser aus der Tonne“, sagte Virge.
    Als er die Hütte wieder betrat, nahm er sich das Küchenmesser und begann, das T-Shirt in Streifen zu teilen. Vanita tauchte sie in das Wasser und wrang sie aus.
    „Schnell, gib mir einen.“ Quinn streckte den Arm aus.
    Mit dem feuchten Stoff benetzte sie die Wolldecke und löste sie Stück für Stück. Erstaunt stellte sie fest, dass Haut an den Stellen zum Vorschein kam, wo sie die Decke beiseite zog. Nichts Unsichtbares. Noch verblüffender fand sie, dass die gereinigten Körperpartien keinerlei Verletzungen aufwiesen.
    Die Scham, die sich in ihr ausbreiten wollte, als sie das Geschlecht des Mannes entblößte, vertrieb sie, indem sie den Blick auf seine Oberschenkel fixierte.
    Bis zu den Knien hatte sie sich bereits vorgearbeitet, und kein Fleckchen blieb unsichtbar. Sie begann, an ihrem Verstand zu zweifeln.
    Der Gefangene glühte. Viel heißer, als Quinn jemals Fieber gespürt hatte.
    Sie zog das letzte Stück Decke von den Füßen und schnappte nach Luft. Am rechten Fuß fehlten die Zehen, der linke war einfach nicht da.
    Vanita schnappte nach Luft. „Das gibt’s doch nicht“, wisperte sie und in ihrer Stimme lag die gleiche Fassungslosigkeit, wie Quinn sie verspürte – wahrscheinlich nur aus anderem Grund. Vanita hatte den Mann im Flugzeug nicht gesehen, oder?
    Quinn nahm sich nicht die Zeit, länger darüber nachzudenken. Stattdessen widmete sie sich der Wunde am Brustkorb.
    Noch vorsichtiger, als sie die Decke entfernt hatte, tupfte sie die Verkrustungen mit einem frischen Stofffetzen ab, bis sich Schmutz und Blut lösten. Darunter blitzte unversehrte Haut hervor.
    „Keine Wundränder“, sagte Virgin. „Soll ich übernehmen?“
    „Nein.“ Quinn arbeitete sich weiter vor. Sobald sie an gerötete oder verletzte Haut stoßen würde, würde sie sofort innehalten. Doch nichts als glatte Haut zeigte sich, bis der Brustkorb sauber war.
    „Das gibt es doch nicht“, murmelte Virge.
    Vielleicht war der Mann gar nicht verletzt worden und das Blut auf seinem Hemd stammte von der Frau aus der Sitzreihe, deren Verankerung … so wie das Blut auf Quinns Gesicht …
    Sie schloss die Augen. Bilder wirbelten wie im Sturm tosende Blätter hinter ihrer Stirn. Fragen, auf die sie keine Antworten fand. Sie atmete tief durch, arbeitete mechanisch weiter. „Wir müssen seine Temperatur kühlen. Kann einer von euch kaltes Wasser holen?“
    „Besser nicht“, sagte Virgin. „Sein Fieber ist ungewöhnlich hoch. Ich tippe auf weit mehr als 42 Grad – normalerweise überlebt das kein Mensch. Bei 42 Grad bricht der Kreislauf zusammen, bei 42,6 verändern sich die Biomoleküle und das führt zum Tod.“
    „Denaturierung“, warf Vanita ein. „Proteine gerinnen. Wie bei einem Spiegelei, sobald sich das Eiweiß verfestigt.“
    Quinn wurde schlecht. Sie presste die Hände auf ihren Magen. Musste Van immer alles so verstandesmäßig sehen? Auch wenn sie im Unterricht aufgepasst haben mochte – oder woher auch immer ihr Wissen stammte –, derart nüchtern und anschaulich wollte Quinn es nicht erklärt bekommen. Hier ging es um ein Menschenleben.
    „Ihr habt es ja ohnehin erfasst.“ Virge tastete an der Halsschlagader des Mannes nach dessen Puls. „Der Typ ist anders. Seine Biochemie unterscheidet sich von einem normalen Menschen. Ich denke, er braucht diese Hitze, um seine Körperzellen zu erneuern.“
    „Ich werde euch in Kürze alles erzählen, was ich weiß. Gebt mir noch etwas Zeit, okay?“ Virgin legte die Decke locker über den Gefangenen.
    Vanita protestierte, aber Quinn wollte im Moment überhaupt nicht mehr erfahren. Sie musste erst mal bis hierhin alles verdauen. Langsam erhob sie sich.
    Sofort bot Virgin seine Hilfe an, doch sie griff stattdessen nach Vanitas ausgestreckter Hand. Sie traute ihm nicht mehr. Ihr Gefühl hatte ihr eine deutliche Warnung vermittelt. Gleich zu Beginn, als ihr der Gedanke durch denn Kopf ging, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Seine Flüsterstimme, ohne die Lippen zu bewegen. Seine Gedanken, die sie zu lesen geglaubt hatte. Der letzte noch arbeitende Teil ihrer Vernunft protestierte leise,

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