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Hoehenfieber

Hoehenfieber

Titel: Hoehenfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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auch Psychologie, aber viel mehr als an den erlernten Verhaltensweisen lag es an ihrer Achtung vor jedem Menschen, die sie geduldig zuhören ließ. Kein Grinsen schob sich in ihr Gesicht, nicht einmal ein Zucken. Es gehörte sich nicht, Stotterer oder andere Menschen mit Einschränkungen aufgrund ihrer Behinderung zu belächeln, anzugaffen oder auszugrenzen, obwohl dieses Stottern im Grunde niedlich klang und sie allein aus diesem Grund den Sprecher in natura gern angelächelt hätte.
    „Was kann ich für dich tun?“ An der Uni hatten bestimmte Arbeitsgruppen Listen erstellt, unter anderem von Kommilitonen, die bereit waren, demoskopische Untersuchungen verschiedenster Art und Erhebungen zu bestimmten Studienzwecken zu unterstützen. Sie bekam öfter Anrufe dieser Art. Aufmerksam hörte sie dem Stotterer zu und versuchte, die Unregelmäßigkeiten seiner Aussprache zu ignorieren.
    „Es ist eine sehr persönliche Umfrage mit zwei, drei intimen Fragen. Wärst du dennoch bereit, mir Auskunft zu geben? Natürlich bleibt die Auswertung anonym.“
    Er hatte eine Weile gebraucht, diese Sätze zusammenzubekommen, aber ihre Geduld vertrug einiges. Allerdings hatte sie keine Lust, eine Diskussion darüber mit ihm zu beginnen, dass die Umfrage letztlich nicht wirklich als anonym bezeichnet werden konnte, auch wenn die Liste keine Namen enthielt, sondern nur die Angabe von Geschlecht und Alter. Dennoch besaß keiner der Studenten eine zusätzliche Nummer für diesen Zweck, und wenn sich der Angerufene mit Namen meldete, war es vorbei mit der Anonymität. So viel dazu, aber die meisten meldeten sich sowieso nur mit „Hallo“.
    „Nun, wenn es nicht zu persönlich wird … schieß mal los“, ermunterte sie ihn.
    „Es geht um eine Umfrage zum Thema Hygieneverhalten.“
    „Okay.“
    „Wie oft duschst oder badest du?“
    Jetzt musste sie doch lächeln. „Täglich. Manchmal auch mehrfach. Morgens und nach dem Sport.“
    „Duschen oder baden?“
    „Duschen. Ich habe keine Badewanne.“
    „Wäschst du jedes Mal dein Haar? Manche Menschen benutzen Duschhauben.“
    „Ich nicht. Ich wasche es immer.“
    „Wie sieht es mit der Zahnpflege aus? Wie oft putzt du deine Zähne?“
    „Morgens, abends und nach jedem Essen.“
    „Auch wenn du unterwegs bist?“
    „Ich hab eine Reisezahnbürste dabei.“
    „Benutzt du immer die gleichen Pflegeprodukte?“
    „Nein, ich wechsele hin und wieder.“
    „Kannst du mir die Marken nennen?“
    Puh, das konnte sie eigentlich nicht. Sie kaufte, was ihr ins Auge sprang. Nur bei wenigen Artikeln griff sie stets auf die gleiche Marke zurück. „Dazu müsste ich ins Bad gehen. Beim Shampoo benutze ich immer das Gleiche.“ Sie nannte es ihm.
    Sein Stottern verschlimmerte sich bei der nächsten Frage. „Benutzt du ein bestimmtes Produkt zur Intimpflege?“
    „Nein.“
    „Duschst du gleich nach dem Sex?“
    Sie lachte. Diese Frage konnte sie unmöglich beantworten. Der Gedanke, Sex zu haben, brachte zum einen die Vorstellung mit sich, danach in die starken Arme ihres Partners gekuschelt einzuschlafen, zum anderen, bei einer gemeinsamen Dusche zärtlich den Schweiß von der Haut des anderen zu streicheln.
    „Entschuldige“, stotterte ihr Gesprächspartner. „Diese Frage war mir unangenehm.“
    „Hast du noch weitere?“
    „Nur, ob du einen Unterschied benennen kannst zwischen Billigartikeln und Markenprodukten zur Körperhygiene.“
    „Nein, kann ich nicht.“
    „Lebst du in einer WG oder so?“
    Bestimmt gehörte diese Frage nicht mehr zu seiner Umfrage. Jetzt war er nur noch neugierig. Aber sie auch.
    „So ähnlich. Wieso?“
    „Na ja, ich brauche noch ein paar Interviewpartner. Könntest du mal nachfragen, ob jemand bereit ist, mich zu unterstützen?“
    Da musste sie ihn enttäuschen. Vanita war erstens nicht da und zweitens hätte sie diese Fragen niemals beantwortet, dazu lastete die Erziehung noch immer viel zu schwer auf ihr.
    „Sorry, dabei kann ich dir leider nicht helfen. Es ist niemand da.“
    „Na dann … v-v-viiielen Dank für deine Hilfe.“
    „Keine Ursache. Bye bye.“
     
    *
     
    Er war tot!
     
    *
     
    Quinn widmete sich erneut ihrer schriftlichen Arbeit.
    Für dieses Wochenende hatte sie ein volles Programm und sie wollte alles erledigt wissen, was es vor Montag zu tun galt. Selten schob sie Aufgaben vor sich her, nicht einmal unangenehme. Davon gab es zwar nicht häufig welche, aber je schneller sie diese im Falle eines Falles hinter sich brachte, desto

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