Hoehenfieber
Lebemann, hatte rücksichtslos und ausschließlich seine eigenen Interessen verfolgt, doch in Anbetracht seiner jämmerlichen Verwandlung wünschte sie nicht einmal ihm diese Erniedrigung.
Sie beugte sich vor und reichte ihm die Hand. „Steh auf, Vater. Lass uns Platz nehmen.“ Ihr wollte keine Silbe der Vergebung über die Lippen kommen, obgleich sie den mitleiderregenden Anblick kaum länger ertrug.
Fadi half ihm auf und begleitete ihn zu dem Sessel am Kopfende des langen Tisches. Quinn und Sadia nahmen zu seiner Rechten Platz, Fadi und Alessa ihnen gegenüber.
Der Sheikh nickte Fadi zu.
„Vater strengt das Sprechen sehr an, deshalb haben wir vereinbart, dass ich das Gespräch einleite und Fragen beantworte, deren Antworten ich ebenso gut darlegen kann.“
„Es tut mir sehr leid, dass du so krank bist“, sagte Quinn, weil sie das Gefühl hatte, etwas Tröstliches sagen zu müssen, dabei würden diese Worte selbst ohne einen Funken Zweifel gesprochen den schleichenden Tod nicht aufhalten und wohl kaum eine Aufmunterung darstellen.
Der Sheikh nickte verhalten. „Es ist meine verdiente Strafe. Aber bitte lasst uns das Thema beiseitelegen. Es gibt Wichtigeres zu besprechen.“ Wieder gab er Fadi ein Zeichen.
„Wie ihr wisst, habe ich den ganzen Vormittag im Gespräch mit Vater verbracht.“ Sein Blick vertiefte sich in Quinns. „Du hast Schlimmes hinter dir und wir alle sind froh, dass du bei uns bist. Leider ist die Gefahr nicht vorüber.“
Augenblicklich legten sich Furcht und Beklemmung wie eine tonnenschwere Last auf Quinns Schultern. Ihr war klar, dass es noch einige offene Fragen gab, doch warum sollte sie nicht in Sicherheit sein?
„Es geht um die Erpressung und Entführung. Der Schuldige hat sein Ziel nicht erreicht und wir fürchten, er wird einen weiteren Übergriff planen.“
„Das heißt, ihr wisst, wer dahintersteckt?“
„Vermutlich.“
„Wer?“ Quinn maß ihren Bruder mit einem auffordernden Blick.
„Lass uns das Ganze der Reihe nach durchgehen, wir möchten, dass ihr zu demselben Schluss kommt. Die Geschichte beginnt bereits bei Saids Unfall.“
„Wieso?“, meldete sich Sadia zu Wort.
„Es steht zu befürchten, dass das Verschwinden von Saids Handy kein Versehen gewesen ist.“
„Aber ein Sandsturm konnte doch nicht vorhergesehen werden. Was sollte das dann für einen Sinn haben?“ Darauf konnte sich Quinn keinen Reim machen.
„Die Hoffnung darauf? Immerhin passiert das zu der Jahreszeit nicht selten. Möglicherweise kam der Sandsturm auch zufällig einem anderen Plan entgegen. Ohne Handy ist man in der Wüste aufgeschmissen, wenn man sich von der Gruppe entfernt. Jedenfalls sind wir überzeugt, dass es sich um einen Mordplan gehandelt hat.“
„Mit welchem Ziel?“, fragte Quinn.
„Saids Erbe anzutreten.“
„Und wer sind die Nutznießer?“
„Sadia als Zwillingsschwester und Ziad als nächstjüngerer Bruder waren testamentarisch als Haupterben eingesetzt, alle anderen Geschwister und die Mutter erhielten einen Pflichtteil.“
„Wie hoch war das Erbe?“
„Rund 100 Millionen Dollar für die Haupterben, dazu Saids Firmenanteile in weit höheren Werten.“
„Das schränkt den Kreis der Verdächtigen auf Mama und Onkel Ziad ein.“
„Richtig, Quinn. Nur dass wir Mutter selbstverständlich ausschließen.“
„Aber wieso sollte Onkel Ziad …?“
„Weil er pleite ist“, antwortete Fadi. „Ziads nächster Schritt bestand darin, dich aufzuspüren und verschwinden zu lassen. Auch dein Tod sollte wie ein tragisches Unglück aussehen.“
„Er kann dazu doch keine Flugzeugentführung geplant haben und so viele andere Menschenleben mit aufs Spiel setzen.“ Sie schnappte nach Luft. „Ich …“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Wäre das Drama nicht vorausgeplant gewesen, wie hätte dann ein Sprengsatz an Bord sein können? „Aber … welches Interesse hat er denn an mir?“
„Deine Firmenanteile.“ Fadi durchpflügte sein Haar. „Rashad war ihm kein wirkliches Hindernis mehr. Mutter und ich hätten deine Anteile geerbt, meine hätte Ziad nach Vaters Tod treuhänderisch bis zu meinem dreiundzwanzigsten Lebensjahr übernommen. Damit hätte er sich in Aktienmehrheit gebracht und die Verfügungsgewalt über das Firmenkapital erreicht. In den kommenden drei Jahren hätte er die Firma herabgewirtschaftet und die Gelder in die Privattasche fließen lassen. Natürlich alles auf widrigen Umständen beruhend, keineswegs unter Missbrauch seiner
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