Hoehenfieber
Ich danke Ihnen“, sagte Sullivan und öffnete die Service-Door auf der gegenüberliegenden Seite.
Ein Wagen wartete bereits. Mehrere leere Rollcontainer wurden gegen frisch gefüllte ausgetauscht und einige Kisten Wasser zusätzlich hereingereicht, die Dix und Virge entgegennahmen und am Rande des Ganges stapelten. Taylor rief einige Crew-Mitglieder herbei, die umgehend begannen, die Getränke zu verteilen.
*
Quinn betrachtete ihre schlafende Freundin und beschloss, zu den Männern zu gehen. Zwar hatte Virgin sie erst vor einer Viertelstunde darüber informiert, dass der Ausstieg der Frauen und Kinder problemlos abgelaufen war und es erfüllte sie mit einiger Erleichterung, dass zumindest ihnen nichts mehr passieren konnte, aber sie fühlte sich trotzdem von der Last überfordert und brauchte dringend jemanden zum Reden. Vanita war dafür nicht die Richtige. Ihre Freundin hasste Spekulationen, mit ihr konnte sie sich nur vernünftig unterhalten, wenn es darum ging, Tatsachen zu analysieren. Nur wollte sie jetzt nicht darüber diskutieren, in welcher Lage sie sich befanden, sondern möglichst Optionen durchspielen, wie es weitergehen und was sie in dem einen oder anderen Fall tun könnten. Dass solche Überlegungen größtenteils für die Katz waren und es ohnehin anders kam, als sie alle sich das vorstellten, war ihr bewusst. Dennoch konnte es doch nicht verkehrt sein, sich einen Plan zurechtzulegen und bestenfalls einen Plan B und einen Plan C.
Leise erhob sie sich. So gern sie ihre Freundin hatte, Quinn brauchte einmal eine Pause. Ein bisschen Abstand würde ihr guttun und auch das Gespräch mit einem anderen Menschen, auch wenn er ein Fremder für sie war und sie ihm nur die halbe Wahrheit anvertraut hatte. Aber spielte das eine Rolle? Ihr Schweigen änderte nichts an der Situation und hatte auch keinen Einfluss darauf. Sie brauchte sich deshalb keine Gewissensbisse zu machen, versuchte sie, sich einzureden. Dennoch blieb ein unangenehmes Gefühl.
Sie klopfte leise an die seitliche Bordwand, als sie die Business Class betrat.
Virgin und Dix saßen nebeneinander und unterhielten sich leise, der Dritte – Nash – war nicht da. Virge hob den Kopf und stand sofort auf. Er kam ihr entgegen.
„Hast du Lust, ein wenig zu reden oder störe ich gerade?“ Quinn warf Dix an Virgins breiten Schultern vorbei ein entschuldigendes Lächeln zu. Er lächelte zurück, lehnte sich in seinen Sitz zurück und schloss die Augen.
„Kein Problem. Wollen wir uns da rüber setzen?“ Virgin wies auf die Bankreihe, die am weitesten von Dix entfernt lag.
Quinn nickte und ging voraus. Nachdem sie den Platz am Fenster eingenommen hatte, griff sich Virge aus einem Gepäckfach eine Wolldecke, schüttelte sie aus und legte sie ihr um. Quinn zog die Beine auf die Sitzfläche hoch und stopfte die Ränder der Decke unter sich fest. Es war nicht kalt. Ende September herrschte in Dubai noch nahezu Hochsommer und in den Nächten sanken die Temperaturen kaum unter die Glut des Tages, doch der Pilot hatte die Erlaubnis erhalten, die Klimaanlage zwischendurch laufen zu lassen und daher war es in der Kabine nicht mehr stickig heiß, sondern mittlerweile richtig frisch. Die Decke vermittelte ihr außerdem das zwar irreale, aber tröstliche Gefühl von etwas Schutz. Eine Höhle, in die sie sich zurückziehen konnte.
„Van schläft“, sagte sie, weil ihr nichts Besseres einfiel, um ein Gespräch zu beginnen.
Anstelle einer Antwort nickte Virgin nur. Er rutschte tiefer in den Sitz und schob die Beine von sich, so weit es ging. Seine Position sah immer noch unbequem aus. Obwohl die Sitzabstände hier mehr Raum boten als auf ihren alten Plätzen, hätte er seine langen Stelzen zusammenfalten müssen, um sie vernünftig unterzubringen.
„Morgen früh ist das hier alles zu Ende“, sagte Quinn. Sie lehnte den Kopf an die herabgelassene Klappe vor dem Bordfenster. „Wir wachen auf, und alles war nur ein böser Traum.“
„Ich würde dir nur zu gern zustimmen.“ In Virgins Stimme lag viel zu viel Ernsthaftigkeit.
„Glaubst du, dass wir hier heil herauskommen?“
Er rührte sich nicht. Sie betrachtete sein Gesicht mit den geschlossenen Augen. Die langen Wimpern warfen Schatten auf seine Wangen. Seine Züge wirkten weicher und jünger als mit geöffneten Lidern.
„Ja“, sagte er nach einer Weile fest. „Wir werden hier heil rauskommen.“
„Ist es nicht ein wenig unvorsichtig, so ein Versprechen zu geben? Oder sag s t du
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