Hoehenfieber
geöffnet, und er vermasselte die Chance, ihr sein Vertrauen ebenfalls zu beweisen. Stattdessen zerstörte er einen der schönsten Momente seines Lebens mit dummer Quasselei. Blöder konnte man sich nicht mehr anstellen.
Er stand auf. „Ich hole Kaffee. Bleibst du?“ Sein Blick lag bittend auf ihrem blassen Gesicht. Die süße Röte, die sie vor ihm zu verbergen versucht hatte, war dem Anblick eines Kreidefelsens gewichen, nicht nur, was die Farbe betraf.
Virge schwankte beinahe, als er ihr kaum vernehmbares Nicken sah.
Er schob sich durch den schmalen Gang, bis er an Dix’ Sitzreihe ganz vorn vor der Trennwand zur First Class ankam. Nash war mittlerweile zurückgekehrt, das hatte Virge überhaupt nicht mitbekommen. Die beiden unterhielten sich leise und nickten ihm zu, als er sich neben Nash setzte. Virge beugte sich vor, um Dix ansehen zu können. „Ich hab Mist gebaut“, sagte er leise, beinahe im Flüstermodus.
„Was? Wieso?“
„Ich habe Andeutungen gegenüber Quinn gemacht und mich mit einem unbedacht ausgesprochenen Satz arg in die Scheiße geritten. Sie ahnt, dass mit uns – zumindest mit mir – etwas nicht stimmt und sie ist sauer und misstrauisch.“
„Holy cow!“
„Was soll ich tun?“ Virgin schämte sich, dass er Dix um Rat fragte und sich unfähig sah, eine eigene Entscheidung zu treffen. Aber wie sollte er das verantworten? Das durfte er überhaupt nicht, selbst, wenn er in der Lage gewesen wäre. Es ging nicht allein um ihn, sondern um die Gruppe. Nichts war wichtiger als die Geheimhaltung ihrer Fähigkeiten, denn sonst würden sie wohl alle eher früher als später als Versuchskaninchen im Labor landen. Quinn war nicht seine Frau. Jamie hingegen, als Dix’ Ehefrau, stand natürlich das Recht zu, dass er sie ins Vertrauen zog. Außerdem würde Jamie wohl auch ein vollwertiges Mitglied ihrer Gruppe werden und bei ihren Einsätzen Mithilfe leisten, auch wenn sie keine übersinnliche Gabe besaß. Dafür war sie ein Cop, und sie würden sicher ihre Unterstützung gebrauchen können. Seit der unglückseligen Geschichte mit dem Stalker und Cindys Entführung lebten Jamie und Cindy bei ihnen im Fitnesscenter. Obwohl Dix und Jamie meinten, es solle nur vorübergehend sein, glaubte Virge nicht, dass sie ausziehen würden. Jamie turnte Stunde um Stunde in den Räumen herum und brachte ihre Renovierungsvorschläge an, wobei sie auch bei deren Umsetzung tatkräftig mit anpackte. „Wie hat Jamie reagiert, als du ihr die Wahrheit gestanden hast?“
„Ich war es nicht“, antwortete Dix. „Max hat es ihr gesagt, als Neil und du noch in Israel im Einsatz wart.“
„Und wie hat sie reagiert?“ Was brachte ihm eine Antwort auf diese Frage? Quinn war nicht wie Jamie. Sie hatte zwar einen schweren Schritt hinter sich, eine Umwälzung ihres gesamten Lebens, dennoch traute er ihr nicht Jamies Kampfgeist zu. Oder irrte er sich in dieser Beziehung? Vielleicht schien es ihm nur so, weil Quinn so zerbrechlich wirkte und seinen Beschützerinstinkt weckte. Typisch Kerl! So hatte er nie denken wollen. Als wenn zierliche Frauen nicht ebenso gut ihren Mann stehen konnten. Wie viele von ihnen gab es, die es sogar strikt ablehnten, männliches Macht- und Ritualgebaren in Form von Urinstinkten demonstriert zu bekommen? Und nein, er meinte damit keine eingefleischten Feministinnen, sondern stinknormale Frauen.
„Ich glaube, in all dem Schrecken und der Angst, die Jamie zu dem Zeitpunkt um Cindy gehabt hat, ist ihr die Bedeutung erst viel später wirklich klar geworden, sodass sie mehr Zeit hatte, die Informationen zu verarbeiten.“
„Tja …“ Blöderweise hatte er dumme Äußerungen abgegeben, und obwohl sie in einer verdammt beschissenen Situation steckten, hatte Quinn Zeit genug, um nachzudenken. Das würde dann dazu führen, dass sie ihn als Lügner abstempelte, ihr Vertrauen zu ihm, das ohnehin auf wackligen Beinen stand, vollends kippte, und sich seine Chancen in Nichts auflösten. Dabei überrollte ihn das Gefühl, eine einmalige und einzigartige Gelegenheit zu verpassen.
Virgin stand auf. Dieses Mal wandte er doch den Flüstermodus an. „Spricht etwas dagegen, wenn ich sie einweihe?“
Nash hielt sich raus, er zuckte nur mit den Schultern.
„Eigentlich müsste Max das entscheiden, aber ich würde sagen, dass du in dieser Situation selbst urteilen musst, ob es sinnvoll ist oder nicht“, sagte Dix.
Virge nickte, wandte sich ab und ging in die Bordküche, um den versprochenen Kaffee zu
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