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Hoehenfieber

Hoehenfieber

Titel: Hoehenfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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holen.
     
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Quinn war es nicht entgangen, dass sich Virge zu seinen Kollegen gesellte und leise mit ihnen sprach. Zu gern hätte sie die Unterhaltung verstanden, doch obwohl sie die Ohren spitzte, drangen die Worte nicht bis zu ihr.
    Was hatte er da bloß von DNA-Manipulation erzählt? Worauf bezog sich seine Äußerung? Sie versuchte, sich den genauen Wortlaut in Erinnerung zu rufen, aber Virgins Aussage war zu überraschend und zu zusammenhanglos erfolgt, als dass ihr der Satz wieder wortgetreu in den Sinn kommen wollte. DNA-Manipulation und Blutgruppe AB. Damit allein konnte sie nicht viel anfangen. Medizinische Forschung war ohnehin nicht ihr Fall. Sie studierte Biologie und Englisch, und daneben belegte sie Kurse in Psychologie. Eigentlich war es ihr Ziel, an einer Secondary School zu unterrichten, doch Professor Dorsey hatte ihr schon mehrfach nahegelegt, sich stärker auf Psychologie zu konzentrieren. „Sie gäben eine prima Psychologin ab“ , meinte er immer wieder. „ Ihnen wohnt eine besondere Begabung inne, das weiß ich. Sie können sich in die Menschen hineinversetzen, sie spüren die Schwingungen ihrer Seelen.“
    Sie empfand es als normal, auf andere einzugehen, ganz einfach, indem sie ihnen zuhörte. Ob das tatsächlich bedeutete, ein besonderes Gespür zu besitzen, mochte sie nicht beurteilen. Im Moment bemerkte sie davon jedenfalls herzlich wenig. Im Gegenteil. Sie hatte es nicht geschafft, Virges Vertrauen zu gewinnen. Denn dass er etwas vor ihr verbarg, daran biss keine Maus einen Faden ab. Wenn sie tatsächlich etwas wie ein besonderes psychologisches Gespür besitzen würde, dann sollte es ihr doch zumindest gelingen, Vertrauen zu gewinnen und ihren Gesprächspartner zu verstehen. Doch das tat sie nicht. Sie verstand sich selbst nicht einmal, es blieb ihr ein Rätsel, warum Virgin derart ambivalente Gefühle in ihr hervorrief, die sie auf der einen Seite zu ihm trieben, als wäre er ein Magnet und sie eine Anhäufung von zahllosen Eisenspänen, die abrupt und unabwendbar in seine Richtung schossen, sobald er sich ihr näherte. Auf der anderen Seite fröstelte sie in seiner Gegenwart. Die Schauder, die sie überliefen, trugen etwas Fremdartiges an sich, etwas, das ihr eine unbegründbare Angst einjagte. Nach den in der Psychologie unterschiedenen drei Formen der Angst hatte sie wohl eine vierte entdeckt. Ihr Gefühl entsprach keiner Realangst aufgrund einer Bedrohung seitens Virgin, es fühlte sich auch nicht an wie eine neurotische Angst, und wie eine moralische schon gar nicht. Aber Angst war es dennoch. Etwas namenlos Unbekanntes lag in Virgins Ausstrahlung, nicht greifbar, nicht spürbar – und dennoch war es da.
    Sie hätte die Gelegenheit nutzen sollen, mit Van darüber zu sprechen und sie zu fragen, ob sie ebenfalls dieses Andersartige an ihm spürte. Van besaß etwas wie einen sechsten Sinn, doch da ihre Freundin nicht gut auf Virge zu sprechen war, hatte Quinn wohl instinktiv das Thema gemieden.
    Diese wie eingehauchten Worte, von denen sie überzeugt war, dass sie nicht aus ihrem Kopf stammten, verwirrten sie. Es konnte doch nicht sein, dass sie zeitweise innere Stimmen hörte, als würde sie beginnen, eine zweite Persönlichkeit aufzubauen. Das wäre schizophren.
    DNA-Manipulation. Quinn konnte keinen klaren Gedanken fassen. Es schien, als glitte ihr immer wieder der Faden am Nadelöhr vorbei, während sie verzweifelt versuchte, ihn einzufädeln. Es fehlte ihr an einer Spur, der sie folgen konnte, um Ordnung in das Chaos ihrer Gedanken und Gefühle zu bringen. Es fehlte an etwas Greifbarem, das ihr geholfen hätte, plausible Gründe für ihre Empfindungen zu finden. Aber verlangte sie damit nicht zu viel? Waren Gefühle tatsächlich immer begründbar? Natürlich in den meisten Fällen, aber wie oft blieb eine Antwort darauf aus, warum ein bestimmter Eindruck entstand? Intuition. Sechster Sinn. Das war nicht ihr Gebiet, das passte nur zu Vanita. Beinahe hätte sie aufgelacht. Stimmte Dorseys Aussage doch? War es das, was er mit den Schwingungen der Seelen meinte? Vielleicht strahlte Virgins Seele etwas Schwarzes, Gruseliges und Angsterregendes aus und sie empfing die Signale wie ein gigantisches Radioteleskop, das Lauschangriffe ins All startete. Bestimmt war sie einem Alien begegnet. Quinn verzog die Mundwinkel. Ironie und Sarkasmus lagen ihr ebenfalls nicht.
    Leise Schritte näherten sich ihrer Sitzreihe. Sie sah auf. Virge balancierte zwei Becher in den Händen.

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