Höhenrausch (German Edition)
Mensch gewordene Geschwindigkeitsübertretung.»
«Ist es zwischen den beiden zum Äußersten gekommen?»
«Zum Glück nicht. Die schlimme Frau hat meinem armen Karsten ihre Rambo-Zunge so tief in den Hals gerammt, dass er würgen musste.»
«Ich bin froh, dass ihr wieder ein Paar seid.»
«Ach, was sind wir doch alle glücklich! Kaum zu glauben, dass du noch vor wenigen Wochen als verzweifelte Paprika unterwegs warst und ernsthaft erwogen hast, dich mit einem Nuklearsprengkopf zu paaren.»
Ich sagte nicht, dass aus heutiger Sicht Nuklearsprengkopf wahrscheinlich die beste aller Lösungen gewesen wäre.
Beschluss Nummer drei, Betreff: Gesundheit und Küche
Ich werde nicht aufhören zu rauchen. Ich werde zweimal die Woche den «Body Pump»-Kurs bei Nico besuchen.
Und ich werde von nun an jedem toten Geflügel grundlegend misstrauen. Kein Wunder, dass ich so betrunken bin, denn wir haben den ganzen Abend so gut wie nichts gegessen.
Es war ein unvergesslich widerwärtiger Anblick und Geruch gewesen, als sich beim Anschneiden der Ente herausstellte, dass ich die Plastiktüte mit den Innereien in der Bauchhöhle vergessen hatte.
Beschluss Nummer vier, Betreff: Sonstiges
Ich werde mich heute Abend nicht abschminken.
Und morgen brauche ich bestimmt zwei Aspirin.
«DER HALBE MANN»
Heute Vormittag ist das Weihnachtsgeschenk meiner Mutter eingetroffen. Ich möchte sagen: leider. Sie hatte schon angekündigt, dass es nicht rechtzeitig zum Vierundzwanzigsten ankommen würde, da sich das von ihr ausgewählte Produkt außerordentlicher Beliebtheit erfreue und eine Weile vergriffen gewesen sei.
Meine Mutter hat einen sehr ausgeprägten Hang zu Katalogware. In Kombination mit ihrem sehr schlechten Geschmack hat das in der Vergangenheit bereits zu der einen oder anderen Verstimmung in meinem Elternhaus geführt.
Die Küchenschränke sind voll mit Geräten, von denen meine Mutter glaubte, sie könne ohne sie keine Sekunde lang weiterleben, die jedoch niemals benutzt wurden, darunter ein Vakuumverpacker, eine Nasendusche, eine Funkwetterstation, ein Krawattenlift und mindestens drei Sandwichmaker.
Die Hälfte dieser unnützen Dinge hat sie meinem Vater zu diversen Festtagen geschenkt. Sie hört einfach nicht auf damit: Will sie eine Sache haben und findet keinen Deppen, der bereit ist, dafür Geld auszugeben, verschenkt sie das fragliche Produkt einfach an ein Familienmitglied.
Meine Mutter hat auch mir die Freude am Beschenktwerden schon in jungen Jahren verdorben. Man erzählt sich in unserer Familie, dass ich mich bereits mit fünf geweigert hätte, Päckchen zu öffnen, auf denen «von Mama» stand. Das lag an dem traumatischen Erlebnis mit den «Pflanzgesichtern», zwei Übertöpfen aus «witterungsbeständigem Kunststein» mit so derart gruseligen Gesichtern, dass ich mich beim Auspacken schier zu Tode erschreckte. Meines Wissens stehen die Monstertöpfe jetzt im Kellerregal gleich neben der Hüftsauna. Der Begleittext zu diesem erniedrigenden Präsent meiner Mutter zu Papas sechzigstem Geburtstag lautete: «Entschlacken Sie ganz nebenbei Ihre Problemzonen mit diesem temperierbaren Taillengurt!»
«Du musst endlich aufhören, Sachen zu verschenken, die dir gefallen», hatte mein Vater sie mehrfach ermahnt, denn auch im Bekanntenkreis kursierten bereits Warnungen vor Annemarie Schumanns geschmacksfreien Mitbringseln, die man nicht mal auf drittklassigen Flohmärkten wieder loswurde. Angefangen hatte es Anfang der Achtziger bei der goldenen Hochzeit von Omi Sophia und Opa Hansgert. Während das betagte Paar einigermaßen alarmiert die voluminösen Pakete öffnete, las meine Mutter den Begleittext aus dem Katalog «Nützliches für Haus und Heim» so laut und überartikuliert vor, als handle es sich um ein Werk des späten Hölderlin:
«Mein Sack, dein Sack? Sack ist für uns alle da! Freuen Sie sich an Ihrem Sitzplatz mit eingebauter Reservierung. Weggegangen, Platz vergangen? Das war gestern!»
Nein, das ist keine im Laufe der Jahre bis zur Unkenntlichkeit ausgeschmückte Anekdote. Meine Mutter hatte tatsächlich zwei Sitzsäcke mit Namensaufdruck geschenkt.
Man muss dazu sagen, dass meine Großeltern damals schon unter Arthrose im fortgeschrittenen Stadium litten und nur aus sehr festgepolsterten Sitzmöbeln unbeschadet und ohne fremde Hilfe wieder hochkamen.
Aus dem verspäteten Weihnachtspaket meiner Mutter kamen zunächst Taschenbücher zum Vorschein, genauer eine Triologie: «Die Kunst, den
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