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Hoehepunkte der Antike

Titel: Hoehepunkte der Antike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Brodersen
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Lorbeer die Pflanze Apollons. Wenn die Pythia Lorbeer kaut,
     so wird sie damit von Gott erfüllt, ähnlich wie die Bacchantinnen mit dem Wein den Gott Dionysos selbst aufnehmen.
     
     
    Pythia in Trance?
     
    In Trancezustände soll die Pythia auch durch Dämpfe geraten sein, welche aus einem Erdspalt strömten, über dem ihr Dreifuß
     stand. In den letzten Jahren konnten durch geologische Untersuchungen in einer der Quellen in Delphi Spuren von Äthylen nachgewiesen
     werden, eines |29| Gases, von dem geringste Konzentrationen reichen, um den menschlichen Körper in euphorische Zustände zu versetzen. Diese Entdeckung
     sowie die Erkenntnis, dass Delphi im Kreuzungsbereich zweier geologischer Verwerfungen liegt, haben die antike These vom Erdspalt
     im Heiligtum wieder auf leben lassen. Andererseits sollte nicht ignoriert werden, dass frühere archäologische Ausgrabungen
     keine Erdspalte ans Tageslicht brachten. Wie ist dieses Problem zu lösen? Die Unterwelt und ihre Bewohner galten als Träger
     mantischen Wissens; bereits Odysseus befragte die Toten über seinen Weg nach Ithaka. Spalten und Höhlen, also Durchgänge zur
     Unterwelt, gehörten zum Inventar einer griechischen Orakelstätte. In Lebadeia etwa mussten die Klienten sich in eine unterirdische
     Höhle begeben, wo sie einen Orakelspruch erhielten. Daher liegt es nahe, dass man in der Antike von einem Erdspalt in Delphi
     sprach, ob es ihn gab oder nicht.
    Doch müssen wir von einer Pythia in Trance ausgehen? Trancezustände wären nötig bei den mythischen Orakelsprüchen, wie Kroisos
     sie erhielt, also bei schwer deutbaren und zugleich zutreffenden Antworten. Ein gänzlich anderes Bild bietet sich bei den
     Orakelsprüchen, über die wir bessere Nachrichten besitzen. Hier hatte die Pythia lediglich zwischen zwei Optionen zu wählen.
     Xenophon etwa wollte sich vor dem Auf bruch zu einem Feldzug durch Delphi legitimieren. Er fragte allerdings nicht, ob er
     am Feldzug teilnehmen solle oder nicht, sondern er wollte wissen, welchen Göttern er opfern solle, damit das Unternehmen gut
     ausgehe. Das Orakel hatte nur aus der Vielzahl der Götter einige zu nennen. Göttliche Inspiration, mantische Raserei und euphorisierende
     Gase brauchte man nicht.
    Noch besser belegt ist das folgende Beispiel für ein Losverfahren. Im Jahr 352/51 v. Chr. geriet die Heilige Au von Eleusis
     für die Athener zu einem religiösen Problemfall. Sollte man die Wiese brachliegen lassen oder sollte man sie verpachten, um
     mit dem Erlös Arbeiten am berühmten Mysterienheiligtum der beiden Göttinnen Demeter und Persephone zu finanzieren? Das Dilemma
     wurde durch einen Volksbeschluss gelöst. Man schrieb die beiden Möglichkeiten auf zwei identische Zinntäfelchen, rollte diese
     zusammen, umwickelte sie mit Wollfäden und warf sie vor dem versammelten Volk in ein bronzenes Gefäß. Danach wurden zwei weitere
     Gefäße in die Versammlung getragen, eines aus Gold und eines aus Silber. Ein Beamter schüttelte das Bronzegefäß und |30| legte dasjenige Täfelchen, das zuerst herausgesprungen war, in die goldene Vase, das zweite in das silberne Gefäß. Danach
     wurden die Gefäße öffentlich versiegelt und auf der Akropolis deponiert. Die Instruktionen auf der Inschrift lauten weiter:
     
    Wählen soll das Volk drei Männer, einen aus dem Rat, zwei aus allen Athenern, die nach Delphi reisen und den Gott befragen,
     welche der beiden Schriften die Athener ausführen sollen über die Heilige Au, die aus dem goldenen oder aus dem silbernen
     Gefäß. Sobald sie aber zurückkehren vom Gott, sollen sie die Gefäße herunterholen, und verlesen sollen werden dem Volk der
     Orakelspruch und die Schriften von den Zinntäfelchen; welche der beiden Schriften der Gott als günstiger und vorteilhafter
     für das Volk der Athener bezeichnet hat, zufolge deren soll verfahren werden, damit es sich möglichst gottesfürchtig verhalte
     gegenüber den beiden Göttinnen und niemals in der künftigen Zeit etwas Unreligiöses geschehe hinsichtlich der Heiligen Au
     und hinsichtlich der anderen Heiligtümer in Athen.
    (Inschrift HGIÜ II 246).
     
    In diesen Fällen ist ein direkter Kontakt der Pythia mit den Klienten vorstellbar. Statt eines Orakelspruches konnte die Pythia
     auch das inschriftlich belegte Bohnenorakel verwenden, bei dem eine dunkle Bohne Ablehnung, eine helle Bohne die Zustimmung
     Apollons signalisierten. Ebenso ist es möglich, dass die Sprüche der Pythia durch Vermittlung

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