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Hoehepunkte der Antike

Titel: Hoehepunkte der Antike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Brodersen
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gefeit.
     
     
    Hybris wird bestraft
     
    Wie recht Aischylos hatte, zeigte sich rund dreißig Jahre später. Im Überschwang ihrer Siege hatten die Athener eine militärische
     Expedition nach Ägypten gewagt, um dem einheimischen König gegen die persischen Besatzer zu helfen. Die Athener begingen damit
     aus Sicht des Aischylos den gleichen Fehler wie einst der Perserkönig, indem sie nämlich in ihrer Hybris die von den Göttern
     gesetzten Schranken zwischen Europa und Asien bzw. Libyen (Afrika) durchbrachen. Es kam, wie es kommen musste: Wie einst Salamis
     für die Perser, so wurde jetzt das Nildelta für die Athener zur Katastrophe: 150 Triëren wurden zerstört, 20   000 Athener und Bundesgenossen fielen oder gerieten in Gefangenschaft.
    Aischylos hat dieses Desaster – die erste Niederlage Athens gegen die Perser seit der Schlacht bei Salamis – nicht mehr erlebt,
     er starb ein Jahr vorher auf Sizilien. Auch wenn folgende Flottenexpeditionen einige Erfolge brachten – der Höhenflug der
     Athener war beendet, Persien unangreif bar und die Griechen nach Europa verwiesen. Soweit hatte Aischylos Recht behalten.
     Als die Athener aber dann im Jahr 447 v. Chr. eine weitere Niederlage in Griechenland gegen die Boioter hinnehmen und die
     in Attika anrückenden Spartaner nur mit Bestechungen zum Abzug bewegen konnten, sank die Stimmung auf den Tiefpunkt. Niemals
     zuvor waren die Athener von der einsamen Höhe ihres Erfolgs in solche Tiefen einer bedrohenden Niederlagenserie gefallen.
    Die Athener haben auch diesen Schock verarbeitet. Es ist wohl kein Zufall, dass Perikles just im Jahr der Niederlage Athens
     gegen die Boioter und sieben Jahre nach der Katastrophe im Nildelta den Bau des Parthenons durchsetzte. Wollte er seinen Mitbürgern
     neues Selbstbewusstsein verschaffen und den Bündnern die ungebrochene Finanzkraft Athens demonstrieren? Die mentale Auf bauarbeit
     auf einer anderen |67| Ebene übernahm erneut die Tragödie. 434 v. Chr. brachte Sophokles sein Stück
Oidipus Tyrannos
auf die Bühne. Die Geschichte des strahlenden Königs von Theben, der unwissend seinen Vater erschlug und seine Mutter heiratete
     und sich am Ende durch Selbstblendung kasteite, kannte jeder Athener auswendig; für sie zählten keine Einzelheiten, sondern
     das dem Stück zugrunde liegende Grundproblem, nämlich der Fall eines allzu selbstsicheren Helden, dessen Intelligenz das Rätsel
     der Sphinx gelöst hatte, von der absoluten Höhe in die totale Verzweif lung. Genauso wie Oidipus konnte es jedem Menschen
     ergehen: Wenn die Intelligenz nicht vor fatalen Fehlern schützte, sondern ihm mitunter sogar Scheuklappen anlegte, dann galt
     diese Gefahr für die Athener besonders, die nach eigener Auffassung für das Funktionieren ihrer so anspruchsvollen Verfassung
     und der komplizierten äußeren Herrschaft ein hohes Maß menschlicher Intelligenz benötigten.
    Ähnliche Warnungen hatte Sophokles bereits 442 v. Chr. in seinem Stück
Antigone
ausgesprochen. Die Problematik berührt diesmal nicht die außenpolitische Sphäre, sondern das innere Verhältnis zwischen Mensch
     und Polis. Aufgegriffen wird erneut eine Geschichte aus dem thebanischen Sagenkreis: Eteokles und Polyneikes, die beiden Söhne
     des Oidipus, kämpfen gegeneinander um Theben. Beide fallen, Eteokles als Verteidiger der Stadt gegen den angreifenden Polyneikes.
     Ihr Onkel Kreon, der nachfolgende Herrscher über Theben, lässt darauf hin jedoch nur Eteokles begraben, während sein Bruder
     als Aggressor vor den Toren unbestattet den wilden Tieren überlassen wird. Antigone, die Schwester der beiden Toten, weigert
     sich, weil sie das göttliche Gebot einer Bestattung für wichtiger als ein staatliches Verbot hält. Hier prallen zwei grundsätzliche
     und scheinbar unversöhnliche Lebensauffassungen aufeinander: Kalte Staatsraison (Kreon) und menschliches Gewissen angesichts
     göttlicher Gebote (Antigone). Tatsächlich wird es in der Atmosphäre des demokratischen Athens ähnliche, freilich weniger dramatische
     Auseinandersetzungen gegeben haben, in jedem Fall viel häufiger als in einer Polis wie Sparta oder Korinth, wo die straffe
     adlige Führung solche Konflikte gar nicht auf kommen ließ.
    Das Erstaunlichste aber ist nun: Anders als Aischylos weiß Sophokles so recht keine Antwort auf das Dilemma. Am Ende sterben
     Antigone und Kreon beide durch Selbstmord. Vermutlich war für Sophokles die Problematik unauf lösbar, aber immerhin in ihren
    

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