Hoehepunkte der Antike
Hinblick auf Verteidigung,
Verwaltung und Versorgung an ihn stellte, dann musste er ein Herrschaftskonzept entwickeln, das die eigene, herausragende
Stellung auch für diejenigen akzeptabel machte, die bislang die Republik verteidigt |172| hatten. Schon während der Auseinandersetzung mit Antonius hatte Octavian für seine Sache geworben, indem er sich als Verfechter
der republikanischen Traditionen gegen ein autokratisches Regiment östlicher Prägung ausgab. Mehrfach hatte er versprochen,
seine eigene Macht niederzulegen und die Republik wiederherzustellen, sobald alle Kriegsgefahr gebannt sei, und auf dieser
Linie lag dann auch die Politik, mit der Octavian nach Actium seine Stellung abzusichern suchte.
Von grundlegender Bedeutung für die weitere Herrschaft nicht nur Octavians, sondern auch seiner Nachfolger waren die Schritte,
die im Januar 27 v. Chr. vollzogen wurden, um Octavians Stellung als
princeps
mit der Idee der
res publica restituta
, der „wiederhergestellten Republik“, zu verbinden. Hier entstand vermittels der Bündelung von Amtsgewalten, durch die Octavian
alle wichtigen Machtmittel auf sich vereinigte, eine monarchische Herrschaftsform, die doch zugleich als republikanisch bezeichnet
werden konnte, weil es sich angeblich um eine nur zeitweilige Übertragung traditioneller Kompetenzen auf den einen Mann handelte.
Am 13. Januar 27 v. Chr. trat Octavian vor den Senat, um demonstrativ alle Kompetenzen und Befehlsgewalten niederzulegen.
Dabei handelte es sich um eine politische Inszenierung, die zu drängenden Bitten der Senatoren führte, Octavian möge doch
den Staat nicht im Stich lassen. Scheinbar nur zögerlich erklärte sich Octavian schließlich bereit, neue Verantwortung zu
übernehmen, bis die innere und äußere Sicherheit des Reiches wieder vollständig hergestellt sei. Es kann kein Zweifel daran
bestehen, dass der Verlauf der Senatssitzung exakt den Planungen Octavians und seiner Berater entsprach. Gleichwohl handelte
es sich nicht um eine bloße Manipulation des Senats, denn eine solche reichte für den beabsichtigten politischen Ausgleich
nicht aus. Die Niederlegung der Alleinherrschaft war als symbolische Handlung durchaus ernst gemeint. An die Stelle der bloßen
Macht sollte nun die Autorität des Prinzeps treten, dessen herausragende Stellung mit seiner erfolgreichen Sorge für das Wohl
des Staates legitimiert werden konnte.
Dieser Absicht entsprach der Senat im Verlauf seiner nächsten Sitzung am 16. Januar 27 v. Chr. An diesem Tag wurde Octavian
mit dem Ehrennamen
Augustus
ausgezeichnet, der aufgrund seiner religiösen Anklänge dem Prinzeps eine göttliche Aura verlieh und doch seine Überhöhung
in einem für republikanisch gesinnte Zeitgenossen gerade noch erträglichen Maße beließ. Zugleich erhielt Augustus, der bereits
seit |173| 31 v. Chr. das Konsulat bekleidete und unter fortlaufender Verletzung des Iterationsverbots an diesem höchsten Amt noch bis
23 v. Chr.festhielt, ein auf zehn Jahre begrenztes Kommando für die Provinzen, die als unbefriedet galten und in denen folglich
die militärischen Kräfte konzentriert waren. Der zeitliche Rahmen machte seine militärische Befehlsgewalt vergleichbar mit
den mehrjährigen Imperien, die in den zurückliegenden Jahrzehnten auf Sulla, Pompeius oder Caesar übertragen worden waren.
Damit konnte die Befehlsgewalt, die Augustus innehatte, durchaus als traditionsgemäß hingestellt werden. Zu diesen so genannten
„kaiserlichen Provinzen“ gehörten u. a. große Teile von Spanien und Gallien, daneben z. B. auch Kilikien, Phönikien und Syrien,
während der Senat für die ihm unterstehenden Provinzen – wie z. B. Afrika, Numidien, Sizilien oder Makedonien – seine eigenen
Statthalter, die Prokonsuln, auswählte. In der Aufteilung der Provinzen zwischen Augustus und dem Senat zeigt sich die Funktion
der neuartigen Herrschaftsform des Prinzipats, die darauf abzielte, dem Senat eine begrenzte Selbständigkeit zu gewähren und
damit der zentralen Idee der augusteischen „Prinzipatsverfassung“, d. h. der Idee einer „wiederhergestellten Republik“, sichtbaren
Ausdruck zu verleihen. Zu einer vollständigen Niederlegung seiner militärischen Macht wäre Augustus jedoch weder zu diesem
noch zu einem späteren Zeitpunkt bereit gewesen.
Mit den Maßnahmen vom Januar 27 v. Chr. war allerdings noch keine dauerhafte tragfähige Form für die neue Prinzipatsherrschaft
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