Hoehepunkte der Antike
gefunden worden. Wichtige Veränderungen vollzog Augustus 23 v. Chr. im Anschluss an eine Verschwörung, an der sein Mitkonsul
Aulus Terentius Varro Murena beteiligt war. Über die politischen Ziele der Verschwörer ist nichts Näheres überliefert, doch
richtete sich die plötzlich sichtbar gewordene Opposition wohl auch gegen die ständige Übernahme des Konsulats durch Augustus,
die sich schlecht mit der Idee der
res publica restituta
vertrug. Jedenfalls unternahm Augustus einen deutlichen Kurswechsel. Er verzichtete von nun an, von wenigen Ausnahmen abgesehen,
auf das Konsulat und ließ sich stattdessen die Amtsgewalt eines Volkstribunen übertragen. Das Amt eines Volkstribunen konnte
Augustus aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Stand der Patrizier nicht übernehmen, doch die
tribunicia potestas
(die „tribunizische Amtsgewalt“) bot ihm vermittels des Initiativ- und des Vetorechts die Möglichkeit, die Innenpolitik auch
ohne das Konsulat zu lenken. Und hatte Augustus |174| bislang als Konsul das Recht besessen, in die senatorischen Provinzen einzugreifen, so wurde ihm nun mit dem
imperium proconsulare maius
(der „höheren prokonsularischen Befugnis“) eine allen anderen Amtsträgern übergeordnete Befehlsgewalt übertragen.
Die neue Prinzipatsverfassung von 23 v. Chr. wurde in den folgenden Jahren noch weiter ausgebaut. Während sich Augustus über
mehrere Jahre im Osten des Reiches auf hielt (22–19 v. Chr.), kam es in Rom anlässlich von Wahlen zu chaotischen Zuständen.
Um das Wiederauf leben der Wahlbestechungen und der Bandenkriege, die Rom in der Spätphase der Republik erlebt hatte, zu unterbinden,
bedurfte Augustus also weiterer, über die tribunizische Gewalt hinausreichender Kompetenzen. Deshalb wurden ihm 19 v. Chr.
konsularische Befugnisse übertragen, die ihn zur Leitung der Senatssitzungen und auch der Wahlen berechtigten. Seit 12 v.
Chr. übernahm Augustus zusätzlich die Verantwortung für die Ausübung der Staatsreligion; in diesem Jahr wurde er zum
pontifex maximus
, d. h. zum höchsten Kultbeamten der Stadt, gewählt.
So war seit der demonstrativen Niederlegung der Macht im Januar 27 v. Chr. schrittweise ein Gefüge für die Herrschaftsausübung
des Augustus gefunden worden, das an seiner herausragenden Stellung keinen Zweifel ließ, seine politische und militärische
Macht jedoch aus republikanischen Amtsbefugnissen kombinierte. Während Augustus seinen Herrschaftsanspruch mit der Autorität
(
auctoritas
) begründete, die er durch die Beendigung der Bürgerkriege gewonnen und durch die nachfolgende innere Befriedung, durch Fürsorge,
Baumaßnahmen und Verwaltungsreformen gefestigt hatte, konnten sich die Senatoren doch keiner Täuschung darüber hingeben, dass
es sich bei der „wiederhergestellten Republik“ um eine neue Form der Herrschaft handelte, die ihnen nur noch einen sehr begrenzten
Anteil an der Regierung zugestand. Wollten sie den traditionellen
cursus honorum
– die Ämterlauf bahn – absolvieren und vielleicht bis zum ehrenvollen Konsulat gelangen, dann mussten sie dem Prinzeps beweisen,
dass sie seine Herrschaft loyal unterstützten.
Augustus und die römische Gesellschaft
Die Leistung des Augustus beschränkte sich indessen nicht darauf, mit seiner „Prinzipatsverfassung“ den Mittelweg zwischen
Republik und |175| Monarchie gefunden zu haben. Denn über die politische Neuordnung hinaus griff er tief in alle Bereiche der römischen Gesellschaft
ein.
Der Zerfall der politischen Ordnung, den Rom in den letzten Jahrzehnten der Republik erlebt hatte, war von den Zeitgenossen
religiös interpretiert und damit erklärt worden, dass sich die Götter von Rom abgewendet hätten. Augustus reagierte auf diese
religiöse Deutung, indem er seine inneren Reformen mit religionspolitischen Maßnahmen einleitete. Bald nach seiner Rückkehr
aus Ägypten begann er mit der Wiederherstellung zahlreicher Tempel der Hauptstadt, die in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt
worden und verfallen waren. In seinem
Tatenbericht
, den Augustus am Ende seines Lebens niederschrieb und der nach seinem Tod auf großen Inschriftentafeln vielerorts im ganzen
römischen Reich aufgestellt wurde, vermerkte der Prinzeps, dass er bereits im Jahr 28 v. Chr. für die Wiederherstellung von
82 römischen Tempeln gesorgt habe, „wobei kein Tempel ausgelassen wurde, der zu diesem Zeitpunkt erneuerungsbedürftig war“.
Und im 19. Kapitel
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