Höhepunkte
hatte auffordern wollen, oder ob sie nur so unschuldig tat. Ihr Blick traf sich mit dem ihrer nackten Freundin, und sie war verzweifelt, in ihm nicht die Andeutung eines Versprechens entdecken zu können.
Sie ging auf Bee zu und öffnete die Tür. »Dann tun wir es eben unter der Dusche«, sagte sie entschlossen.
Jenny Diski
Vor drei Jahren, kurz nachdem Michael ausgezogen war, hatten Rachel und Joshua sich auf einer Dinnerparty kennengelernt. Zu ebendiesem Zweck waren sie eingeladen worden. Molly Cassel, eine alte Schulfreundin von Rachel, liebte es, Leute zusammenzubringen, und als sie erfuhr, daß Rachel und Michael sich getrennt hatten, war sie augenblicklich am Telefon.
»Rachel«, hatte Molly geschwärmt, »du mußt unbedingt meinen Freund Joshua kennenlernen.«
»Warum? Ich bin wirklich nicht in der Stimmung, Männerbekanntschaften zu machen. Was ist so besonders an ihm?«
»Naja, er ist ein komischer Kauz. Ungemein clever, aber etwas skurril. Nicht für ‘ne Beziehung geeignet, aber interessant.«
»Hört sich bis jetzt so an, als könnt ich ganz gut ohne ihn leben. Warum ist er nicht für ‘ne Beziehung geeignet? Nicht«, fügte sie rasch hinzu, »daß ich eine Kandidatin für ‘ne feste Bindung wäre.«
»Ach, er bumst ziemlich in der Gegend rum, doch nie mehr als einmal mit derselben. Er verkorkst die Leute regelrecht. Er ist geschieden und hat zwei Kinder, um die er sich rührend kümmert, aber in puncto Frauen ist er ein bißchen komisch.«
»Keine gute Werbung, die du da machst, Molly. Ich brauche keine One-night-stands; ich brauch zur Zeit überhaupt nichts. Und nebenbei, was ist sein Problem mit Frauen?« Sie fragte nicht aus Neugier, sondern einfach nur so.
»Keine Ahnung. Eigentlich ist er mehr ein Freund von Tom. Ich nehme an, er langweilt sich.«
»Ganz ehrlich, Molly, ich habe schon lange keine weniger verlockende Einladung bekommen. Trotzdem vielen Dank, doch ich laß es lieber. Wahrscheinlich kriegt er ihn nicht mehr als einmal hoch. Ein Frauenhasser. Total undersexed.«
»Hm... Sicher hast du recht - mit dem Nicht-mehr-als-einmal-Hochkriegen, mein ich. Aber er ist wirklich ungemein clever, du würdest dich prima mit ihm unterhalten.«
»Nein.«
Drei Wochen später - das besagte Telefongespräch war längst vergessen - hatte Molly sie zum Essen eingeladen. Rachel, die eben ihren derzeitigen Liebhaber, und damit den Rest ihres Gesellschaftslebens, in die Wüste geschickt hatte, nahm die Einladung wenig begeistert an. Sie traf mit Verspätung ein; Molly, Tom und Joshua saßen bereits am Eßtisch und tunkten ihr Brot in den Houmous. Sie warf Molly einen kurzen Seitenblick zu, als sie Joshua vorgestellt wurde, nahm Platz und war gefaßt darauf, wieder mal einen sinnlosen Abend durchstehen zu müssen. Sie grübelte finster darüber nach, was für eine Zeitverschwendung solche Partys doch waren, und wieviel lieber sie ihre Abende alleine in ihrer Wohnung verbrachte. Sie sehnte sich geradezu danach, zu Hause zu sein.
Joshua lächelte sie an. Er richtete einen Strahl blendendweißer Zähne und komplizenhafter Belustigung auf sie; er strahlte sich ihr gleichsam entgegen.
O verdammt, dachte sie, das kennen wir doch. Der Charmeur. Joshua widmete ihr seine ganze und ungeteilte Aufmerksamkeit und lächelte ständig. Seine Fragen kamen Schlag auf Schlag, waren unverschämt persönlich, doch sein blendendweißes Grinsen nahm ihnen die Schärfe. Die Nummer war exzellent inszeniert, doch es war eine, die sie kannte; trotzdem beobachtete sie seine Technik mit einiger Bewunderung. Sie beantwortete seine Fragen so offen, wie sie gestellt wurden, als würde sie interviewt. Sie hatte sich also von ihrem Mann getrennt? Nun ja, sie hätten nie recht gewußt, wie sie sich auf Partys vorstellen sollten - mein Mann, meine Frau hätten sie nur schwer über die Lippen gebracht, und da wären sie zu dem Schluß gekommen, daß mein Ex-Mann usw. einfacher sei. Ihre Beziehung sei sehr herzlich, fügte sie hinzu. Aber weshalb sei es dann zur Trennung gekommen? Nun, sie wären mit der Zeit getrennte Wege gegangen, deshalb wäre es immer schwerer geworden, ein Leben unter einem Dach zu führen, und deshalb hätte Michael eine Wohnung gleich um die Ecke gekauft. Waren sie nicht eifersüchtig auf die Affären des anderen gewesen? Ja und nein, aber meistens nein.
Und so ging es weiter. Immer lächelnd und höflich. Ihre Lebensgeschichte wurde verlangt und bis auf ein paar wesentliche Auslassungen vorgetragen.
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