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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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wichtig, finden Sie nicht?«
    Hildegard lachte kurz und stand auf. »Sie sind ziemlich cool, Frau Nerz …« Da führte die Rektorin ein Gespräch, das sie schon hundertmal mit ihren Rabauken geführt hatte. »Sie sollten nur aufpassen, dass Sie damit nicht auch die Menschen verprellen, die Ihnen wirklich gewogen sind. Und nun wollen wir Janette mal hereinholen, damit Sie zu Ihrem Vieraugengespräch kommen.«
    Sie raschelte an mir vorbei und öffnete die Balkontür, an der Janette von außen bereits vergeblich herumdrück te. Sie stolperte herein, ich huschte hinaus, und hinter mir rastete die Balkontür ein.
    Richard stand, die Unterarme auf das Geländer zwischen Blumenkästen mit Stiefmütterchen gelegt. Die Glut der bis zum Filter niedergerauchten Zigarette zitterte.
    Es war tatsächlich recht kalt für einen im Abendanzug.
    »Darf ich eine bei dir schnorren?«, fragte ich. »Jetzt habe ich meine doch drinnen liegen lassen.«
    Er schnippte seine Kippe weg – sie verglühte wie eine Sternschnuppe im Dunkel –, richtete sich auf, holte sein gelbes Knitterpäckchen aus der Innentasche und schüttel te es, bis ein Filter die anderen überragte. Ich zog die Zigarette heraus und stippte den Deckel vom Zippo. Er schnappte es mir aus der Hand und gab mir Feuer und steckte es dann ein. Der erste Zug war pures Benzin.
    Richard wandte sich wieder dem Geländer zu. Er schwieg gern, wenn es dringend zu reden galt. Vermutlich brauchte die männliche Psyche diese Form von demonstrierter Souveränität in einer Situation, die nicht mehr beherrschbar war.
    Unterhalb des Balkons dunkelte ein Rasenstück, das nach zwei Metern am Zaun zum Nachbarhaus endete. Es war spiegelverkehrt zu diesem gebaut, auch mit Balkon. Links von ihm und spiegelbildlich rechts von unserem lief das Fallrohr der Regenrinne vorbei. Wenn ich mich vorbeugte, konnte ich hinter der Hausecke auf der Straße im Dunkeln Brontës schimmelweißes Dach leuchten sehen.
    »Wo ist eigentlich dein Wagen, Richard?«
    »Er steht am Gasthof Adler in Meidelstetten. Wir haben dort noch was getrunken und uns dann zu einem Spaziergang entschlossen. Es … es war eine schöne Nacht.«
    »Bis ich gekommen bin?«
    »Lisa, könntest du einmal deine Spiegelfechtereien lassen?«
    »Aber du trinkst nicht, Richard, und deiner Freundin Hildegard musstest du doch nicht vormachen, dein bierfarbenes Getränk hätte Alkohol enthalten. Wenn Männer trotzdem ihre Autos zurücklassen, dann sind sie heillos verknallt. Liebt Hildegard romantische Spaziergänge un ter Mond und Sternen?«
    Richard schmunzelte.
    »Außerdem wirfst du bereits meine Geschenke weg.«
    »Wenn du das Feuerzeug meinst … das ist mir –«
    »Du hast es bei Winnie liegen lassen! Und viel hätte nicht gefehlt, und die Witwe hätte es deinem Schatten überreicht.«
    Er zog die Brauen hoch.
    »Kommissar Abele. Er ist dir dicht auf den Fersen. Laut Aussage der Witwe hat er ausführlich danach gefragt, was du heute von Winnie wolltest. Danach soll Winnie den Transporter beladen haben. Und zwar mit Landminen, was Eva hoffentlich nicht wusste, die Polizei aber annehmen muss. Der Transporter ist dann auf der Fahrt mit noch unbekanntem Ziel kurz vor Meidelstetten in die Luft geflogen und hat Eva zur Witwe und drei Kinder und ein künftiges zu Halbwaisen gemacht.«
    »O Gott! Dass ich ihn so … so erschreckt habe! Das war wirklich nicht meine Absicht. Keineswegs! Oje!« Er stöhnte. »Wenn ich gewusst hätte …!«
    »Richard, hast du ihn wirklich nur nach deinem Handy gefragt?«
    Ein Streifenwagen rollte langsam durch den Straßenabschnitt, den man von unserem Balkon aus einsehen konnte. Ich beugte mich vor und sah ihn genau hinter Brontë halten.
    »Oder auch nach AT2-Minen aus Münsingen, die, intern als Schrott und in den Rechenschaftsberichten der Verwaltungs-GmbH als Personaleinsparungen deklariert, voll funktionstüchtig verscherbelt werden?«
    Richard schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Die Türen des Streifenwagens knallten. Ich beugte mich noch einmal vor. Die Uniformierten setzten sich die Mützen auf. Die Beamtin vom Beifahrersitz hielt ein Blatt Papier in der Hand, das zu grau war, um bei Tageslicht weiß zu sein. Ich fuhr zurück und senkte unwillkürlich die Stimme. »Richard, die haben einen Haftbefehl! Verdammt, was läuft hier?«
    »Halt du dich da raus!«
    »Und wo soll ich mich raushalten? Sag es mir, nur damit ich nicht versehentlich hineingerate.«
    »Du weißt, wie ich das meine. Halt die Klappe!« Er

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