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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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dunklen Schluchten des Albtraufs hinein. Ich kramte die Adresse aus meinem Hirn, die Richard auf dem Polizeiposten Trochtelfingen als seinen momentanen Aufenthalt genannt hatte, und wünschte mir einen Navigator, denn in dieser Mischung aus Bauernhausmuseum und Gewerbegebiet war nie mand zu finden, den man fragen konnte, und Janette war momentan nicht fähig, eine Straßenkarte richtig herum zu halten. Nach einiger Irrfahrt erwies es sich, dass die Rektorin im Dreifamilienhaus einer Neubau siedlung wohnte. Allerdings stand Richards Bonzenkar re nicht am Straßenrand. Fast hätte ich deshalb gar nicht geklingelt.
    Nach einer Weile knackste die Gegensprechanlage und eine tiefe Frauenstimme sagte: »Ja?«
    Ich schubste Janette vor.
    »Janette Bayer«, sagte sie. »Tschulligen Sie die Störung, aber dürften wir mal kurz raufkommen?«
    Glücklicherweise störte sich Hildegard Obermann nicht an Janettes undeutlicher Artikulation. Sie war trotz vorgerückter Stunde in elegantem Zustand. Brombeerfarben das Tweedkostüm mit kurzem Jäckchen, Gold und Perlen auf der violetten Bluse, gefärbtes dunkelblondes Haar, scharfe graublaue Augen, eine moderne Brille, Anfang oder Mitte fünfzig.
    »Das ist meine Freundin Lisa Nerz«, stellte Janette mich vor. »Wir kommen gerade von Eva Müller, ich weiß nicht, ob Sie die kennen, deren Mann ist heute Abend bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen und –«
    »Das tut mir Leid«, sagte Obermann mit lindem Stirnrunzeln. »Kommen Sie erst einmal herein, Frau Bayer und Frau Nerz …« Sie streckte mir die Hand hin. »Freut mich, dass wir uns endlich kennen lernen. Sie wollen wahrscheinlich mit Richard sprechen. Wir sind auch gerade erst heimgekommen. Wir waren in Stuttgart in einem Konzert und dann noch in Meidelstetten etwas trinken.«
    »Freut mich auch«, sagte ich, »eine langjährige und offensichtlich gute Freundin von Richard kennen zu lernen.«
    »Wie?«, fuhr Janette auf. »Ihr kennt euch?«
    »Nein«, sagte ich. »Wir lernen uns gerade kennen.«
    Obermann führte uns ins Wohnzimmer der Drei- oder womöglich nur Zweizimmerwohnung. Bücher an allen Wänden, ein Klavier, eine meterlange Sammlung von CDs klassischen Zuschnitts.
    Richard hatte sich bereits aus seinem Sessel erhoben und überprüfte den Sitz seiner graublausilbern gestreiften Krawatte. Er steckte in einem blauschwarzen Abendan zug mit farblich darauf abgestimmtem graublauem Seidenhemd. »Guten Abend«, sagte er und deutete eine Verbeugung an. »Janette, Lisa.«
    »Bitte setzen Sie sich doch!«, sagte Hildegard Obermann herzlicher. »Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?« Auf dem Couchtisch stand eine Flasche Rotwein zwischen einem halb vollen Weinkelch und einem schlanken Glas reinen Wassers.
    »Hm, ja, ein Gläschen vielleicht«, antwortete Janette.
    Richard zog die Brauen zusammen.
    »Mir nicht, danke, ich muss noch fahren«, erklärte ich. »Vielleicht ein …« Ich ließ mich von Richards Getränk inspirieren. »Ein Glas Wasser.«
    »Schön haben Sie es hier!«, sagte Janette, ließ sich in die Couch fallen und folgte mit durstigen Augen Hildegard, die aus einem Schrank ein Weinglas nahm und dann in der Küche eine Flasche Mineralwasser aufschraubte.
    Richard stand immer noch, ganz Kavalier. Er pflegte umso formeller zu sein, je weniger formell die Situation gewesen sein mochte, in der wir ihn überrascht hatten.
    »Bitte setzen Sie sich doch, Frau Nerz.« Hildegard Obermanns Augen zuckten beim Irrweg ihres Blicks über mein Gesicht. »Sie werden lachen, wie oft ich in den letzten Tagen Ihren Namen gehört habe. Und nicht nur von Richard.«
    Er sprach mit ihr über mich? Das gefiel mir nicht.
    »Unseren Bodo Schreckle haben Sie jedenfalls mit fliegenden Fahnen erobert, scheint mir.« Sie lachte kel lertief.
    Ich setzte mich, damit endlich auch Richard wieder Platz nehmen konnte. Obermann ließ sich auf dem Sofa nieder, ein Sitzkissen zwischen sich und Janette.
    »Fast könnte ich eifersüchtig auf Sie werden«, fuhr sie fort. »Seit Jahren bemühe ich mich, Bodo Schreckle aus der Reserve zu locken, und Sie haben – heißt es – sogar Kaffee bei ihm getrunken. Ja, so etwas spricht sich schnell herum. Er soll ja eine beeindruckende Sammlung an Ammoniten besitzen, erzählt man sich.«
    »Das stimmt, die hat er.«
    »Aber mir nimmt er es übel, dass nicht er vor acht Jahren Rektor geworden ist, sondern dass sie mich hierher schickten. Aber ich schätze mich glücklich, dass wir ihn haben. Die Kinder mögen

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