Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
wurde vollends steinern; er konnte förmlich sehen, wie sie sich innerlich auf eine sehr unangenehme Mitteilung vorbereitete.
»Ich weiß nicht, wie es Leandra geschafft hat, wieder gesund zu werden«, begann er in dem Versuch, das, was er nun sagen musste, in mildere Worte zu kleiden. »Jedenfalls ist sie offenbar wieder so stark, dass sie gegen Chast zieht. Und dass sie hierher kommt, nach Savalgor. Sie wurde in einen Kampf verwickelt und tötete dabei einen der mächtigsten Kampfmagier der Bruderschaft. Sein Name war Usbalor. Kanntest du ihn?«
Roya schluckte. »Usbalor? Die rechte Hand von Chast?«
Valerian nickte stumm.
»Und ...? Ist er ...?«
Valerian winkte ab. »Nein, natürlich nicht. Um ihn wird sicher keiner von uns beiden trauern. Ich ...« Er unterbrach sich und suchte nach Worten. »Nun, weißt du, Hellami war bei Leandra. Sie waren zusammen unterwegs. Hierher nach Savalgor.«
Roya wurde blass. »Hellami ...?«, hauchte sie.
Valerian senkte den Blick.
»Du meinst ... Hellami ist etwas passiert?«
Er sah auf. Sein Gesicht spiegelte ein Elend, das nicht geringer war als das von Roya. »Ja. Sie ist tot. Sie kam bei dem Kampf ums Leben. Ein Pfeil traf sie. Das habe ich ebenfalls bei Chast erfahren.«
Roya starrte ihn an. Sie schien nicht glauben zu wollen, was er soeben gesagt hatte.
Er erhob sich. »Glaub mir - es trifft mich genauso wie dich. Ich ...«
Die Tränen, die sich unvermittelt in seinen Augen gesammelt hatten, schienen ihr zu bestätigen, dass er die Wahrheit sprach. Sie sank plötzlich an der Wand zusammen. Auf dem Boden sitzend, vergrub sie das Gesicht unter den Armen.
Valerian wusste nicht, was er tun sollte. Am liebsten hätte er sie tröstend in die Arme genommen, aber das wagte er in diesem Augenblick nicht. Erst nach einer Weile vernahm er ihr Schluchzen. Er wusste nicht, ob sie ihn zurückstoßen würde, aber er entschied, es darauf ankommen zu lassen. Langsam ging er zu ihr, ließ sich vorsichtig an der Wand neben ihr nieder und legte seine Hand beruhigend auf ihre Schulter.
Sie sträubte sich nicht, näherte sich ihm aber auch nicht. Nach einer Weile blickte sie auf. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt und tränenüberströmt. »Bist du sicher? Ich meine ... ist sie wirklich tot?«
Valerian schüttelte den Kopf. »Genau weiß ich es natürlich nicht. Aber soweit ich erfahren habe, hat der Mann, der sie tötete, den Kampf überlebt und ist hier. Er selbst hat es berichtet.«
Roya ließ den Kopf wieder sinken.
Es dauerte lange, bis sie sich wieder gefasst hatte.
Aber ihre Reaktion auf die Nachricht von Hellamis Tod bestand darin, Valerians Aussagen und Behauptungen abermals in glühenden Zweifel zu ziehen. Sie hatte seine tröstende Hand abgestreift und innerhalb des Raumes die größtmögliche Entfernung zu ihm gesucht. Sie saß auf einem Hocker an der anderen Wand, und es gelang ihr fabelhaft, ihn in eine Stimmung zu versetzen, als befinde er sich in einem Verhör der Duuma.
»Woher kanntest du Hellami überhaupt?«, fragte sie scharf. »Wenn du um sie weinst, dann musst du sie auch näher gekannt haben, oder?«
»Wie ich schon sagte - ich war in Minoor«, erklärte er ruhig. »Nachdem ich Angadoor verlassen hatte, wanderte ich einen Monat ziellos umher. Es war der Monat, als die Ausgangssperren verhängt wurden. Ich landete in eurem Dorf. Leandra hatte mir erzählt, dass ihre Freundin Hellami in Minoor lebte. Auch deinen Namen erwähnte sie ein paar Mal. Als ich dann aber dorthin kam und Hellami kennen lernte, warst du nicht da.«
Roya musterte ihn mit kaltem Blick.
»Das kann gar nicht sein«, stieß sie hervor. Ihr Gesicht war noch immer blass und von Tränen gerötet. »Wie lange warst du in Minoor?«
»Etwa eine Woche.«
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Da hättest du mich sehen müssen. Und ich dich. Ich glaube dir nicht.«
Er probierte es mit einem Lächeln. »An ein so hübsches Mädchen würde ich mich erinnern.«
Die Quittung war ein giftiger Blick, nicht mehr.
»Ich bin nie länger aus Minoor fort gewesen!«, sagte sie fest. »Du lügst!«
»Aber Roya ...!«
Sie fuhr in die Höhe. »Weißt du, was ich glaube?«, rief sie. »Dass du einer von Chasts Leuten bist! Dass er rausgekriegt hat, wer ich bin, und dass er dich beauftragt hat, mich einzuwickeln! Mit dieser Nachricht von Hellamis angeblichem Tod sollst du mich nur ...«
Er hob die Arme. »Was?«, fragte er. »Wozu sollte das dienen? Um dir Angst zu machen? Glaubst du, dass Chast dich
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