Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
es stimmt, was Ihr da sagt ...«
Valerian verzog das Gesicht. »Nun hör endlich auf, mich mit ›Ihr‹ anzureden. Willst du mir den Gefallen tun? Sag einfach Valerian zu mir!«
Sie nickte nur leicht, ihr Gesicht blieb jedoch ernst.
»... also angenommen«, fuhr sie fort, »... .ihr ... du ... sagst die Wahrheit. Was tust du dann hier? Warum bist du nicht bei ihr?«
Er hob unschuldig die Schultern. »Ich habe mich eingeschlichen. Ich wollte für Leandra Rache üben.«
»Rache - für Leandra?« Roya schüttelte den Kopf. »Langsam verstehe ich gar nichts mehr. Ich dachte, sie lebt noch!«
Valerian hob die Hände. »Ja, natürlich, das stimmt. Aber bis vor einer Stunde dachte ich selbst noch, sie wäre tot. Ich ...«
Er sah, wie sich Roya wieder verkrampfte. Irgendwas in ihrem Gesicht sagte ihm, dass sie gleich wieder eine Magie wirken würde. Kein Wunder - das, was er von sich gab, machte so wenig Sinn, dass ihr Misstrauen nur allzu verständlich war. Alarmiert erhob er sich.
»Roya - bitte!«, rief er flehentlich. »Gib mir noch eine Minute! Ich kann dir alles erklären!«
Er hatte offenbar Glück, denn nichts geschah. Er glaubte zu spüren, dass sie irgendetwas mit Magie tat, denn er vermochte das Trivocum zu beobachten, auch wenn er selbst nicht in der Lage war, Magie zu wirken. Aber sie griff ihn nicht wieder an.
»Also gut«, sagte sie. Eine leise Drohung lag dennoch in ihrer Stimme.
Valerian atmete ein wenig auf. Nach allem, was er bisher durchgemacht hatte, zählte ein Angriff mit Magie nicht gerade zu den Dingen, die er schätzte. Nein, im Gegenteil. Ganz egal, wie gering oder ungefährlich die Magie auch sein mochte. Ein Nichtmagier war solchen Dingen schutzlos ausgeliefert und allein die Bedrohung durch Magie vermochte Valerian sehr fahrig zu machen. Er setzte sich wieder.
»Also, es ist so: Als ich Leandra damals wieder nach Angadoor brachte, war sie ... nun, halb tot, könnte man sagen. Vom Hals an abwärts gelähmt.« Mit der Hand am Kinn verdeutlichte er, was er meinte. »Sie siechte förmlich dahin. Eines Tages bat sie mich, Angadoor zu verlassen. Ich sträubte mich, aber sie gab nicht nach. Sie sagte, sie wolle sich darauf konzentrieren, genügend zu lernen, sodass sie sich mit Hilfe ihrer Magie wieder auf die Beine helfen könne. Aber ich war sicher, dass sie mir nur ersparen wollte, sie sterben zu sehen.«
Er betrachtete Roya, konnte aber von ihrem stummen Gesicht nichts ablesen.
»Ich ging dann schließlich doch«, fuhr mit entschuldigendem Schulterzucken fort. »Vielleicht hätte ich es nicht tun sollen. Ich war zu dieser Zeit völlig erledigt.
Ich liebte sie mehr als alles andere auf der Welt, und ich wusste nicht, wie ich es ertragen sollte, wenn sie wirklich stürbe. Ich ging, weil ich dachte, dass sie spürte, wie es mit ihr zu Ende ging. Ich dachte, sie wolle nicht, dass ich es mit ansah, und ich wollte ihren Wunsch respektieren.« Er senkte den Blick. »Vielleicht ... hatte ich auch nicht den Mut dazubleiben.«
Für einige Momente herrschte Schweigen. »Und ... in Wahrheit überlebte sie?«, fragte Roya. Ihre Stimme schien einen Hauch von Mitgefühl auszudrücken, und das erleichterte Valerian.
Er nickte. »Ja. Aber das habe ich vorhin erst erfahren - vor kaum mehr als einer Stunde. Ich habe diese Frage immer verdrängt - wohl weil ich innerlich überzeugt war, dass sie tatsächlich tot sein müsste.«
»Und ... wie hast du es erfahren? Dass sie noch lebt?«
Valerian lächelte bitter. »Von der einzigen Person, der ich in dieser Frage vollständig vertraue. Von Chast selbst!«
Roya erwiderte nichts, sie beobachtete ihn nur.
»Es gibt wohl niemanden«, sagte Valerian, »der sie lieber los wäre als er. Wenn ausgerechnet Chast behauptet, dass sie noch lebt, dann können wir sicher sein, dass es stimmt.«
Das Wort wir, das Valerian gebraucht hatte, ließ Royas Züge sofort wieder verhärten. Er spürte, dass er einen winzigen Schritt zu weit gegangen war. Nein, sie hatte ihn noch lange nicht als ihrer Seite zugehörig anerkannt, und er musste aufpassen, dass er sie nicht durch solche vertraulichen Vorstöße wieder von sich entfernte.
Plötzlich wurden seine Gedanken dumpf und kalt. Er begann mit einem Stift auf seinem Schreibtisch zu spielen. Roya merkte, dass sich seine Gemütsverfassung plötzlich getrübt hatte.
»Was ist?«, fragte sie.
Er holte tief Luft. »Leider gibt es auch eine sehr traurige Nachricht. Ich wünschte, ich könnte sie dir ersparen.«
Ihre Miene
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