Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
einmal so viele - oder ein paar mehr - im Rest der Höhlenwelt. Aber das war mehr als bescheiden.
Victor hätte den Drachenmeistern so manches zu diesen Tieren sagen können, denn er wusste einiges über die Drachen - wovon hier allerdings niemand etwas ahnte. Bei seiner Reise mit Leandra nach Unifar waren sie auf den Rücken der Drachen der Grauautsippe geflogen und hatten später sogar gemeinsam mit ihnen gegen die Bruderschaft von Yoor gekämpft. Eine Sache, die innerhalb der letzten Jahrhunderte wohl einzigartig gewesen sein dürfte. Er bewunderte die unbändige Kraft und die sagenhaften Flugfähigkeiten dieser wunderschönen Tiere und er wusste, dass sie weitaus intelligenter waren, als die meisten Menschen glaubten.
Er starrte gedankenverloren in die Höhe, als ihm eine glatte Fläche auffiel, die er nach kurzer Zeit als eine riesige, dunkel-metallene Platte erkannte. Sie befand sich hoch über seinem Kopf, schräg oben in der Höhlung des Drachenhorstes, und sie war so gewaltig, dass man einen kleinen Marktplatz damit hätte verdecken können. Sie war annähernd quadratisch und das Metall war dunkelbraun und matt - offenbar befand sich die Platte schon seit Jahrhunderten oder noch länger an diesem Ort. Victor fühlte sich an den geheimnisvollen Wasserkraft-Aufzug mit der Kettengondel erinnert und an die riesigen Apparaturen in dem unterseeischen Tunnel zwischen Torgard und dem Palast. Er vermutete, dass dieses riesige Ding da oben wohl ebenfalls von den alten Baumeistern von Torgard stammte. Er fragte sich, welchem Zweck diese Platte wohl diente und wie man ein so gewaltiges Ding schmiedete und anschließend dort hinauf bekam.
Schließlich kamen die beiden Männer herbei; ein rundlicher, glatzköpfiger Mann mit einer großen Lederschürze und ein sehr breit gebauter Bursche mit vierschrötigem Aussehen. Der kleine stellte sich als Peet vor, seines Zeichens Drachenmeister.
»Wir warten noch auf unseren Drachenflieger«, erklärte Victor.
»Das bin ich«, meldete sich der große Mann mit grollender Stimme. Er baute sich vor Victor auf und maß ihn mit finsteren Blicken.
Na wundervoll, gratulierte sich Victor. Ein Aufpasser, wie er im Buche steht. Grob, gemein und wahrscheinlich ein echtes Kampfschwein. Victor sah gleich, dass es sich bei diesem Kerl nicht um einen Künstler in Sachen Magie handeln konnte. Vermutlich hatte man ihm ein paar üble Kampfmagien beigebracht, die er endlos geübt hatte. Sicher konnte er mit seinen rohen Kräften eine Kirche zum Einsturz bringen - aber bei der Heilung einer Verletzung würde er kläglich versagen. Ein Wunder, dass dieser Kerl gleichzeitig Drachenflieger war. Victor hätte eher einen feinsinnigen Menschen mit Verstand und Gefühl erwartet.
Peet, der Drachenmeister, kratzte sich am Kinn. »Dann seid ihr insgesamt ja nur ... drei Leute!«, stellte er fest.
Victor nickte.
Peet verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wozu braucht ihr dann einen Sonnendrachen? Der kann über zwanzig Leute befördern!«
»Habt ihr denn noch andere?«, fragte Victor.
»Sag ich doch!«, raunte der große Magier. »Gib uns den kleinen Felsdrachen, der vorhin angekommen ist. Der ist ohnehin schneller.«
Peet warf ihm einen Seitenblick zu. »Ich weiß nicht, Scolar. Hab keine Ahnung, wo der Drache herstammt. Er trägt keine Marke. Ich muss erst fragen, was das für ein Tier ist.«
»Ihr ... habt Felsdrachen?«, fragte Victor verwundert.
Der große Kerl, offenbar Scolar mit Namen, winkte heftig ab. »Wen kümmert das schon! Dass er hierher geflogen ist, sagt doch genug. Er muss von hier sein. Und dieser Sonnendrache ist noch immer nicht da!«
Victor erinnerte sich an die Felsdrachen, mit denen er geflogen war, und mischte sich ein. »Ja, gib uns den Felsdrachen! Wir haben es eilig. Wer weiß, wann der Sonnendrache endlich ankommt.«
Peet peilte hinaus in die Lüfte. Unter ihnen lag glitzernd das Meer, und weit draußen ragte eine lange Reihe gewaltiger Stützpfeiler im milchigen Dunst des Nachmittags zum Felsenhimmel auf. Von einem Sonnendrachen war nichts zu sehen.
Peet zuckte mit den Achseln. »Also gut, ihr sollt ihn haben. Wenn er eigentlich gar nicht hier sein dürfte, dann kann er nachher auch nicht fehlen. Ihr bringt ihn ja eh wieder zurück, oder?«
Victor nickte eifrig. »Ja, spätestens in sechs Tagen.«
Peet ging davon, verschwand hinter einer Tür und einige Minuten später öffneten zwei Männer eines der großen Holztore. Ein grauer Felsdrache kam zum Vorschein.
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