Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Titel: Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
Vom Netzwerk:
Roya wich angstvoll ein paar Schritte zurück.
    Sie war noch nie zuvor einem Drachen so nahe gewesen, geschweige denn mit einem geflogen. Das Tier war groß, viel größer als sie gedacht hatte. Obwohl er nur einer der mittelgroßen Drachenarten angehörte.
    Das Laufen schien nicht die Stärke der Drachen zu sein, denn er kam in ulkigem Watschelgang aus dem Stall heraus, von Peet an einer langen Lederleine geführt. Roya spürte sofort, dass der Drache mit Hilfe einer Magie, die man Mentaler Block nannte, gefügig gemacht worden war. Andernfalls hätte er sich wahrscheinlich sofort hinauf in die Lüfte gestürzt und wäre auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
    Sie holte tief Luft, als Peet mit dem Tier näher kam.
    Der Drache war ein reines Bündel aus Muskeln und Sehnen, seine unbändige Kraft war spürbar wie eine Aura, die er mit sich trug. Die gewaltigen ledernen Schwingen hatte er halb geöffnet und Roya wurde ein bisschen flau vor Angst. Dieses Tier würde sie alle mit einem einzigen Streich einer seiner Schwingen in Fetzen hauen können. Die Muskelstränge an seinem Brustkorb und an den Flügelansätzen waren geradezu beängstigend, und der lange, s-förmig gebogene Hals wirkte wie eine Feder aus Stahl, die unter Spannung stand, bereit herabzuschnellen, damit das Tier mit seinem langen, knöchernen Maul sein Opfer fassen konnte.
    Aber dennoch - trotz seines wilden, ungezähmten Aussehens wirkte der Drache nicht wie ein Wesen, das auf Kampf erpicht war. Der Stolz in seiner Haltung und die tiefschwarzen Augen seines lang gestreckten Schädels strahlten etwas Überlegenes aus - etwas, das jenseits von Kampf und Krieg stand. Ja, es war ein schönes und stolzes Tier, und Roya empfand plötzlich Bedauern darüber, dass man es mit Hilfe von Magie zu Diensten zwang, die nicht seiner Natur entsprachen.
    »Ein schönes Tier!«, sagte Peet stolz und sah zu dem Drachen auf. »Bringt es mir heil wieder!«
    Dann bemerkte Roya, dass der Drache so etwas wie einen Sattel trug. Mit Riemen war auf seinem breiten Rücken eine Vorrichtung befestigt, die teils aus Leder, teils aus beweglichen, miteinander verbundenen Holzstücken bestand. Dieser ›Sattel‹ war in den Hornkamm eingepasst, der vom Kopf des Drachen bis zu seiner Schwanzspitze verlief. Er schien dafür gedacht zu sein, sicheren Halt auf dem Rücken des Tieres zu verschaffen.
    Das Nächste, was Roya spürte, bereitete ihr beinahe Übelkeit. Es war Scolar, dieser Widerling, der dem Drachen auf magischem Wege einen weiteren Mentalen Block ins Hirn trieb, so brutal, dass das Tier gepeinigt aufbrüllte. Augenblicke später war der Drache vollkommen ruhig. Der Glanz seiner Augen war gebrochen und er kauerte leise zitternd am Boden. Scolar winkte sie herbei. »Es geht los!«, rief er.
    Peet legte eine kleine Holzleiter an den Sattel an und Scolar erklomm den Drachenrücken. Mit einem wilden Gemisch widersprechender Gefühle stieg Roya hinter Victor auf den Rücken des Drachen hinauf. Sie verspürte Angst vor dem riesigen Tier, gespannte Neugier auf den Flug und unsägliche Abscheu vor Scolar, diesem Vieh von einem Drachenflieger. Sie erinnerte sich daran, dass sie diesen Mann loswerden mussten, und sagte sich, dass sich der Verlust für die Allgemeinheit wohl sehr in Grenzen hielt, wenn es ihnen gelang.
    Victor half ihr, als sie auf einem der vier Sitze des Sattels Platz nahm. Es gab noch einen fünften - weiter vorn, auf dem zum Glück Scolar Platz genommen hatte. So waren sie von diesem Widerling zumindest während des Fluges möglichst weit entfernt.
    Vom Kopf bis zur Schwanzspitze mochte der Drache vierundzwanzig Ellen messen - die Flügelspannweite war wohl ebenso groß. Roya registrierte erstaunt, dass das Tier metallisch roch, wie nach heißem Kupfer, das in einer Schmiede frisch verarbeitet worden war.
    Und dann, fast ohne Vorwarnung, ging der höllische Ritt schon los. Scolar schien es egal zu sein, ob sich seine beiden Fluggäste hinreichend gesichert hatten. Nach einem kurzen Blick nach hinten und dem Ruf: »Festhalten! Wir fliegen los!« lockerte er den Mentalen Block des Drachen und sandte ihm gleichzeitig einen Befehl - offenbar den zum Losfliegen.
    Fast ansatzlos sprang der Drache mehr als zehn Schritt hoch in die Luft, entfaltete seine Schwingen und schoss Sekunden später mit beängstigender Geschwindigkeit in die Luft. Roya schrie entsetzt auf und krallte sich verzweifelt an der Lederschlaufe ihres Sitzes fest. Bis sie aber ihren Schreck überwunden hatte,

Weitere Kostenlose Bücher