Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
bringen, uns den Pakt, seine kleine Roya und zuletzt sich selbst mit besten Empfehlungen auszuliefern!«
Quendras rümpfte die Nase. »Den Braten wird er riechen. Wir wissen alle, dass er nicht dumm ist!« Sein bedeutungsvoller Seitenblick traf Rasnor, der mit bebenden Nasenflügeln dastand. »Er wird wissen«, fuhr Quendras fort, »dass diese Leandra verloren ist, ob er uns den Pakt nun aushändigt oder nicht.«
Chast grinste breit, trat zu seinem Magister und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Du unterschätzt die Macht der Liebe, mein Guter!«, sagte er mit bedauerndem Unterton in der Stimme. »Ich habe die beiden damals, in Unifar, in heftigster Umarmung miteinander erwischt. In einem Kellerverlies im Tempel von Yoor, wo dieser Victor gefangen war. Sie war offenbar gerade dabei, ihn zu befreien - allerdings auf eine sehr ungewöhnliche Weise. Als ich herein kam, war er noch immer völlig nackt. Der Felsenhimmel weiß, wie die beiden in diesem Augenblick auf die Idee kamen, es miteinander treiben zu müssen!« Er stieß ein spöttisches Lachen aus.
»Wie dem auch sei«, fuhr er fort, »die beiden würden füreinander sterben.« Er nickte grimmig. »Und genau das werden sie auch tun!«
Alle starrten Chast an, und in den Gesichtern war abzulesen, dass man den Worten des Meisters letztlich doch traute. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis sie endlich diesen unangenehmen Störfaktor aus der Welt geschafft hatten. Und danach würden sie ohne Zweifel auch die Mittel besitzen, mit den Drakken fertig werden zu können.
»Rasnor!«, sagte Chast. »Du nimmst dir drei oder vier schnelle Drachen, ein Dutzend deiner fähigsten Leute und machst dich auf den Weg nach Palimbaan. Wir werden sicher gehen und versuchen, diese beiden Verräter Victor und Roya zu erwischen. Auch ohne die Adeptin in unserer Gewalt zu haben!«
Rasnors Augen begannen zu leuchten. Es war ihm leicht anzusehen, dass ihn die Aussicht, mit Victor abrechnen zu können, in Begeisterung versetzte.
»Aber lass ihm einen Vorsprung!«, fuhr Chast fort und hob einen Finger. »Er muss zuerst diesen Pakt finden! Ich vertraue auf dein Fingerspitzengefühl! Schlage erst zu, wenn du sicher bist, dass er den Pakt bei sich hat. Nimm notfalls dieses Mädchen als Geisel und setze ihn unter Druck!«
Rasnor nickte eifrig. »Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Hoher Meister!«
»Gut. Dann an die Arbeit! Karras, du kommst später zu mir, damit wir den Plan vervollständigen können und diese Leandra todsicher erwischen.«
Karras raunte eine Bestätigung.
Chast nickte befriedigt. »Wir sehen uns später.« Er wandte sich um und verließ den Raum. Dann machte er sich auf den langen Weg nach oben zu seinen Arbeitsräumen.
Unterwegs holte ihn Magister Quendras ein.
»Ist das nicht dennoch gefährlich, Hoher Meister?«, fragte Quendras. »Warum habt Ihr diesen Victor mit dem Mädchen gehen lassen, wenn Ihr doch wusstet, dass sie beide Verräter sind?«
Chast, der zügig durch die dunklen Gänge im untersten Stockwerk von Torgard schritt, verlangsamte sein Tempo ein wenig und warf Quendras einen prüfenden Seitenblick zu. Seine Laune war in Wirklichkeit längst nicht so gut und zuversichtlich, wie er sie eben noch zur Schau getragen hatte.
»Ich muss zugeben«, räumte er mit leiser Stimme ein, »dass ich und Karras glaubten, dieser Victor habe tatsächlich einen Hinweis gefunden, dass sich der Pakt in Hegmafor befinde. Verflucht soll er sein! Der Bursche ist verdammt gerissen.«
Quendras lief schweigend neben seinem Meister her. Wiewohl es ihn erstaunte, dass Chast sich hatte täuschen lassen und es auch noch offen zugab, enthielt er sich jeglicher Bemerkung.
»Er trug seine Forderung, nach Hegmafor fliegen zu wollen, mit äußerstem Nachdruck vor. Ich wusste, dass er mich täuschen wollte, aber ich kam nicht auf den Gedanken, dass er in Wahrheit an einen ganz anderen Ort wollte. Ich nahm an, er würde damit gerechnet haben, dass ich ihm einen Aufpasser mitgab.«
Quendras' Stimme war kalt und sachlich. »Sollten wir doch nicht lieber mit unseren eigenen Leuten nach dem Pakt suchen?«
Chast schüttelte den Kopf. »Nein, wir lassen es so, wie es ist. Victor hat mehrfach bewiesen, dass er in seinem Bereich geradezu unvergleichlich ist. Als Skriptor ist er vermutlich besser als irgendjemand sonst bei uns. Ich glaube, wenn jemand diesen Pakt schnell finden kann, dann ist er es. Obwohl ich nicht weiß, wie er so sicher sein kann, dass sich der Pakt in
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