Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
das machten. Sein neuer Gast war noch größer als der LiinMar und er trug eine Art Halb-Rüstung, die in einer seltsam dunklen, türkisblauen Farbe schimmerte. Seine schuppige Haut und die Horngrate, die sich überall an seinen Armen, Beinen und seinem Kopf befanden, glänzten braunschwarz im Licht der Kerze.
Chast wartete noch einen Augenblick, um die Wirkung seiner unvermittelten Gegenwart zu verstärken. Der Drakken hatte ihn offenbar noch nicht bemerkt.
»Was willst du, Echsengesicht?«, rief er plötzlich, schnellte aus seinem Sessel hoch und trat ein paar Schritte auf den Drakken zu.
Das Echsenwesen fuhr überrascht herum und blitzte ihn gefährlich an. Obwohl ihn diese Wesen inzwischen nicht mehr sonderlich zu erschrecken vermochten, war dieser Drakken, der nun vor ihm stand, ein besonders bedrohliches und widerwärtiges Exemplar. Er war übergroß und so massig, dass ihm zuzutrauen war, eine der Felswände einzudrücken, wenn ihm nicht danach war, den Raum durch die Tür zu verlassen.
Die kalten Augen des Wesens blitzten auf. »Du hast den LiinMar getötet!« Die Stimme des Wesens war erstaunlicherweise sehr viel besser moduliert als die des LiinMar.
Chast nickte kalt. »Ja, das habe ich. Und ich kann auch dich töten, du Bestie. Schneller, als du irgendeine Waffe gebrauchen kannst.«
»Wenn du mich tötest, wird der Antikryptus ausgelöst.«
Chast versuchte sich klarzumachen, dass er jedes dieser Wesen auf der Stelle mit seiner Magie zermalmen konnte. Sein Verstand wusste, dass er die Macht dazu besaß, aber vom Gefühl her wollte er es nicht so recht glauben. Plötzlich überkam ihn das dringende Bedürfnis, diesen Ort so schnell als möglich zu verlassen. Er mochte es sich selbst nicht eingestehen, aber zwischen den Schüben seiner Wut stach noch ein anderes Gefühl hervor - Angst.
Er versuchte sich zusammenzunehmen, seine Unruhe nicht durchscheinen zu lassen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. »Nein, das wird er nicht! Ihr wollt die Magie und das Wissen über die Magie! Die Magie ist euch wichtiger als der LiinMar oder als du selbst oder sonst wer, der kommen könnte, um mich zu bedrohen. Ihr braucht einen Verbündeten unter uns, denn ohne einen Verbündeten bleibt euch nichts übrig, als alle Magier dieser Welt zu vernichten. Wir sind zu stark für euch. Hier, in dieser Welt, könnt ihr uns weder wirklich besiegen noch unterdrücken. Deswegen werdet ihr den Antikryptus niemals anwenden!«
»Du unterschätzt uns«, sagte das Wesen. »Wenn wir das, was wir wollen, nicht bekommen, dann vernichten wir es.«
Chast versteifte sich. Er schalt sich einen Narren, dass er ein solches Verhalten nicht in seine Überlegungen mit einbezogen hatte. Ja, natürlich - skrupellose Kreaturen wie die Drakken waren zu so etwas in der Lage. Er selbst war es ja ebenfalls. Wie oft schon hatte er das zerstört, was er nicht beherrschen konnte. Im Augenblick stand er kurz davor, das mit der gesamten Stadt Savalgor zu tun.
»Verschone mich mit diesen dummen Reden, du Scheusal!«, presste er hervor. »Glaubst du, ich habe nicht erkannt, welche Bedeutung die Magie für euch hat? So leicht bringt ihr uns nicht um. Und jetzt verschwinde - ich habe zu tun!« Damit wandte er sich um, ließ den Drakken einfach stehen und verließ den Raum.
Als er draußen war, ging er noch ein paar Schritte und blieb dann stehen. Er ballte die Fäuste und biss die Zähne so fest aufeinander, dass er spürte, dass links im Mund irgendwo ein Zahngrat absplitterte.
Es wusste nicht, ob es ihm gelungen war, dem Drakken vorzuspielen, dass er derjenige war, der den Ton angab. Seine wahre Stimmung war ganz anderer Natur. Er hatte das Gefühl, dass ihm langsam alles entglitt, und die Überlegung, die er noch vor kaum einer Minute angestellt hatte, als er vor dem Drakken stand, begann Besitz von ihm zu ergreifen. Er war dabei, unter all dem Druck in eine Stimmung zu geraten, die der berüchtigten Laune Sardins gleichkam. Die Drohung dieser Bestien war vollkommen ernst zu nehmen - dass sie vernichteten, was sie nicht haben konnten. Zählte man nun noch den Aufstand in Savalgor, das Entwischen von Leandra, die Schwierigkeiten mit Alina und die Ohnmacht, an den Pakt zu gelangen, hinzu, dann standen er und seine Bruderschaft kurz vor dem Scheitern. Nach allem, was er über die Wege des Schicksals wusste, würde es auch dazu kommen. Einfach alles wandte sich im Moment gegen ihn, und dass sich trotzdem noch wirklich alles zum
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