Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
staubig, sein Haar verfilzt und er hatte ein Bad nötig.
Nur zögernd nahmen die Anwesenden wieder ihr Frühstück auf. Die seltsame Stimmung wollte nicht recht weichen, es war zu spüren, dass an diesem Ort zwei Welten aufeinander trafen - die der Bruderschaft und die der Cambrier. Zwei bis aufs Blut verfeindete Seiten. Dass Quendras sie wirklich gewechselt hatte, musste er erst noch beweisen. Diese Forderung stand, greifbar wie in Stein gemeißelt, in der Luft.
»Wie geht es dir?«, wollte Victor wissen.
»Besser. Dank Roya.«
Victor warf ihr einen Blick zu; einen wissenden Blick, denn ihm war klar, dass sie es nicht allein geschafft hatte. Sardin musste ihr geholfen haben. Doch aus Gründen, die Victor selbst nicht gar klar waren, hieß er es nicht wirklich für gut. Er war zwar selbst bei Sardin gewesen, um dessen Hilfe zu erbitten, hatte sie aber nicht erhalten. Irgendetwas störte ihn daran, dass diese Hilfe nun doch gekommen war. Es ging nicht um Roya... nein... Victor nickte sich innerlich zu. Ja - es war die Tatsache der Bruderhilfe. Sardin hatte letztlich einem von seinen eigenen Leuten geholfen.
Victor spitzte nachdenklich die Lippen. Was bei dieser Hilfe wohl sonst noch geschehen war? Hatte Sardin etwa seinen alten Anhänger wieder auf seine Seite eingeschworen? Quendras zum Spion oder Saboteur der dunklen Seite gemacht? Es mochte sein, dass Sardin aus Royas Verzweiflung und ihrem Wunsch, Quendras zu helfen, einen Nutzen gezogen hatte. Vielleicht war sie nicht so aufmerksam und misstrauisch wie Victor gewesen, und Sardin hatte die Gelegenheit genutzt, sich Quendras wieder zurechtzubiegen. Victor nahm sich vor, den Magister sehr aufmerksam zu beobachten.
»Du hast uns gerettet«, stellte er trocken fest.
Quendras lächelte und hob beide Hände. »Nicht doch. Nicht so viel Dankbarkeit auf einmal!«
Victor verzog das Gesicht und spürte, wie Leandra ihn knuffte. Er schnaufte und widmete sich seinem Brot und seinem Tee. Es war ihm unmöglich, Quendras so übergangslos zu seinem Freund zu erklären. Es stimmte schon, ohne ihn würde er wahrscheinlich nicht mehr leben, aber er hatte einfach zu viele Erinnerungen an diesen stets grimmig dreinschauenden Magister, den ehemals vielleicht engsten Vertrauten von Chast. Er wandte sich Roya zu und deutete mit seinem butterbeschmierten Messer auf Quendras. »Du hast ihn... ganz allein wieder hingekriegt?«, fragte er. Die leichte Betonung, die er auf die Worte ganz allein legte, bekam Leandra nicht mit, Royas Augen hingegen blitzten kurz auf. Sie verstand durchaus, was er meinte.
»Ja. Ich fand eine Möglichkeit«, erwiderte sie.
Victor entschied nun doch, dass es besser war, den Deckel auf dem Topf zu lassen. Wenn er es schon nicht schaffte, freundlich zu Quendras zu sein, dann wollte er wenigstens zulassen, dass Roya es war. Sie kannte ihn weitaus besser als er, sie hatte für Monate eng mit ihm zusammengearbeitet.
»Du bist wirklich eine Künstlerin«, sagte Victor zu Roya und bemühte sich um einen anerkennenden Gesichtausdruck. »Ich freue mich, dass du ihn hast retten können.«
Roya schenkte ihm ein säuerliches Lächeln und sah dann wieder zu Quendras.
Quendras wirkte nicht sehr glücklich. Er schien plötzlich wieder Schmerzen zu haben, denn er hob die Hand zur Stirn und ächzte leise. Roya wandte sich ihm mit einem Laut des Bedauerns zu, und auch in Leandras und Jockums Gesicht war ein Anflug von Sorge zu erkennen. Victor belegte sein Brot mit einem Käsekeil und beobachtete die Szene aus den Augenwinkeln.
Quendras Schmerzen verflogen wieder. Er massierte sich kurz das Gesicht - und nun sah er sich um, als wäre ihm eben erst klar geworden, dass er hier bei ihnen saß. Er warf Roya einen unentschlossenen Blick zu und wandte dann den Kopf. Als Leandra, die im Schneidersitz neben ihm saß, in sein Blickfeld gelangte, klärten sich seine Züge. Er lächelte plötzlich.
»Du bist also diese berühmte Leandra«, sagte er.
Leandra verzog die Miene und seufzte. »Ja, ich bin Leandra. Aber vergiss bitte dieses >berühmte<, ja?«
Quendras lächelte plötzlich breit, etwas, das Victor noch nie bei ihm gesehen hatte. »Du hast Chast getötet!«, stellte er fest.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich war nur dabei. Hab ihn ein bisschen abgelenkt. Wirklich getötet hat ihn jemand anderer.«
Quendras' Gesicht zeigte so etwas wie echte Freude und Erleichterung. »Ich bin Quendras«, sagte er und streckte seine Hand aus. »Einer von den ganz bösen Jungs
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