Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Sitzungssaal.
»Was ist denn?«, rief Ötzli über die Schulter.
Die Tür öffnete sich und ein Soldat kam hereingeeilt. Seine Augen suchten den Ratsvorsitzenden, dann eilte er zu Ötzli, beugte sich herab und flüsterte dem Altmeister etwas ins Ohr. Ötzli erhob sich abrupt, sein Gesichtsausdruck spiegelte einen gehörigen Schreck.
Sämtliches Gemurmel erstarb innerhalb von Sekunden.
»Ist das gewiss...?«, fragte Ötzli den Soldaten leise. Der Mann nickte und trat zurück.
Ötzli wandte sich der Versammlung zu und holte tief Luft. »Es scheint, als hätten wir den Namen des Teufels einmal zu oft genannt«, sagte er mit schwerer Stimme. »Bruder Parenios wurde soeben aufgefunden. Tot. Er...« Ötzli schluckte, »...war völlig verbrannt!«
Empörungsrufe wurden im Saal laut. Ulkan und Ötzli sahen sich mit vielsagenden Blicken an.
»Wir müssen sofort abstimmen!«, schrie Zelko. »Jeder von uns kann der Nächste sein!«
Angesichts der Bluttat wagte nicht einmal Ulkan einen Einwand, obwohl es ihm geradezu lächerlich erschien, dass diese Leandra für den Mord verantwortlich sein sollte. Ebenso wenig wie für den an Fellmar. Die Schuldigen, das wusste er, waren eher hier, in der Ratsversammlung, zu suchen.
Schon bauten die Ratsdiener das Gestell mit dem Vorhang und den Urnen auf. Inzwischen waren im Sitzungssaal einige Fackeln erloschen und der nur mehr schwach erleuchtete Saal hatte etwas Unheilschwangeres an sich - so mochte es vor vielen Jahrhunderten gewesen sein, in alten Zeiten, in denen weniger zimperlich in Fragen wie dieser verfahren worden war.
Einige waren im Saal, die die Wendung der Ereignisse insgeheim begrüßten, und einer unter ihnen nickte denn auch beifällig. Alles hatte sich genau nach Ötzlis Plan entwickelt. Zelko und Vandris hatten den Rat aufgewiegelt, während andere die Drecksarbeit erledigt hatten. Fellmar und Parenios. Und heute Nacht hatte sich auch noch Rasnor bei Polmar gemeldet und angekündigt, er werde bald nach Savalgor zurückkehren; Polmar solle sich bereithalten und zuverlässige Brüder finden, denn es stünden große Veränderungen bevor! Ha! Ötzli wusste genau, was das bedeutete. Rasnor hatte den Pakt nicht, sondern er verfolgte Victor und Leandra und hoffte zweifellos, ihnen das Ding noch abzujagen, bevor sie hier ankamen. Und Rasnor versuchte, Polmar auf seine Seite zu ziehen, um zuletzt doch noch als Sieger dazustehen!
Ötzli schüttelte den Kopf. Eine verrückte Vorstellung. Wie naiv Rasnor doch war. Polmar traute ihm keinen Schritt weit und meldete Ötzli alles. Und nun hatte Rasnor seinen wichtigsten Daseinszweck erfüllt: Er hatte ein Signal gegeben, wann mit Victor, Leandra und dem Hochmeister hier zu rechnen war. Frühestens in zwei, eher aber in drei Tagen. Hammagor lag sehr weit weg, das war Öltzi klar. Er hatte jetzt genügend Zeit, seine Falle gründlich vorzubereiten. Die Dinge entwickelten sich gut. Was nun den Rat anging, da musste er noch auf das Abstimmungsergebnis warten. Es war reine Formsache. Die Ratsmitglieder zogen sich für diese Art von Abstimmung die Kapuzen ihrer Roben über die Köpfe; sie würden sie aufbehalten, bis sich die Versammlung aufgelöst hatte. Alles ging schweigend vonstatten, keiner musste die Prozedur anleiten und das Ergebnis stand bald fest.
»Sechs Stimmen dafür, vier dagegen!«
Ein Raunen erhob sich.
»Und wie lautet das Urteil?«, fragte einer.
»Tod! Hinrichtung durch das Schwert. Ebenfalls sechs gegen vier!«
Mehrere Männer erhoben sich und verliehen ihrer Befriedigung Ausdruck. »Jawohl!«, hieß es. »Das ist das einzige Mittel, unser Anrecht auf die Machtausübung in diesem Land zu demonstrieren!«, und: »Nur so können wir die Ordnung wieder herstellen!«
Gegenstimmen erhoben sich keine. Ein dunkles Schweigen legte sich über die Anwesenden. Die Kapuzen über den Gesichtern in der dunklen Halle waren wie ein Symbol der Finsternis, die in den Herzen herrschte.
Man rief den Hauptmann der Gefängniswache, der kurz darauf den Saal betrat. Leise flüsternd wurde ihm das Abstimmungsergebnis mitgeteilt. Der Mann versteifte sich. Sein Gesichtsausdruck war in der Dunkelheit nicht zu erkennen, aber das war auch nicht notwendig. Keine Frage, dass dieser Moment schicksalhaft war. Alles würde sich ändern, ein dramatischer Umbruch stand bevor.
Er verließ den Saal mit dem Befehl, das Urteil in drei Tagen um Mitternacht zu vollstrecken. Ötzli bedauerte, dass es nicht eher möglich war, aber für Todesurteile,
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