Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
die selten genug vollstreckt wurden, gab es feste Regeln. Dennoch, dieses Urteil war, nachdem der Rat es beschlossen hatte, unumkehrbar. Nur eine ordentliche Shaba würde es mit ihren dreizehn Stimmen widerrufen können, aber Alina war keine Shaba. Außer dem Ratsvorsitzenden, der Gefängniswache und dem Vollstrecker würde es keine Zuschauer geben, man würde nur den Vollzug an den Thron melden. Da der Thron aber nicht besetzt war, würde Alina irgendwann davon erfahren.
Die Versammlung löste sich schweigend auf. Ötzli senkte den Kopf wie die anderen auch und verließ die Halle durch eine der kleinen Türen am anderen Ende des Sitzungssaals. Zwei andere benutzten mit ihm diesen Ausgang, aber man entfernte sich ohne ein Wort voneinander - in die Tiefen der verschachtelten Gänge und Korridore. Niemand wollte mit einem anderen gesehen werden, ein jeder war bestrebt, nach diesem Urteil unerkannt zu bleiben. Bald darauf war Ötzli wieder allein. Er wandte sich nach Südwesten in die Bereiche seiner geheimen Gänge, und als es dunkel um ihn herum wurde, ließ er ein schwaches magisches Licht aufflammen.
Als Rasnor mit einer Abteilung Drakken in Hammagor eindrang, ahnte er es bereits.
Der Drache war fort und es gab nicht das geringste Lebenszeichen irgendwelcher Personen, auch nicht auf der magischen Ebene. Er hatte nach seinen Verhandlungen den YeohMaar zur Eile gedrängt, aber sie waren offenbar nicht schnell genug gewesen. Noch in der Nacht waren sie von der Säuleninsel (so hatte Rasnor sie getauft) aufgebrochen, hatten dann aber, während des Rückflugs, genau den umgekehrten zeitlichen Effekt des Hinfluges erlebt. Deswegen erreichten sie Hammagor erst später am Vormittag, und Rasnor hatte ein ungutes Gefühl im Magen. Er verlangte, dass die Festung sofort von vier Seiten her eingekreist wurde, während drei Flugschiffe in der Nähe schwebten, um Leandra und ihre Leute abfangen zu können, sollten sie einen Fluchtversuch unternehmen.
Aber als er an der Spitze zweier Trupps durch das große Portal in die Festung eindrang, ohne irgendwo auch nur die Flügelspitze eines Drachen zu entdecken, wusste er, dass sie tatsächlich zu spät gekommen waren. Victor, Leandra und die anderen mussten den Pakt bereits gefunden haben. Warum sonst hätten sie Hammagor verlassen sollen?
Sie nahmen das Hauptgebäude ein und Rasnor eilte fiebrig die Treppe hinauf, diesmal peinlichst genau mitzählend und darauf achtend, ob irgendeine Stufe klickte. Aber sie blieben stumm - ein weiterer Hinweis auf die Richtigkeit seiner Annahme. Kurz darauf erreichte er den Felsendom, gefolgt von zwei Dutzend schwer bewaffneten Drakkensoldaten, aber hier war niemand mehr. Eine erloschene Feuerstelle, eine leere Kiste und einige sonstige Hinterlassenschaften, aber keine Leandra, kein Victor und auch niemand sonst.
Rasnor stieß innerlich einen verzweifelten Schrei aus. Er ballte die Fäuste, kniff die Augenlider zusammen und die Adern an seinem Hals und an den Schläfen traten hervor.
Verdammt, verdammt - das darf doch nicht sein!
Wie hatten sie es schaffen können, diese verdammte Brut, den Pakt ausgerechnet in den paar Stunden zu entdecken und dann von hier zu verschwinden, in denen er, Rasnor, noch nicht so weit war! Er keuchte leise und versuchte, seinen Zorn herunterzuschlucken. Diese Sache musste er, befahl er sich, als ganz persönliches Pech verbuchen. Was sein Versprechen gegenüber den Drakken anging, war er unschuldig, denn er hatte sein Möglichstes getan.
Rasnor wandte sich zu dem LiinLar um, dem großen Drakkenoffizier in schwarzbrauner Rüstung. »Sie sind fort«, stellte er mit mühsam beherrschter Stimme fest. »Sie haben den Pakt gefunden und sind auf dem Rückweg nach Savalgor!«
Der Drakkenoffizier zuckte mit seinen herabgezogenen Mundwinkeln und ließ für einen Augenblick eine Reihe kleiner, spitzer Zähne sehen. »Was schlagt Ihr vor?«, fragte er.
Trotz seiner inneren Aufgewühltheit nickte Rasnor zufrieden. Er hatte gegenüber dem uCuluu darauf bestanden, dass ihn alle Dienstgrade unterhalb dieser seltsamen «-Ränge respektvoll anzureden hatten. Dieser Liin hier bekleidete einen vergleichsweise hohen Rang, er war so etwas wie ein Stabsoffizier, wenn Rasnor das richtig verstanden hatte. Doch auch er stand nun in der Pflicht, ihn mit Ihr anzureden. Rasnor selbst hatte der Form halber nun den Rang eines uCetu inne. Darum hatte er mit aller Verbissenheit die halbe Nacht gekämpft - und dabei nicht wenig Spott des uCuluu
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