Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
in eben diesem Augenblick den östlichen Tunnel, zu dem Ullrik und Laura unterwegs
waren. Victor hörte einen überraschten Schrei von Laura, als die
gigantische Bestie vor ihnen auftauchte. Aber der Malachista bemerkte sie zu spät und musste als Erstes den gewaltigen Leib zur
Gänze aus dem Tunnel herausbringen. Er stieß ein Brüllen aus,
das die Halle erschütterte – wohl vor lauter Wut, weil er zuerst
eine Schleife fliegen musste, ehe er sich umdrehen und wieder in
den Gang vorstoßen konnte, um nachzusehen, welches winzige
Insekt sich da in sein Revier gewagt hatte.
Dass Lauras Schrei keiner der Angst, sondern nur einer der
Überraschung gewesen war, bewies sie wenig später. Niemand
sah den Runenstein, den sie dem Malachista nachwarf, aber ihren
spitzen Schrei, mit dem sie die Bannrune löste, konnte jeder
durch die Halle gellen hören. Was danach geschah, war beeindruckend.
Am langen Schwanz des Malachista beginnend, platzte eine türkisblau leuchtende Wolke, und ein Myriadenheer aus kleinen,
weißblau strahlenden elektrischen Spinnen ergoss sich über die
riesige Bestie. Sogleich schrie der Malachista gepeinigt auf. Die
kleinen knisternden Funken rasten entlang des Körpers des Riesendrachen und hüllten das gesamte Tier in eine Wolke von elektrischen Entladungen. Es musste sich für den Drachen anfühlen,
als wälzte man ihn durch Brennnesselfeld, ein doch wahrscheinlich waren die Schmerzen schlimmer. Brüllend und schreiend
wand er sich und versuchte, aus der Wolke freizukommen; als es
ihm nicht gelang, und die Entladungen über die Maßen lange anhielten, antwortete Hochmeister Jockum ihm mit einem Triumphschrei.
»Es funktioniert!«, hörten sie ihn rufen. »Es stimmt! Dieser Ort
ist voller Potenzial! Seht nur, wie heftig die Entladungen sind!
Und wie lange sie anhalten!«
Sie sahen ihn ausholen und einen weiteren Runenstein in die
Tiefe werfen. Der Flug des Steins war im Halbdunkel nicht zu erkennen, dann aber hallte Hochmeister Jockums Ruf durch die Halle: »Naar-In-See – Quol«, und in einer funkelnden Explosion ergoss sich ein weiteres Heer elektrischer Spinnen über den tobenden Malachista. Gebannt starrten die Menschen in die Tiefe, während die Baumdrachen sie trotz all der brandheißen Gefahren zu
ihren Zielen trugen. Der Malachista brüllte und tobte und wand
sich, fast konnte er einem Leid tun. Dann geschah etwas Unerwartetes: Er stürzte sich in seiner Pein ins Wasser und tauchte
nicht mehr auf. Verblüfft starrten die Menschen hinab. Sie alle
waren inzwischen in den Zugangstunneln auf Felsvorsprüngen
gelandet und blickten suchend in die Tiefe. Die elektrischen Entladungen waren im Wasser augenblicklich verloschen, aber den
Malachista schien das nicht gerettet zu haben. Die Wellen wogten
von dem gewaltigen Aufschlag auf und nieder; allein die Körpermasse der gewaltigen Bestie musste den Grund des Sees zu einem nicht geringen Teil ausfüllen. Der Malachista aber kam nicht
wieder zum Vorschein. Die plötzliche Stille in der Halle war beklemmend.
»Ist er tot?«, rief Victor durch die Halle.
»Vertragen Malachista kein Wasser?«
Niemand wusste eine Antwort.
Eine weitere schweigende Minute verstrich, dann noch eine und
noch eine… Endlich beschloss Victor davon auszugehen, dass diese Bestie tatsächlich besiegt war. »Los!«, rief er in die Halle hinein. »Lasst uns die Zugänge versiegeln, und dann nichts wie
weg hier!« Doch Victors Freude kam zu früh. Noch bevor einer
von ihnen wieder losgeflogen war, ging der Kampf erneut los. Es
war nicht der im Wasser verschwundene Malachista, sondern zwei
seiner Artgenossen. Die Schreie des ersten waren laut genug gewesen, um die gesamte unterirdische Drachenstadt zu durchdringen. Mit einem Mal rasten zwei blutgierige, wütende Bestien
durch die noch nicht verschlossenen Zugänge von oben in die
riesige Halle hinein.
23
Im Herzen des Pusmoh-Reiches
Ob es das Beten gewesen war, das ihnen letztlich zum Erfolg
verhalf, war wohl eine Frage des Glaubens.
Ain:Ain’Qua wie auch Giacomo wandten sich in der Tat mit einem kurzen Gebet an ihren Schöpfer, aber beide waren in Dingen
des Glaubens gebildet genug, um zu wissen, dass Gott so nicht
sein konnte – dass er einem half, wenn man ihn darum bat. Alles
folgte einem göttlichen Plan, und wiewohl dieser auch wandelbar
schien, stand sein Verlauf sicher nicht in Abhängigkeit von Stoßgebeten einzelner beteiligter Personen. Davon jedenfalls waren
Ain:Ain’Qua und Giacomo, jeder für
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