Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
und stärker. Sie haben keine Emotionen mehr, sie springen
weiter, rennen schneller, sind ausdauernder und weniger durch
Empfindungen blockiert. Sie sind auch wieder dümmer, aber das
ist erwünscht. Sie funktionieren perfekt, leben beinahe ewig, haben keine Bedürfnisse und beschweren sich nie. Sie sind absolut
loyal – viel besser als wir. Sie sind eben die Neueren. Ich wundere mich, warum man uns sechs noch immer nicht ausgetauscht
hat. Vermutlich, weil unsere Aufgabe so unwichtig geworden ist.«
Leandra, Giacomo und Ain:Ain’Qua tauschten betroffene Blicke.
Sherresh schien verbittert zu sein – da bahnte sich schon wieder
eine neue Entdeckung an. Die skrupellosen Verbrechen des Pusmoh schienen langsam ungeheuerliche Ausmaße anzunehmen.
»Die... die Drakken sind also eine künstliche Rasse?«, fragte
Leandra vorsichtig.
»Nicht künstlich, meine Dame. Wir sind eine Zucht, sozusagen.
Ich gehöre noch einer sehr frühen Generation von Phänotypen
an, mein Lebensalter beträgt dreitausendachthunderteinundfünfzig Jahre. Ich wurde in einer Brutstation auf A4 aufgezogen, der
Drakken-Hauptwelt in den Tryaden, und nach meiner Ausbildung
unmittelbar hierher versetzt. Seither versehe ich hier meinen
Dienst. Ich war nie krank, habe stets meinen Dienst pflichtgemäß
erfüllt und nur wenige Fehler gemacht – ich langweile mich nur
ein wenig. Aber es hält sich in Grenzen. Schon in meiner Generation wurden derlei Möglichkeiten der Empfindung, so weit es ging,
ausgeklammert.«
»Und... welche Aufgabe haben Sie hier, Sherresh?« Der Drakken blickte kurz über die Schulter. »Ich leite diese Station. Sie ist
im Lauf der Jahrhunderte immer mehr in Vergessenheit geraten,
da sie nichts tut, als einen Planeten zu bewachen, dessen Name
niemand mehr kennt und für den sich in den dreitausendachthundertvierunddreißig Jahren meines Dienstes hier noch nie jemand
interessiert hat.«
Ain:Ain’Qua holte Luft. »Sie meinen den Planeten Imoka, nicht
wahr?«
Sherresh wandte sich im Laufen um und starrte Ain:Ain’Qua
erstaunt an. »Sie kennen diesen Namen?«
»Aber ja. Ich sagte Ihnen doch schon über Funk, dass wir im
Auftrag des Pusmoh eine wichtige Recherche durchführen.«
Nun blieb Sherresh stehen. »Und dafür schickt der Pusmoh den
Heiligen Vater?«
Ain:Ain’Qua räusperte sich. »Nein, ich habe das falsch ausgedrückt. Der Auftraggeber ist die Kirche, gewissermaßen ich selbst.
Ich habe die Erlaubnis des Pusmoh erwirkt, hierher kommen zu
dürfen. In unserer Kirche stehen wichtige theologische Entscheidungen über die Zukunft an. Auf dem Planeten Imoka existiert
ein Artefakt aus uralten Zeiten, das für uns von unersetzlicher
religiöser Bedeutung ist. Das sagen alte Schriften aus einem lange vergessenen Archiv, das wir... das unser Bruder Giacomo
hier... vor kurzem wieder entdeckt hat. Diese Sache muss vorerst
jedoch absolut geheim bleiben, und deshalb bin ich persönlich nur
mit meinem Assistenten und meiner Pilotin hierher gereist.«
»So? Nun, dann hätten Sie mir gar nicht davon erzählen dürfen,
Exzellenz.«
»Nicht? Nun, ich...«
Sherresh wandte sich wieder um und lief weiter, er schien nicht
sonderlich interessiert. Überhaupt wirkte er wie ein sehr alter
Mann, dem schon lange alles egal war. Einem Drakken wie diesem war Ain:Ain’Qua noch nie begegnet. Und er beglückwünschte
sich, ihn ausgerechnet hier zu treffen, denn inzwischen waren
ihm mehrere Versprecher unterlaufen. Offenbar war es seine
Identität als Pontifex Maximus, die ihm diesen Spielraum einräumte, und Sherresh schien nicht auf die Idee zu kommen, dass
Ain:Ain’Qua vielleicht gar nicht mehr Papst sein könnte. Sein genetischer Sicherheitscode, den Sandy beim Anflug auf Taurus Eins
zur Identifikation gesendet hatte, war akzeptiert worden, und
seither lief alles reibungslos. Endlich hatten sie das Ende des
Tunnels erreicht. Sherresh führte sie durch einen Verteiler zu einem uralten Vertikalport, der noch mit einer Aufzuggondel funktionierte. Sie ließen sich in die Höhe tragen und erreichten die
Brücke. Dort gab es zum ersten Mal so etwas wie ein offizielles
Protokoll.
Zwei weitere Drakken waren anwesend, und sie waren von der
gleichen Art wie Sherresh. Er stellte sie als Zhaggeth und
Gham'Manh vor, und sie verbeugten sich höflich und begrüßten
Ain:Ain’Qua formell. Leandra und Giacomo ließen sie unbeachtet.
»Unsere Aufgabe besteht darin«, erklärte Sherresh, nachdem
sie über der Brücke einen riesigen Stahlschirm
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