Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
vierzig Drachen in der Luft befinden, zu einem
dichten Knäuel in der Mitte verwoben. Doch es schien, als habe
jemand die Zeit fast völlig zum Stillstand gebracht, all die sich
windenden und schlängelnden Leiber in der Luft in einen trägen,
unsichtbaren Brei getaucht und sie fast völlig erstarren lassen.
Marina, die von hinten an Victor herangetreten war und sich
nun an seinem Arm festhielt, ächzte. »Was ist denn nun passiert?«
Die Erstarrung schien nicht auf sie zu wirken, sondern nur auf
das, was sich weit oben, über der noch immer grauen Drachenfeuerkugel, in der Luft abspielte. Die Drachen bewegten sich nur
noch ganz langsam, sogar die Blitze der Magien, die sie gegeneinander wirkten, pflanzten sich lediglich in der Geschwindigkeit
eines gemächlich dahinspazierenden Mannes durch die Luft fort.
»Was ist das nur?«, flüsterte Victor. Dann plötzlich kam ihm eine Idee. »Zerbus!«, rief er mit Flüsterstimme aus. »Er sagte, diese Insel müsse ein Kondensationspunkt der Magien dieses Ortes
sein!«
»Zerbus?«
Victor nickte eifrig, wandte sich um, nahm Marinas Hand und
kletterte mit ihr den Steinwall empor, der sie von der Mitte der
Insel trennte. »Ja, Zerbus. Der kleine, dickliche Mann! Der Bibliothekar, dem niemand wirklich etwas zutraut!
Er hat mich gestern, während wir an den Runensteinen arbeiteten, über Caor Maneit ausgefragt!«
Eilig kletterte er weiter, war ganz außer Atem, als er auf der
Ringkrone ankam, und erstarrte förmlich, als er hinabsah. Auch
Marina, die keuchend neben ihm zum Stehen kam, lief ein
Schauer durch den Körper.
Bruder Zerbus kniete in der kleinen, verfallenen Rundarkade in
der Mitte der Insel, dem Ort, wo Victor vor nicht allzu langer Zeit
das letzte Gespräch mit dem Urdrachen Ulfa geführt hatte. Es war
ein mit uralten Quadern gepflasterter Platz, zur Hälfte umgeben
von einer niedrigen, verfallenen Mauer; dahinter erhoben sich
einige Säulen, ein paar davon noch mit Überbau, der Rest war
schon eingestürzt. Zwei Baumdrachen durchstreiften mit engen,
aber ruhigen Wendungen die Luft unmittelbar über Zerbus, während der kleine Mann in der Mitte des Kreises kniete, die Augen
geschlossen, den Kopf erhoben und die Fäuste geballt.
»Zerbus!«, rief Victor. Mit Riesenschritten, die nicht ungefährlich in dem steinigen Gelände waren, stürmte er in den kleinen
Talkessel hinab; Marina folgte ihm. Schwer atmend kamen sie
kurz vor Zerbus zum Stehen. Als der kleine Bibliothekar die Augen öffnete, sahen sie Tränen darin.
Victor ließ sich auf die Knie nieder. »Zerbus! Was ist mit dir?«
Das Gesicht des Mannes war eine Maske des Elends. »Alles mache ich falsch«, jammerte er. »Die Barriere habe ich falsch gesetzt, die Runen, die ich auswendig kennen sollte, habe ich vergessen!« Er schluckte. »Und Hellami und Cathryn – sie sind tot.
Ich habe sie nicht beschützen können!«
Marina kniete sich ebenfalls zu ihm. »Du bist Bibliothekar, Zerbus, kein Kampfmagier. Du bist sehr tapfer und mutig, außerdem
haben wir immer noch Hoffnung, was Cathryn angeht. Nein, du
hast nichts falsch gemacht.«
Victor blickte lächelnd nach oben und schüttelte den Kopf.
»Nein. Vor allem nicht das dort oben! Wie hast du das hinbekommen, Zerbus?«
Wieder schluckte der kleine Mann. »Es... es ist die Magie dieses
Ortes, Victor. Eine Aura der Zeitlosigkeit. Du hast es mir beschrieben, hast mir von deinem Gespräch mit Ulfa erzählt. Wie er
so lange am Leben blieb. Es ist ganz ähnlich den Magien, die ich
oft zum Konservieren alter Schriften in meiner Bibliothek einsetze. Ulfa muss für dieses Gespräch mit dir, und wahrscheinlich
auch für das lange Warten auf dich, die Zeit an diesem Ort angehalten haben.«
»Und das... hast du jetzt auch getan?«
Zerbus lächelte unsicher. »Ich... ich wusste nicht, was ich tun
sollte. Dieser Wahnsinn unter den Drachen... dem musste man
doch Einhalt gebieten...«
Victor erhob sich. »Fabelhaft!«, rief er. »Das hast du großartig
gemacht!« Er stemmte die Fäuste in die Seiten. »Jetzt haben wir
Zeit, jetzt können wir uns etwas ausdenken! Ich dachte schon
unser Ende wäre nahe. Wie lange kannst du das aufrechterhalten?«
Zerbus erhob sich. »Wie lange? Oh, es hält so lange an, bis ich
eine entsprechende Gegenmagie wirke. Eine, die das wieder aufhebt.«
Victor sah ihn mit großen Augen an. »Wirklich?
Unbegrenzt?«
»Ja, natürlich. Magie ist Magie.«
Victor sah verblüfft zu Marina, dann wieder zu Zerbus.
»Bei allen Dämonen – das sind ja
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