Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
auf.
*
Die Sonnenstrahlen einer ersten Hoffnung, Marko doch wieder
zu sehen, lugten durch die dunkelgraue, meilendicke Wolkendecke, die sich seit Wochen über Royas Gemüt zusammenzog. Seit
Rasnors brutalem Überfall auf Malangoor, nach dem sie sich in
Gefangenschaft auf der MAF-1 wieder gefunden hatte, war ihre
Hoffnung auf Freiheit immer weiter erstickt worden und hatte seit
ihrer Ankunft in The Morha und der Erkenntnis, dass ihnen hier
etwas wirklich Übles widerfahren würde, den völligen Nullpunkt
erreicht. Zuletzt hatte sie jede Hoffnung aufgegeben und sich
innerlich auf ihren baldigen Tod vorzubereiten versucht. Eine
schreckliche Sache für ein lebenslustiges, junges Mädchen wie
sie.
Doch nun hatte sich alles gewandelt. Ihr war vollkommen klar,
dass Ötzli einer der wirklich Bösen war, ein verbitterter alter
Mann, rachsüchtig und skrupellos, auf der Suche nach Vergeltung
und von einer fatalen Lust beseelt, einen neuen Sinn für sein zerstörtes Leben darin zu finden, dass er das Leben anderer auch
zerstörte. Irgendetwas hatte Ötzli umgedreht, sie wusste nicht,
was es war, aber jetzt war sie bereit, ihm alles zu vergeben, ihn
als ihren Retter zu bezeichnen, und ihn sogar vor den Anklagen
der Welt, die sicher berechtigt waren, zu verteidigen. Sie hing an
ihrem Leben, genauso wie die anderen fünfundzwanzig Geretteten, und sie war dem alten Mann dankbar, dass ein guter Geist
ihn noch bekehrt hatte und er sie nun befreite.
Mit pochendem Herzen stand sie da und beobachtete, wie die
Männer und Frauen das Shuttle beluden. Der Doy wie auch der
Drakkenoffizier mit seinem Muuni waren bereits an Bord gebracht
worden und wurden dort von einem der Magier bewacht. Hier
draußen hingegen waren sie noch immer verletzbar.
Munuel hatte ihr versichert, dass die Drakken nicht angreifen
würden, solange sie ihnen kein Ziel boten, und darauf achtete sie
nun. Sie war bereit, jederzeit eine Magie zu ihrer Verteidigung zu
wirken und achtete darauf, dass es keinem Drakken möglich war,
Ötzli oder Munuel mit gezielten Schüssen gleichzeitig außer Gefecht zu setzen. Von der erhöhten Plattform aus dirigierte sie die
Leute, die die Kisten ins Shuttle luden, und informierte Munuel,
der sich in ihrer Nähe zwischen Kisten verbarg, die um ihn herum
gestapelt waren, über die Lage in der unmittelbaren Umgebung.
Munuel war der Zünder, der Auslöser für die Vernichtung aller
Wolodit-Amulette, sollten die Drakken angreifen, was bedeutete,
dass die Welt um sie herum bis in eine Entfernung von tausenden
von Meilen in einer gewaltigen Explosion zu Staub zerblasen würde. Jedenfalls sollten die Drakken das glauben. Ob es wirklich so
funktionieren würde, wie Ötzli behauptete, wusste sie nicht. Aber
das war auch nicht wichtig, solange es die Drakken nur tatsächlich glaubten – und für den Augenblick taten sie es, wie es schien.
Dann war es so weit, die meisten Kisten waren verladen. Sie rief
Ötzli laut und vernehmlich zu, dass er es jetzt übernehmen müsste, der Zünder zu sein, aber das war nicht mehr heikel, denn er
konnte sich an Bord des Shuttles begeben, wo ihn die Drakken
nicht mehr sehen konnten. Das tat er auch, und die meisten Aufständischen gingen mit ihm. Anschließend nahm Roya Munuel an
der Hand; sie führte ihn von der Schwebeplattform herunter und
nickte den bereitstehenden Leuten zu, dass sie nun die letzten
Kisten verladen konnten.
Das Shuttle war ein etwa dreißig Schritt langes, röhrenförmiges
Schiff mit etlichen Fenstern und Luken, das ruhig ein paar Ellen
über dem Boden schwebte. Es schien, als wäre es für Aussichtszwecke gebaut worden, für Besucher, die sich die Schönheiten
der Umgebung ansehen wollten, und auf gewisse Weise wirkte
das grotesk. Wie eine Besichtungsgruppe würden sie nun The
Morha verlassen, den grimmigen Ort auf dieser gespenstischen,
dunklen Insel, der eigentlich ihr Grab hätte sein sollen.
Sie flüsterte Munuel zu, was sich um sie herum abspielte, und
eilte, so schnell sie konnte, auf die schräge Rampe zu, die sie in
den offenen Eingang des untersten Decks des Shuttles führte. Als
sie drinnen waren und sie kein Schuss aus einer Drakkenwaffe
zwischen die Schulterblätter getroffen hatte, konnte Roya es fast
nicht glauben. Sie zitterte, ihr Herz raste, und sie weinte vor Erleichterung. Instinktiv suchte sie einen Ort in dem von Sitzreihen
beherrschten Passagierraum auf, an dem sie glaubte, von den
Waffen der Feinde möglichst weit entfernt
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