Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
kurz und wirkte ein einfaches Muster der Wassermagie, das in der Lage war, Feuchtigkeit aufzuzehren. Er lenkte die Kraft auf die Decke, und wenige Sekunden später war sie so trocken wie Stroh. Der Geruch hatte sich nur wenig verbessert, aber das würde er aushalten müssen. Er hätte zwar auch eine Iteration gewusst, mit deren Hilfe er aus den umliegenden Blumen, Gräsern und Sträuchern einen Duft hätte hervorlocken können, um ihn in die stinkende Decke zu leiten, was seiner Bequemlichkeit sicher wesentlich gedient hätte. Aber ein solcher Zauber war kompliziert, und er fühlte sich außerstande, ihn jetzt aufbauen zu können. Er murmelte dem Pferd ein paar beruhigende Worte zu, ließ sich zu Boden sinken und wickelte sich in die Decke ein. Zwei oder drei Stunden Schlaf würden ihn sicher wieder einigermaßen auf die Beine bringen. Dann konnte er überlegen, was er als Nächstes tun sollte. Er dachte noch kurz an Leandra, die jetzt bald aufwachen, seine Nachricht lesen und dann zur Schmiede am Marschenforst aufbrechen würde. Er hoffte, er würde sie nicht allzu lange dort warten lassen müssen.
Leandra wandte sich erschrocken um und blickte einem fremden Mann ins Gesicht. Sie stieß ein Keuchen aus und wich einige Schritte zurück. Gleich darauf sah sie einen zweiten kleineren Mann, der kurz hinter dem ersten stand. Beide grinsten sie hämisch an. Es mussten die beiden Reiter sein, die vor einer halben Stunde die Brücke überquert hatten.
In fieberhafter Eile suchte sie nach einer Iteration, die sie zu ihrer Verteidigung anwenden konnte; ein anderer Gedanke galt der Jambala, aber da sah sie, dass der zweite Mann die Zügel von Bushka hielt. Der erste hob eine kleine Armbrust und zielte genau auf ihren Bauch. Sie saß in der Falle.
»Du bist das Mädchen - diese Adeptin, was?«, stellte er fest.
Leandra dachte, sie könnte das vielleicht noch leugnen. »Ich ... äh ... nein, ich bin keine ...«
»Spar dir das«, sagte der Mann und wischte ihre Erwiderung mit einer Handbewegung weg. »Ich hab dich selber gesehen. Gestern, auf der Festung. So 'ne scharfe Braut wie dich«, und damit stieß er ein hölzernes Kichern aus, »so eine übersehe ich nicht. Kapiert?«
Der Bursche war widerlich. Er war hässlich und dumm, und er stank aus dem Mund. Leandra fühlte Hass in sich aufsteigen. Sie wünschte sich die Jambala herbei. Mit ihr hätte sie diese beiden Mistkerle in zwei Häufchen Hackfleisch zerlegt und an die Möwen verfüttert. Bei den Kräften, dazu wäre sie jetzt imstande gewesen!
»Du kommst jetzt mit uns«, sagte der Kerl.
»Ich...? Wohin?«
»Dreimal darfst du raten, Mädchen. Los, komm schon!«
Er griff mit seiner freien Hand nach ihr, packte sie mit schraubstockhartem Griff am Oberarm und zog sie mit sich. Leandra schrie auf.
»Du tust mir weh!«, kreischte sie ihn an.
Er blieb stehen und sah sie dümmlich an. »Niemand hat uns gesagt, wir sollen dir nicht weh tun, blödes Weibsstück. Du sollst nur zurück auf die Festung. Wo ist eigentlich dieser alte Knacker? Warum ist er nicht hier?«
»Verdammter Mistkerl!«, zischte sie ihn an. »Du kannst darauf wetten, dass du keine Meile weit mit nur kommst! Munuel wird dich in Stücke reißen! Dich und deinen dreckigen Freund!«
Beide Männer lachten auf. »Wir ham keine Angst vor euch Pack!«, rief der andere fröhlich. »Du kannst dir mit deiner Magie ja nicht mal selber helfen! Was soll dieser Greis dann ausrichten, hä?«
Damit zogen sie Leandra mit sich. Kurz darauf hatten sie das Wäldchen verlassen. Sie fesselten Leandra an den Handgelenken, und sie wurde zu dem kleineren der beiden aufs Pferd gehievt. Bushka nahmen sie an ein Seil und führten sie mit. Bald trotteten sie die Straße, die sie hergekommen waren, wieder zurück.
Die Kerle waren dumm, brutal und widerwärtig. Der eine hatte ihre Brüste begrapscht, erging sich in abgrundtief ordinären Sprüchen und schien nicht den Hauch eines entfernt menschlichen Anstands in sich zu tragen. Der andere war kaum besser. Sie waren beide von der Sorte, denen man befehlen konnte, ein Dutzend kleiner Kinder umzubringen. Sie würden es tun und hernach zum Kartenspielen gehen. Leandra wusste im Moment nicht mehr, welchem Gefühl sie nachgeben sollte. Dem Hass auf diese Monstren in Menschengestalt oder der Angst vor dem, was auf sie zukam.
Sie ritten die Straße hinab, die durch den südlichen Marschenforst Richtung Lakkamor führte. Leandra saß nun, an den Händen gefesselt, zuvorderst auf dem
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