Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Form eines gewaltigen Drachen, der mit ausgebreiteten Schwingen in der Luft stand. Der Zorn von Ulfa, echote es in ihrem Geist, wir sind nicht in Gefahr ... nicht wirklich ...
Dann bemerkte sie, dass ihr im Schreck die Jambala entglitten war, und rasch bückte sie sich und hob das Schwert auf. Kaum aber hielt sie den Griff in Händen, schälten sich vernehmbare Worte aus der Flut des Trivocums, und sie vernahm eine Stimme, so tief und so gewaltig, als spräche ein lebendig gewordener Vulkan zu ihnen.
Die Stimme schleuderte ihnen die unmissverständliche Forderung entgegen, diesen Ort zu verlassen, sonst würden sie binnen kurzem einen qualvollen Tod erleiden ... aber dann drang Meakeioks Stimme durch, sie flehte um einen winzigen Moment der Schonung, der Gelegenheit, selbst ein paar Worte aussprechen zu dürfen.
Es ist tatsächlich der Große Drache Ulfa, dachte Leandra atemlos.
Der Urvater der Drachen, der durch eine heimtückische Tat hier umgekommen war - vor zweitausend Jahren. Sie versuchte krampfhaft, sich zu beruhigen. Aber dann überkam sie wieder dieses Gefühl, dass es nun an ihr war, etwas Bestimmtes zu tun - dass es in ihrer Macht lag, den Verlauf der Dinge zu ändern.
Hör mich an, großer Ulfa, sandte sie verzweifelt durchs Trivocum und hatte dabei das Gefühl, dass ihre Stimme hoch und kristallklar durch die Brandung von Ulfas Wut schnitt und das Ohr des riesigen Wesens erreichte.
Einen Moment später herrschte Stille.
Sie atmete mühsam auf, die tonnenschwere Last von ihrer Brust wich jedoch keinen Deut.
Die Stimme eines Menschen, lautete die verblüffte Feststellung, die trotz des Stimmungsumschwungs der riesigen Erscheinung wie eine dunkle Woge über sie hinwegspülte.
Ja, erwiderte sie unter Aufbietung allen Mutes. Sie spürte, dass sie nun wirklich all ihre Kräfte zusammennehmen musste, um die Situation zu überstehen. Sie durfte dem Geist des Großen Drachen keine Feigheit zeigen. Die Stimme eines Menschen, der deine Hilfe sucht, großer Ulfa!
Die Erwiderung war ein spontanes Aufstöhnen in Ungläubigkeit und spöttischer Verblüffung. Ein Mensch ersucht um meine Hilfe! grollte es. Wer bist du, du Wurm, dass du das wagst? Weißt du nicht, was das Geschlecht der Drachen durch die Menschen erlitten hat?
Leandra wusste nicht, ob sie das durchstehen würde. Ihre Knie waren weich wie ein Schwamm. Sie hatte alles um sich herum vergessen - wozu auch, da gab es ohnehin niemanden mehr, der ihr hätte helfen können. Kein Munuel, kein Tharlas und auch keine Jambala oder ein Yhalmudt. Sie stand allein im Regen, und nichts außer ihrer eigenen Kraft konnte sie nun mehr retten. Und diese Kraft schwand zusehends.
Trotzdem brachte sie noch ein paar zaghafte Schritte zustande und trat vor. Ich wollte ... begann sie, aber sie wurde grob unterbrochen.
Das donnernde Was ...? des Drachen traf sie wie ein riesiger Knüppel. Sie war kurz davor zusammenzubrechen.
Aber gleichermaßen wurde ihr klar, dass sie alle verloren waren, wenn sie jetzt aufgab. Dieser Geist des Ulfa war nicht wie Meakeiok, verständnisvoll trotz Ablehnung, nachsichtig trotz seines Stolzes. Nein, dieser Ulfa war der verkörperte Zorn einer vergangenen Epoche, und er würde durchaus eine Befriedigung verspüren, wenn er die Eindringlinge in die Hölle schickte.
Hier an diesem Ort gab es auch kein Argument mehr, mit dem sie um die Gnade des Großen Drachen flehen konnte - hier waren sie umgeben von dem Zeugnis des Untergangs, des Meuchelmords und des Verderbens, das die Menschen über die Welt gebracht hatten. Leandra spürte, wie sie kraftloser wurde, wie ihr der Mut immer mehr sank, wie sie verzweifelt nach Worten suchte, ihr aber immer weniger einfiel. Ein kurzer Hoffnungsschimmer kam auf, als sie an die Jambala in ihrer Hand dachte - dass sie ihr vielleicht neue Kraft verleihen würde, neuen Mut. Aber da war nichts. Selten zuvor hatte sich die Jambala so kalt angefühlt, so tot und kraftlos. Das Schwert entglitt ihrer Hand und klirrte zu Boden.
Noch immer benommen stand sie da und merkte zuerst gar nicht, wie sie langsam loslief. Nach einigen Schritten hob sie den Kopf und blickte zum Schatten des Ulfa auf. Er nahm beinahe den halben Himmel ein, und Blitze zuckten in seinen körperlosen Leib hinein, als würden sie ihm neue vernichtende Energie verleihen. Dann verstummte alles um sie herum, und sie nahm das Rauschen des Regens nur noch wie durch einen Schleier wahr.
Der peitschende Donner drang wie ein fernes Echo an ihr Ohr,
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