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Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor

Titel: Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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einzuschätzen.
    Dann hatte Leandra das Gefühl, der Boden befände sich in Bewegung. Sie erinnerte sich, wie sie einmal erstaunt festgestellt hatte, dass Menschen einen unerhört feinen Sinn dafür besitzen. Es war ein leichtes, kaum wahrnehmbares Beben gewesen, das man vor Jahren einmal in Angadoor hatte verspüren können. Die innere Beunruhigung, die sich bei einem solchen Ereignis einstellte, war dramatisch. Und die Erschütterungen, die nun hier in Bor Akramoria durch den Boden liefen, waren deutlich stärker.
    Mit einem Aufstöhnen drängten sich die Menschen zusammen, und einige Drachen verloren vollends die Ruhe, warfen sich in die Luft und stiegen hoch hinauf. Nur Meakeiok und drei andere Tiere blieben ruhig am Boden.
    Leandra blickte Munuel an, und die angstvolle Frage war in ihren Augen abzulesen: Was, beim Felsenhimmel, sind das für Kräfte, die diesen riesigen Felsen in Bewegung versetzen können?
    Dann traf ein dicker Tropfen ihre Stirn, und sie blickte betroffen zum Himmel auf. Dunkle Wolken dräuten über ihnen, an den Rändern in hässlichem Ockergelb leuchtend. Kaum vorstellbar, wie sich so schnell eine Wetterfront hatte bilden können. Die Wolken wirkten so kompakt, als trügen sie eine wahre Sintflut in sich. Im nächsten Moment schon leuchteten sie von Blitzen auf, die in ihrem Inneren umherzuckten. Von allen Seiten her schien sich die Luft in rasendem Tempo zu verdichten, um der Wolkenfront neue Nahrung und neues Wachstum zu geben. Leandra war überzeugt, dass dieses sich anbahnende Unwetter nichts mit der Natur zu tun hatte, denn bisher war der Tag mild und warm gewesen. Diese Wetterfront konnte nur magischen Ursprungs sein. Ein Windstoß fuhr über den Platz und wirbelte Staub, Sand und Blätter auf.
    »Bleibt ruhig, Kinder!«, sagte Munuel und machte eine beschwichtigende Geste. Er war einen Schritt vorgetreten, durch seine Haare wehte der Wind.
    So bedrohlich sich die Stadt auch gab, Munuel wirkte in diesem Moment wie ein Fels in der Brandung - und das war tröstlich. Was auch kommen mochte, sie waren nicht schutzlos.
    Dann begannen schwere Tropfen zu fallen, aber nur einen Augenblick später hörten sie wieder auf, obwohl der Regen um sie herum immer stärker herabzuprasseln begann. Leandra sah auf und stellte fest, dass sie sich innerhalb einer schützenden Glocke befanden. Der Regen traf sie nicht, allein ihre Füße wurden von Bächen umspült. Leandra nahm das Trivocum in Augenschein und stellte fest, dass Hennor diesen Zauber wirkte. Keine große Sache eigentlich, eine Luftmagie in der dritten oder vierten Stufe. Sie war sehr froh, dass Hennor auf die Idee gekommen war, eine solche Iteration anzuwenden. Es hätte gewiss ihre Moral nicht verbessert, wären sie jetzt schutzlos diesem Unwetter ausgesetzt gewesen.
    Ein heftiger Donner ließ sie zusammenzucken; es war, als würde sich die Erde unter seiner Gewalt aufbäumen.
    Immer mehr Blitze fuhren herab. Binnen kurzem wurden sie zu einem regelrechten Stakkato, das um sie herum in den Boden und aus dem Boden in den Himmel hinauf zuckte. Noch enger drängten sich die Menschen aneinander, und plötzlich wurde sich Leandra bewusst, dass die Drachen fort waren - allein Meakeiok, der Sippenälteste, war bei ihnen geblieben. Wie er mit hängenden Schwingen im Regen stand, wirkte er nicht annähernd mehr so stolz und wehrhaft wie sonst. Scheinbar harrte er aus einem ganz bestimmten Grund bei ihnen aus. Seine ureigenste Natur hätte ihn sonst wahrscheinlich längst aus dem Gebiet des Unwetters fortgetrieben.
    Er stand als Einziger im Regen, die Sphäre von Hennors Zauber reichte nicht bis zu ihm. Leandra fragte sich, ob Hennor ihn einfach vergessen hatte oder ob er nicht wagte, den persönlichen Stolz des Drachen zu durchbrechen und ihm einen Schirm überzuhalten. Sie hatte das Gefühl, dass Meakeiok eines solchen Zaubers nicht mächtig war - eines typisch menschlichen Zaubers. Als Adeptin fühlte sie sich jedoch geradezu dazu berufen, ihm diese Gefälligkeit zu erweisen.
    Sie verließ die Gruppe und stand schon einen Augenblick später im Strom der herabprasselenden Regenflut.
    Bewusst nahm sie in Kauf, durchnässt zu werden, und sie brauchte nicht lange zu warten - das Unwetter war so stark, dass sie schon nach Sekunden vor Wasser nur so triefte. Krachende Donnerschläge begleiteten die umherzuckenden Blitze. Dann hatte sie Meakeiok erreicht, trat nah zu ihm und legte die Hand auf seinen langen Hals. Das Drachengesicht wandte sich ihr zu, und

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