Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Möglichkeit fand. Ihr Herz schlug schwer im Rhythmus ihrer Lust; regelrecht benebelt von der Dringlichkeit ihres Verlangens dachte sie über nichts anderes nach.
Doch da hörte sie ein Räuspern, und es war eindeutig Victors Räuspern!
Pochenden Herzens fuhr sie hoch und sah, wie sich derjenige, der Wache hielt, vorn an der Tür bewegte. Und dann sah sie kurz seinen Schatten vor dem Durchgang auftauchen - ja, er war es!
Ihr Herz machte einen Satz, doch einen Augenblick später fühlte sie eine heftige Beklemmung. Sollte sie es wirklich tun? Jetzt war die Möglichkeit da. Für Sekunden saß sie unentschlossen da, aber dann meldete sich ihr Verlangen mit aller Macht, und ihr ganzer Körper kribbelte danach. Sie spürte jedes Quentchen ihrer Zuneigung zu Victor und die Vorstellung, ihm in der Art eines Überfalls genau das zu geben, was er sich im Geheimen ersehnte, verschaffte ihr eine diebische Vorfreude.
Sie verbat sich weiteres Nachgrübeln, wühlte sich aus ihren Decken, erhob sich und stand für Momente nackt da.
Victor hatte etwas gehört und sah herein. Sie hoffte, dass er sie so sehen würde, das würde die Sache gewiss vereinfachen. Decken - sie brauchte jede Menge Decken! Sie würde sich mit ihm irgendwohin verkrümeln, nicht weit entfernt, weit genug aber, dass man sie nicht bemerken würde, und dann würde sie ihm die Nacht seiner Nächte bescheren!
In der Hoffnung, dass Victor sie beobachtete, nahm sie eine Decke nach der anderen auf, legte sie so aufeinander, dass sie einen dicken Umhang ergaben, und hievte sich das Bündel über die Schultern. Dann fasste sie den Ausgang ins Auge, tapste los und stieg vorsichtig über die anderen hinweg. Die Hitze durchwallte sie immer stärker, und das Herz schlug ihr vor Erregung bis zum Hals. Nichts, nicht einmal der große Ulfa, wäre jetzt noch in der Lage gewesen, sie davon abzubringen.
Er hatte eine Bewegung bemerkt und starrte neugierig hinein, um zu sehen, was dort los war Zuerst sah er nur ein paar rötliche Lichtreflexe auf der Haut von irgendjemandem - da musste einer erwacht sein und seine Decken sortieren.
Er fragte sich, ob es Leandra war. Aber nein, sie konnte erst seit sieben oder acht Stunden schlafen, und das war sicher nicht genug trotz der mächtigen Magie, die Tharlas und Munuel angewandt hatten, um sie wieder auf die Beine zu bringen. Schließlich war sie halb tot und blau vor Kälte gewesen, als er sie auf dem Platz unterhalb des Tempels von Bor Akramoria im Regen gefunden hatte.
Kaum war der riesige Schattendrache verschwunden, hatte er sich aus der Gruppe gelöst und war mit Riesenschritten über den Platz gestürmt, in die Richtung, in der er sie vermutete. Sie war außer Sicht geraten; er hatte nicht gewagt, ihr gleich zu folgen. Die Drohung des Drachen war so furchtbar gewesen, dass er ohnehin nicht mehr damit gerechnet hatte, dass einer von ihnen Bor Akramoria lebend verlassen würde. Dann aber war irgendetwas auf der magischen Ebene geschehen, und der Schatten des riesigen Drachen hatte sich aufgelöst.
Ihm war klar, dass dies Leandra bewirkt haben musste.
Nichts mehr hatte ihn halten können, in diesem Augenblick loszurennen, um nach ihr zu suchen. Meakeiok hatte ihm den Weg gewiesen - er war in die Lüfte aufgestiegen und nach vorn geschossen, obwohl der Regen noch immer machtvoll herabprasselte. Als Victor über den Platz nach Norden hastete, war ihm eine Flut von Gefühlen durch den Kopf geschossen - die furchtbare Sorge, dass ihr etwas passiert war, ebenso wie die Bewunderung für den unfassbaren Mut dieses Mädchens. Er war gerannt wie noch nie in seinem Leben; riesige Pfützen und herumliegende Brocken hatte er wie im Flug übersprungen, war dann die weiten, flachen Stufen hinaufgerast und hatte schließlich den Platz vor dem verfallenen Gebäudekomplex erreicht.
Meakeiok war schon auf der Mitte des Platzes gelandet - und dann sah er sie, so klein wie ein Punkt, zusammengesunken auf dem Pflaster, unendlich verloren inmitten dieser monströsen Architektur. Er rannte weiter, so schnell er konnte, und je näher er kam, desto größer wurde seine Verwunderung, denn er erkannte, dass sie völlig nackt war.
Als er sie erreichte, wurde ihm klar, dass sie sich vor dem gewaltigen Ulfa völlig entblößt hatte, um ihm ihre bedingungslose Unterwerfung zu zeigen. Wahrscheinlich hatte sie ihn um Vergebung gebeten - er konnte es nur vermuten. Einen anderen Grund für ihr Verhalten konnte er sich nicht vorstellen.
Er warf sich über
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