Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
zweitausend Jahren noch zu existieren, das lag jenseits seiner Vorstellungskraft. Kein Zauber der Elementarmagie vermochte auch nur annähernd so etwas zu leisten.
»Warum kommst du nicht her und lässt es uns wie Männer von Ehre austragen?«, rief Munuel wütend. »Oder hast du keine Ehre? Muss ich annehmen, du hättest Angst, Schwarzer Mönch?«
Chasts Abbild verzog das Gesicht. »Angst? Vor dir?«
»Du warst mir schon einmal unterlegen!«, spottete Munuel. »Du hättest Grund genug! Aber bleib nur bei deiner Überheblichkeit. Das wird mir meine Sache erleichtern!«
Chast lachte auf. »Nein, kleiner Gildenmeister. Angst habe ich nicht. Ein bisschen Respekt, zugegeben.« Die Stimme von Chast war herablassend und spöttisch geworden. »Aber nicht allzu viel.«
Für Sekunden herrschte Schweigen.
»Ich möchte dir einen Handel anbieten«, sagte Chast dann. »Ich möchte dich zu einer kleinen Feier einladen, auf der es eine Überraschung gibt. Ich würde sie dir zu gern präsentieren. Wenn wir uns jetzt schlügen, dann würde dir das nicht mehr zuteil werden, und das wäre in der Tat bedauerlich.«
Munuels Stimme war schneidend. »Eine Feier? Was soll dieser Blödsinn?«
»Lass dich überreden, Altmeister. Du bekommst dadurch auch noch eine kleine Chance, als Sieger hervorzugehen. Eine klitzekleine nur, aber immerhin. Sagen wir, diese Chance erhältst du aus Respekt - obwohl sie dir nicht viel nützen wird. Aber immerhin, das wäre doch besser, als jetzt hier zu sterben, oder?«
Munuel zog es vor zu schweigen. Er war in Sachen Spott und Gehässigkeit nie der Stärkste gewesen, und in diesem Wortduell würde er klar der Verlierer sein.
»Bist du einverstanden?«, fragte Chast.
»Was verlangst du von mir?«
»Nichts weiter. Ich möchte nur, dass du Sardin kennen lernst. Geh dort drüben den Gang nach Osten entlang, bis zur Abzweigung. Dann nach Norden, durch die Halle, und dann in die nächste Halle. Dort warte ich auf dich.
Keine Sorge, unseren Kampf werden wir stilvoll und erst nach vorheriger Ankündigung beginnen.«
Damit verblasste Chasts Gesicht und Munuel stand wieder allein mit seinem kleinen Licht in der Dunkelheit.
Er wandte sich nach Osten. Die höhnischen Worte Chasts hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Munuel fühlte sich lausig.
Victor schlug gegen eine dunkle Wand, wurde zurückgeworfen und erwartete einen harten Aufprall, der ihm das Bewusstsein, wenn nicht gar das Leben nehmen würde. Aber das Nächste, was er mitbekam, war ein lautes Geräusch, ein seltsam weiches Nachgeben unter ihm, und dann kam die schlagartige Erkenntnis, dass er ins Wasser gestürzt war. Als er nicht mehr tiefer sank, begann er zu strampeln und mit den Armen zu rudern. Er hatte viel zu wenig Atemluft, aber dann war er plötzlich wieder oberhalb der Wasseroberfläche und sog japsend Luft in die Lungen.
Er tauchte wieder unter, kam abermals hoch und schaffte es, sich mit Schwimmbewegungen oben zu halten. Ihm schwindelte, doch die plötzliche Erkenntnis, dass er für den Moment noch einigermaßen ungeschoren davongekommen war, gab ihm einen innerlichen Ruck. Er hatte in den Sekunden, die er dort oben an den Ritzen gehangen hatte, irgendwie bereits mit dem Leben abgeschlossen. Er fragte sich, ob das seit der Todeszelle von Tulanbaar zu einem seiner Wesenszüge geworden war.
Keuchend blickte er nach oben, sah dort aber nur Schwärze, wie überall um ihn herum. Dann stieß er gegen etwas - es war die Canimbra, die auf dem Wasser schwamm. Er hielt sich daran fest und begann mit den Beinen zu strampeln. Kurz darauf stieß er schon gegen Stein; er hatte den Rand des Wasserbeckens, oder worin auch immer er schwamm, erreicht. Mühsam kämpfte er sich hoch, rollte die Canimbra an Land und kletterte dann selbst aus dem Wasser.
Ausgepumpt ließ er sich fallen, schaltete alle Sinne ab und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Nur am Rande nahm er war, dass es außer dem leisen Wasserplätschern kein Geräusch gab; Licht war ebenso keines vorhanden und er könnte auch nicht die Gegenwart irgendeines Wesens erspüren. Es schien gar, als drohe ihm im Augenblick keine unmittelbare Gefahr.
Nach einigen Minuten rappelte er sich auf. Seine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und er konnte hoch über sich ein kleines, vergittertes Quadrat sehen, durch das ein schwacher Lichtschein fiel.
Ansonsten war nichts zu erkennen. Er stand auf und begann in gebückter Haltung und mit ausgestreckten Armen umherzutappen. Dann
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