Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Vielleicht können wir diese Schattenwesen noch überraschen. Wenn wir lange warten, schreitet die Nacht fort und unser Vorteil ist dahin. Wir müssen jetzt losschlagen!«
»Aber wie wollen wir den Lauerer überwinden?«, fragte Ötzli. »Wir alle sind seit damals dreißig Jahre älter geworden. Ich frage mich, ob wir noch die Kraft haben.«
»Wir sind zu viert, und wir sind nicht dümmer geworden. Außerdem haben wir Bamtori.«
Ötzli und Munuel blickten unschlüssig den dunkelhäutigen Magier an, über den sie so gut wie nichts wuss-ten.
Jockum holte tief Luft. »Ich denke, ich muss es euch jetzt sagen. Bamtori trägt die Jambala.«
Während Munuel den dunkelhäutigen Magier überrascht anblickte, pfiff Ötzli durch die Zähne. »Das ist eine echte Überraschung! Die Jambala ist wieder hier! Ich dachte, sie wäre seit dem Fall Hegmafors verschollen.«
»Nein. Niemand außer mir, Meister Fujima und natürlich Bamtori weiß davon. Wir ließen damals verlauten, dass sie in der Schlacht verlorengegangen sei. Wir brachten sie weit fort, damit niemand von ihrem Verbleib erfuhr.
Jetzt trägt sie Bamtori. Remoch hat ihn vor einigen Monaten in meinem Auftrag aus Veldoor rufen lassen, als sich die Dinge bei uns zuspitzten. Es ist ein großes Glück für uns, dass er jetzt hier ist.«
»Das kann man wohl sagen«, meinte Munuel.
Alle starrten Bamtori mit unverhohlener Ehrfurcht an. Der breitschultrige Mann stand da wie eine Statue.
Jockum wandte sich an Leandra. »Könntest du den Wagen, in dem der Lauerer sitzt, wiedererkennen? Wir haben wahrscheinlich nur einen Versuch. Ich möchte nicht, dass wir einen leeren Karren angreifen.«
»Ja ...«, sagte sie unsicher. »Ich denke schon.«
»Und? Bist du wieder kräftig genug, um uns zu begleiten?«
Leandra wurde ein wenig schwindlig. Sie würde dabei sein, wenn die vier den Dämon angriffen! Sie blickte Munuel an. »Ja, ich denke, es geht.«
Jockum wandte sich um und sah nach Hellami und Roya. »Die beiden bleiben hier. Ich schlage vor, wir greifen den Lauerer sofort an. Bamtori sollte Leandra beschützen. Wenn es uns gelingt, den Dämon hervor-zulocken, werde ich Leandras Schutz übernehmen, und Bamtori kümmert sich mit der Jambala um ihn.«
Der dunkelhäutige Magier berührte das Heft seines Schwerts und nickte grimmig. Munuels Augen waren hart geworden, und selbst der alte, etwas gebrechliche Jockum schien plötzlich von einer unbeschreiblichen Kraft erfüllt zu sein.
Leandra geriet in einen Strudel angstvoller Faszination. In Kürze würde sie Zeugin eines Schauspiels werden, wie es zuletzt wahrscheinlich vor tausend Jahren ein Adept miterlebt hatte. Ihr Herz pochte wild.
Sie brauchten eine Viertelstunde, ehe sie den Eingang zur Schlucht erreicht hatten. Leandra nutzte diese Zeit, um Fragen zu stellen, die ihr auf der Zunge brannten.
»Die Jambala«, sagte sie leise, »ist das dieses Schwert, das Bamtori bei sich hat?«
Munuel brummte ein leises Ja.
»Und ...«, fragte sie nach einigem Zögern, »was hat es mit dieser Bruderschaft von Yoor auf sich?«
Munuel überlegte eine Weile. »Es sieht so aus, als hätten wir nun die einzig sinnvolle Erklärung, wer diese Bruderschaft, von der wir immer häufiger hören, sein könnte.«
»Also die Bruderschaft von Yoor? Aber ... was, bei den Kräften ist das?«
Munuel kratzte sich an der Schläfe. »Du erinnerst dich doch sicher an das, was ich dir über das Dunkle Zeitalter erzählte. Die Bruderschaft von Yoor - so nannte sich die Gruppe der abtrünnigen Magier, die vor zweitausend Jahren mit der Gilde in Konflikt geriet, woraufhin das Dunkle Zeitalter folgte. Der Name Yoor stammt von ihrem Ursprungsort - soweit ich weiß, einem Tempel namens Yoor.«
Leandra blieb erschrocken stehen. Munuel zog sie weiter.
»Du meinst die Gruppe mit dieser abseitigen Magieform?«
Munuel nickte ernst.
»Beim Felsenhimmel! Ist das sicher? Ich meine, warum seid ihr plötzlich so sicher, dass es diese Leute sind?
Das ist doch schon so lange her ...«
»Das hängt mit euren Erlebnissen zusammen«, sagte Munuel.
Sie sah ihn verständnislos an.
»In der Bruderschaft von Yoor gab es damals keine Frauen«, sagte Munuel. »Ich weiß nicht, warum - sie wollten sie einfach nicht haben. In der Gilde hingegen gab es schon immer Magierinnen. Dann, als die Bruderschaft von Yoor für geächtet erklärt wurde und im Untergrund verschwand, begannen die Greueltaten, von denen ich dir erzählte. Zuerst wurden Kinder entführt, danach
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