Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
ihre Freundin und verlor sich in Gedanken darüber, was sie tun könnte, wenn sie, wie Leandra, ein Mindestmaß
an Macht besäße. Magie, ihre Drachenfreunde, die Kunst des
Schwertkampfes…
Alinas Wachtraum vermischte sich mit der wundervollen Ansicht
der Landschaft. Benni saß nun zwischen ihren Beinen und hatte
den Kopf auf ihr rechtes Knie gelegt. Sie streichelte ihn. Er war
ein braver und liebeswerter Hund, und sie hoffte, dass es ihr irgendwie gelingen würde, ihn zu behalten. Nach einer Weile legte
sich das Drakkenschiff in eine leichte Linkskurve und flog dann
einige Dutzend Meilen über hügeliges Grasland und zwischen
mächtigen Pfeilern hindurch, die seltsam gleichmäßig über das
Land verteilt waren.
Dann sah sie rechts Yanalee auftauchen. Es konnte nur Yanalee
sein, denn dort entstand gerade eine weitere Stadt der Drakken.
Das Schiff ging tiefer, drehte sich während des Fluges und Alina
erblickte unter sich einen großen, staubigen Platz, auf dem weitere Drakkenschiffe standen. Sie setzten zur Landung an.
Inzwischen hasste sie das Geräusch geradezu, mit dem diese
Flugschiffe beschleunigten oder landeten – dieses schreckliche,
laute Jaulen, das wie ein Messer durch die Welt schnitt. Es war
ein achtloser, kalter und gemeiner Lärm, der alles übertönte. Sie
war froh, als das Schiff endlich stand und das Geräusch verebbte.
Die seitliche Tür glitt auf und draußen warteten bereits zwei
Drakken: der eine ein bewaffneter Soldat, der zweite ein Verwalter, wie Alina diese Sorte mit ihren durchsichtigen Tafeln inzwischen benannt hatte. Umständlich stieg der dicke Mönch aus, gab
dem Verwalter seine eigene Tafel und baute sich seitlich neben
der Tür auf, um die Übergabe seiner Gefangenen zu beaufsichtigen. Alina und die beiden Männer stiegen aus. »Das Tier!«, sagte
der Verwalter scharf und deutete auf Benni. »Das Tier kann hier
nicht herein!« Er wandte sich zu dem Drakkensoldaten um und
vollführte eine knappe Handbewegung. Sofort trat die Kreatur ein
Stück vor und hob seine klobige Waffe – in Richtung Benni. Alina
schrie auf und ließ sich sofort neben Benni auf die Knie fallen, um
schützend den Arm über ihn zu legen. »Nein!«, rief sie, »das
könnt ihr nicht tun!«
Dann geschah etwas Seltsames.
Benni, in der schützenden Umarmung Alinas geborgen, fand offenbar seinen Mut wieder und fletschte die Zähne in Richtung des
Drakkensoldaten. Er stieß ein einzelnes, warnendes Bellen aus,
einen kurzen, fast schmetternden Laut – und der Drakkensoldat,
nur mehr zwei Schritte von Alina und ihrem Hund entfernt, zuckte
zusammen und blieb stehen. Einen solchen Laut hatte er offenbar
noch nie vernommen. In seinem plötzlichen Schreck schien er wie
gelähmt.
Dann aber, nachdem für einige Sekunden angespanntes
Schweigen geherrscht hatte, öffnete sich plötzlich das Maul des
Drakken. Er riss den Rachen weit auf, als wollte er einen Laut des
Entsetzens formen, während gleichzeitig seine kleinen, echsenhaft geschlitzten Augen hervortraten.
Ein heißer Schauer fuhr Alinas Rücken herab. Augenblicke später sank die Waffe des Drakken nach unten, glitt aus seinen Klauenhänden und schlug polternd auf den Boden. Alle Anwesenden
traten erschrocken zurück. Irgendetwas stimmte mit dem Drakkensoldaten nicht. Er stieß ein kehliges Röcheln aus, schlug sich
dann plötzlich mit aller Heftigkeit seine beiden vierfingrigen Klauen vor die Brust und bewegte sich wie einer, der keine Luft mehr
bekam, zuerst langsam, ungläubig, dann immer hektischer und
zuletzt in Panik und Raserei verfallend. Sein Röcheln wurde zu
einem echsenhaften Kreischen, er begann zu toben, während alle
Umstehenden angstvoll noch weiter zurückwichen. Endlich schaffte er es, sich seinen grün schimmernden Panzer vom Leib zu reißen; eine Wolke aus Dampf stob auf. Dann dauerte es nur noch
Sekunden. Er stieß einen lang gezogenen Laut aus, sackte in sich
zusammen und stürzte leblos zu Boden.
Alina kauerte bei Benni, starrte, ebenso wie alle anderen, ungläubig auf den toten Drakken. Schaum stand vor seinem Maul.
»Das Tier!«, kreischte der Verwalter und wich vor Benni zurück.
»Tötet das Tier! Es hat ihn umgebracht!«
Während. die vier verbliebenen Drakken, die zur Mannschaft
des kleines Schiffs gehörten, vorstürmten und mit gezückten
Waffen auf Alina und Benni losgingen, stieß Benni weitere warnende Belllaute aus, mindestens so scharf wie der erste.
»Hört auf!«, schrie Alina. »Hört auf!« Sie hob
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