Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
richtete den Blick in die Höhe. Es war ein fast kreisrunder Tunnel, der vor ihr in die Ferne
führte. An mehreren Stellen waren riesige, grelle Lichter angebracht, aber man konnte sie nicht klar erkennen, denn die gesamte
Halle war von rötlichem Staub erfüllt. Nun verstand sie – diese
Anzüge stellten offenbar auch Atemluft bereit, denn hier unten
konnte man ungeschützt gewiss kaum Luft holen. Plötzlich tauchte mit Getöse aus dem milchig-rotbraunen Staub vor ihr ein riesiges Fahrzeug auf. Erschrocken stob die Gruppe auseinander – mit
dem Ergebnis, dass manche einen ziemlich hohen Luftsprung
machten. Aber das Fahrzeug polterte weit genug an ihnen vorbei.
Es war dem nicht unähnlich, mit dem sie vom Flugplatz aus zur
Stadt gebracht worden waren, nur besaß es auf der Oberseite
eine riesige Wanne aus Metall, in der sich Gesteinsbrocken türmten – wahrscheinlich das Wolodit.
»Um das Gestein aus den Adern zu brechen, muss viel Kraft
aufgewendet werden«, erklärte Renash mit lauter Stimme. »So
viel, dass dabei der Kalkstein völlig zertrümmert und zu Staub
zermahlen wird. Und nun kommt mit!«
Sie erreichten ein weiteres Fahrzeug, das vor ihnen aus dem
Staub auftauchte. Es bestand jedoch aus nicht mehr als einer
großen, flachen Metallplatte, etwa eine Handbreit dick, die auf
unerklärliche Weise drei Handbreit über dem staubigen Boden
schwebte. Sie war gelb und schwarz gestreift und auf ihrer Oberseite befanden sich Geländer zum Festhalten. Kaum waren sie
alle aufgestiegen, setzte sich die Platte in Bewegung und glitt in
beachtlichem Tempo über den Grund hinweg. Alina bekam Angst,
dass sie mit einem der riesenhaften Lastfahrzeuge zusammenstoßen könnten, das plötzlich aus dem dichten Staub auftauchen
mochte – aber dann beruhigte sie sich wieder. So etwas würde
nicht zu dem präzisen Ablauf passen, den die Drakken hier in
Gang gebracht hatten.
Sie bogen an einer Verzweigung in einen Seitentunnel ein, der
einen fast ebenso großen Durchmesser besaß wie der Haupttunnel. Dann schwoll vor ihnen Lärm an. »Ihr müsst nun die Außenlautstärke herunterdrehen!«, rief Renash und deutete auf seinen
rechten Unterarm, wo sich in Höhe des Handgelenks ein klobiges
blaues Rad befand. »Wir nähern uns der Vortriebsmaschine und
da ist es verdammt laut!« Mit erhobenem Arm zeigte er, wie man
die Lautstärke vermindern konnte. Alina tat es ihm nach und
stellte fest, dass der aufschwellende Lärm von draußen tatsächlich leiser wurde. Draußen musste es brüllend laut sein. Renashs
Stimme wurde wieder klarer und er sprach leiser. Irgendwie
musste sie über einen anderen Weg in ihren Anzug gelangen.
Schließlich hielt die schwebende Plattform an und Renash
sprang herunter. Alina und die anderen folgten ihm. Bald darauf
schälten sich aus dem Staub die Umrisse anderer Menschen in
Anzügen. Alina blieb erstaunt stehen, als sie sah, was sie taten.
Sie trugen riesige, längliche Geräte, die an der Spitze einen
kurzen Bogen aus orangefarbenem Licht ausspieen. Mit diesen
Geräten rückten sie großen Gesteinsbrocken zu Leibe, die sich vor
ihnen auftürmten. Das war offenbar die Hinterlassenschaft dieser
Vortriebsmaschine, was auch immer das sein mochte. Alina nahm
an, dass es ein riesiges Ungetüm sein musste, das sich dort vorwärts grub, irgendwo im dichten Staubnebel vor ihnen. So groß
wie ein Haus – der Durchmesser des Tunnels deutete darauf hin.
Die Männer und Frauen zerschnitten mit ihren Brenngeräten mehr
als mannsgroße Woloditbrocken in kleinere Stücke. Andere Arbeiter besaßen Geräte, mit denen sie diese Brocken packten und
abtransportierten. Wohin, konnte Alina in dem Staubnebel nicht
erkennen, aber wahrscheinlich stand irgendwo eines dieser großen Lastfahrzeuge. Sie riss sich von dem Anblick los und wandte
sich um. Renash war mit zwei großen unförmigen Geräten erschienen und nun wurde es richtig spannend.
*
Stunden später war Alina bereit, ihr anfangs so mildes Urteil
über die Behandlung der Menschen durch die Drakken zu korrigieren. Sie befand sich in ihrer zweiten Arbeitsphase, der dreistündigen, und trotz all der Vorteile ihres erstaunlichen Anzuges
war sie reichlich erschöpft. Zum Glück musste sie jetzt, in der
zweiten Schicht, nur einen Brenner betätigen. Das war weniger
anstrengend, als die großen Brocken mit den Greifern abzutransportieren. Die Drakken hatten andere Worte für diese Geräte,
aber die Menschen blieben instinktiv bei dem, was sie noch
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