Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
sehen!«
Roya holte tief Luft und seufzte. Sie sah unglücklich aus, etwas
belastete sie. Für eine Weile herrschte Schweigen.
»Ich habe einen schrecklichen Fehler begangen«, eröffnete sie
ihnen schließlich.
Alina, Marko und Izeban tauschten erstaunte Blicke.
»Es geht um Quendras«, erklärte sie zögernd. »Bei Rasnors
Überfall, damals in Hammagor, hat er mir das Leben gerettet. Mir
und Victor. Dabei aber hat er selbst etwas abbekommen – eine
mörderische Magie von Rasnor. Quendras drohte zu sterben, aber
ich konnte den Gedanken nicht ertragen. Ich habe Victor dazu
gedrängt, Hilfe zu holen. Das endete damit, dass Faiona starb.«
Roya blickte zu Boden, ihre Augenwinkel waren plötzlich feucht.
Alina sagte leise zu Marko und Izeban: »Faiona war ein Drache,
Tiraos Lebensgefährtin. Sie starb, als sie Victor vor den Drakken
rettete.« Sie wandte sich wieder Roya zu und nahm ihre Hand.
»Du hast nichts Unrechtes getan, Roya! Du hast nur versucht,
einen Freund zu retten. Woher solltest du wissen, dass Victor und
Faiona auf Drakkenschiffe stoßen würden?«
Roya blickte auf, sie weinte regelrecht. »Das war schon schrecklich genug«, sagte sie. »Aber das ist nicht mal das, was ich meine. Ich habe etwas noch viel Schlimmeres getan!«
Alina fühlte einen Stein im Magen. Sie überlegte, ob sie Marko
und Izeban wegschicken sollte. Aber dann hätte sie sich vielleicht
auch gleich selbst wegschicken müssen. So überließ sie es Roya,
wem sie sich anvertrauen wollte.
»Victor blieb aus«, fuhr Roya fort. »Er kam einfach nicht rechtzeitig wieder. Quendras hingegen… er wurde immer schwächer.
Ich hatte Angst, dass er es nicht mehr schaffen würde. Und ich
hatte inzwischen sogar Angst, dass Victor gar nicht mehr kommen könnte. Er war so lange fort, dass ich fürchtete, ihm wäre
etwas zugestoßen. Ich war allein in Hammagor.«
Alina war verunsichert. Sie wusste nicht, was Roya ihnen sagen
wollte. »War denn Tirao nicht mehr bei dir?«
Roya schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen fort.
»Nein. Ulfa hatte ihn nach Savalgor geschickt. Ich war wirklich
ganz allein. Und ich hatte Angst. Das bisschen Magie, das ich beherrsche – es hätte mich nicht vor dem Verhungern retten können. Und dieses verfluchte Hammagor, es war so unheimlich.
Hunderte von Meilen von jeglicher menschlichen Ansiedlung entfernt. Ich hatte einfach schreckliche Angst.«
Alina verstand nicht. »Was… hat das denn mit Ulfa zu tun?«
Royas Brust hob und senkte sich schmerzvoll; sie nickte. »Ich
habe ihn gerufen. Habe durchs Trivocum nach ihm geschrieen.
Und er kam.«
»Aber… was soll daran schlimm sein? Quendras lebt und Ulfa
wird schon gewusst haben…«
Roya schüttelte den Kopf. Ihr unsicherer Seitenblick traf Marko
und Izeban. »So ist es nicht gewesen, Alina. Ulfa hat Quendras
nicht geholfen.«
Sie zog die Brauen hoch. »Nicht?«
»Nein. Ich redete lange mit ihm. Versuchte ihn zu überzeugen.
Aber er blieb hart. Er sagte, dass er bereits zwei Mal zu weit gegangen sei. Ich wusste nicht, was er meinte. Er sagte, er würde
gegen die Regeln verstoßen. Jedes Mal, wenn er es täte, würde er
etwas aus dem Gleichgewicht bringen. Und deshalb könnte er
dieses Mal nicht mehr eingreifen. Wenn es Quendras’ Schicksal
sei zu sterben, dann müsse er eben sterben.«
Alina schluckte hart. Sie wusste nur wenig über den Urdrachen,
aber sie hatte nicht erwartet, dass er so wenig Erbarmen kannte.
Royas Anliegen war mehr als ehrenvoll und anständig gewesen.
Zumal Quendras derjenige gewesen war, der Victor und Roya
überhaupt erst gerettet hatte. Ohne ihn wäre die ganze Suche
nach dem Pakt von vornherein ein gewaltiger Misserfolg geworden… Alina unterbrach ihren Gedankengang. Genau das war spä
ter dann tatsächlich auch eingetreten.
So gesehen war Victors und Royas Jagd nach dem Pakt völlig
umsonst gewesen, Quendras’ Hilfe gegen Rasnor vergebens und
Faionas Tod sinnlos. Lag darin etwa die seltsame Logik dieses
Falls? Eine Logik, die Ulfa zu diesem Zeitpunkt schon erkannt –
oder wenigstens erahnt – hatte und derentwegen er sich geweigert hatte, Quendras zu helfen? Alina stöhnte innerlich. »Was
geschah dann?«, fragte sie. »Verließ dich Ulfa einfach wieder?«
»Ich verjagte ihn«, sagte Roya. Sie blickte unsicher auf. »Ich
schrie ihn an, er solle sich davonscheren.«
Nun verstand Alina. Roya hatte kein Vertrauen mehr zu Ulfa,
und sie mochte ihm auch kaum unter die Augen treten. Nach einer Weile fragte sie vorsichtig: »Ich könnte
Weitere Kostenlose Bücher