Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
unauffällig
sind. Nicht so wie eure Brutalmethode. Diese nennt man Stygische Magie. Wir haben uns abgewechselt, Roya und ich.«
Er schwieg eine Weile. »Und… wie viel Salz habt ihr nun?«
»Ich weiß nicht genau. Es müssen so um die zwölf Fässer sein.«
»Zwölf Fässer?«, stieß er verblüfft hervor.
»Ja. Große. Hundertzwanzig-Pfund-Fässer. Ich denke, das wird
genügen.«
Rasnor sagte nichts mehr. Ganz offensichtlich war er beeindruckt. Leandra fand, dass er das auch sein durfte.
*
Alina hatte sich die von Majana überbrachte Nachricht aufgeschrieben und sie seit heute Morgen immer wieder gelesen, mindestens ein Dutzend Mal.
Mit Tränen in den Augen.
Roya teilte ihr darin mit, dass sie nun ebenfalls ein Wagnis eingehen müsse, sie und ihre Freundinnen, und es wäre nicht weniger gefährlich als das ihre.
Alina solle ihr Glück wünschen. Wenn alles gut ging, würden sie
gegen Abend oder in der Nacht ein eindeutiges Signal über das
Trivocum hören, Laura solle darauf achten. Ein Signal für den
Angriff der Drachen. Wenn es nicht kam, sollten die Drachen es
lieber nicht wagen – dann hätten sie es wahrscheinlich nicht geschafft.
Alina hatte den Fehler begangen, ihren Schock und ihren Kummer nicht vor Marko zu verbergen. Marko hatte schließlich aus ihr
herausgeholt, in welche Gefahr sich Roya gestürzt hatte, und er
war beinahe in einen Tobsuchtsanfall geraten. Abwechselnd fluchte und zeterte er, dann saß er niedergeschlagen irgendwo in einer
Ecke und starrte taub ins Leere – und weinte sogar. Sie hatte
nicht geahnt, dass er Roya so liebte. Sie tat es selbst. Wenn
Roya, Leandra oder den anderen beiden etwas zustieß, würde sie
keine Freude mehr am Leben haben. Das Schlimmste war, dass
sie zum Warten verdammt waren, dass sie nicht das Geringste
tun konnten. So verbrachten sie den Tag in unerträglicher Anspannung. Ganz Malangoor fieberte, und jeder, der auch nur einen
Hauch des Trivocums ertasten konnte, lauschte angestrengt auf
das erlösende Signal. Als es am späten Nachmittag tatsächlich
kam, konnten sie es zuerst fast nicht glauben.
40
Der Gegenschlag
Alles hatte so wunderbar geklappt, und jetzt dies! Ein Fehler,
ein dummer Denkfehler, fluchte Leandra in sich hinein. Sie hatten
zu hastig gehandelt, nachdem sie den uCuluu getötet hatten. Dieses seltsame Wesen, der Muuni – er musste mitbekommen haben, was vorgefallen war. Wenn er tatsächlich eine gedankliche
Verbindung zum uCuluu herstellen konnte, dann musste er auch
Möglichkeiten haben, Verbindung mit anderen aufzunehmen! Anfangs war alles noch überraschend gut gelaufen. Sie hatten es
tatsächlich geschafft, die Halle des Verdunsters zu erreichen und
ihre gesamte tödliche Fracht in das große obere Becken zu kippen, aus dem das Wasser in feine Rohre floss und über der riesigen, heißen Metallspindel zerstäubt wurde. Sie hatten es zuvor
ausprobiert – das verdichtete Salz löste sich im Wasser wieder
auf. Ein einziges, winziges Körnchen genügte, um einen Eimer
voll zu einer ekelhaft salzigen Brühe werden zu lassen. Als sich
die Halle mit dem Dampf des salzigen Wassers füllte, konnten sie
es deutlich auf den Lippen schmecken – wie am Meer. Und hier
hatten sie auch noch das erforderliche Wasser in der Luft – das es
laut Izebans Vorhersage durch die Schuppenhaut der Drakken
transportieren würde. Sie brachen in Jubel aus, während der hilflos gefesselte Rasnor mit zusehen musste, wie sich sein Traum,
Shabib zu sein und mit den Drakken die Welt zu beherrschen, in
salzigem Dampf auflöste. Weit oben in der riesigen Halle befanden sich Dutzende von monströsen, quadratischen Schlünden, die
heulend den Dampf aufsogen und irgendwohin weiterleiteten. Sie
wussten nicht, wie lange es dauern würde, bis er das ganze
Drakkenschiff durchzogen hatte, aber Leandra hatte beim Anblick
der riesigen Öffnungen den Eindruck, dass es schnell gehen würde. Eines wussten sich sicher: Wenn ein Speicheltröpfchen eines
Hundes einen Drakken in Sekunden töten konnte, dann würden
an die fünfzehnhundert Pfund Salz für dieses Schiff genügen. Der
udiluu hatte die Gefahr des Salzes nicht gekannt, das war aus
dem einen Wort klar hervorgegangen, das er vor seinem Tode
geäußert hatte. Bis diese tumben Kreaturen begriffen, was da
geschah, wäre längst alles zu Ende. Es mochte sehr gut sein,
dass sie alle tot waren, ohne das auch nur einer von ihnen ahnte,
was mit ihnen geschah – und woher der Tod zu ihnen kam. Hatten sie
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