Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
Augenblicke später ertönte ein kurzes, pfeifendes Geräusch, dann ein Klatschen. Der uCuluu stieß einen erstickten Laut aus und ließ die Arme sinken. Ein weiteres Geräusch
gleicher Art ertönte, dann ein drittes. Der uCuluu taumelte nach
hinten.
Rasnor stieß einen Schrei aus und stürzte nach vorn. Leandra
fuhr kampfbereit herum, aber da erhielt er schon von Marina einen Schlag quer von hinten über den Kopf. Wie ein Sack kippte er
um. Marina hielt mit einem bösen Grinsen einen mit Reis gefüllten
Lederstrumpf in der Hand – eine gute halbe Elle lang.
Leandra, noch immer völlig kalten Blutes, sah wieder nach dem
uCuluu. Das riesige Wesen begann zu röcheln und zu ächzen,
verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten um. Mit einem
dröhnenden Schlag krachte er auf den Boden. Leandra blickte
angstvoll zur Tür. Der uCuluu blieb keuchend auf dem Rücken
liegen, begann plötzlich wie wahnsinnig mit Armen und Beinen zu
strampeln und stieß ein lang gezogenes Röhren aus.
Leandras Herz krampfte sich zusammen. Nun entschied es sich.
Wenn die Drakken draußen vor der Tür hörten, dass hier ein Tumult herrschte, würden sie in wenigen Augenblicken hereingestürmt kommen. Aber die Tür blieb noch immer zu. Roya hatte
sich bereits nach rechts zurückgezogen und lud die kleine Armbrust nach. Der uCuluu strampelte und schlug so heftig um sich
wie ein Insekt, das gerade von einer Nadel aufgespießt wurde.
Sie traten alle einen Schritt zurück, obwohl er ein gutes Stück
von ihnen entfernt lag.
Weder blickte sie zur Tür, aber nichts geschah. Womöglich vermochte sie Geräusche zu dämpfen. Als Leandra wieder zum uCuluu sah, keuchte er nur noch und seine Bewegungen erlahmten.
Kurz darauf lag er still da. Sie starrten noch eine Weile voller
Angst zur Tür, aber sie blieb nach wie vor geschlossen. Endlich
gestatteten sie sich ein erleichtertes Aufatmen. Mit einem Stöhnen versuchte sich Rasnor aufzurappeln. Azrani beugte sich von
hinten über ihn und hielt ihm einen zwei Handbreit langen, gemein aussehenden Dolch in die Seite. »Schön ruhig bleiben, ja?«
Leandra eilte zu Roya und half ihr aus den restlichen Kleidern.
Ächzend schälte sie sich heraus und ließ sie zu Boden fallen – die
Geräusche waren nicht weniger heftig als bei Leandras Kleidern.
Dann übernahm Leandra Azranis Dolch, und gleich darauf hatten
sich Marina und Azrani ihrer Last entledigt. Roya überzeugte sich,
dass der uCuluu wirklich tot war, und holte sich ihre drei Armbrustbolzen wieder. »Ich hätte es mit einem probieren sollen«,
murmelte sie finster. »Ich glaube, da wäre genug Salz dran gewesen.« Rasnor stammelte nur unzusammenhängende Laute. Er
war offenbar außerstande zu begreifen, was hier passiert war.
»Na, na«, sagte Leandra leise zu ihm. »Wir haben doch unsere
Unterwäsche noch an! Du wirst doch nicht die Fassung verlieren?«
»Ihr… ihr habt den uCuluu getötet!«, keuchte er.
Marina, die bisher das naive, nette Mädchen für ihn gespielt
hatte, kniete sich vor ihn hin. »Ganz recht«, sagte sie kühl. »Und
du bist der Nächste, wenn du nicht artig bist!«
Roya kniete sich dazu. »Was machen wir jetzt?«, fragte sie leise.
Leandra sah sich um. »Ich weiß noch nicht. Hauptsache, wir leben noch.«
»Ihr seid wahnsinnig!«, keuchte Rasnor. »Völlig wahnsinnig! Ihr
kommt hier nie wieder raus!«
»Schon möglich. Damit haben wir gerechnet.«
Rasnors ungläubige Augen wurden noch größer.
Azrani, die im Raum herumgegangen war, kam zurück.
»Da hinten geht’s weiter – in ein paar Seitenräume, soweit ich
sehen kann. Da ist so ein komisches Vieh in einer Ecke.«
»Ein Vieh?«
»Ja, so ein großer Wurm auf Watschelbeinen. Sieht scheußlich
aus.«
Leandra nickte. »Das ist ein Muuni. Irgendein Haustier des uCuluu. Ich glaube, es ist ungefährlich.«
Sie einigten sich darauf, dass Leandra fürs Erste bei Rasnor
blieb und die anderen die hinteren Räume durchsuchten. Rasnor
war für eine ganze Weile nicht in der Lage, seine Gedanken zu
ordnen.
Irgendwann schaffte er es, sich aufzusetzen. »Was habt ihr
vor?« stammelte er endlich.
»Siehst du das nicht?«, fragte sie. »Wir werden die Drakken
vernichten!«
Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Die Drakken vernichten?
Aber… wie denn?«
Sie deutete auf die am Boden liegenden Kleider.
»Mit Salz.«
»Salz?«
»Es wirkt tödlich auf sie. Schon in kleinsten Mengen.«
Er brachte ein kleines, dümmliches Lächeln zustande und kicherte. »Und jetzt wollt ihr hier herumgehen und
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