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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Meados’ Schatten abermals vorüberzog, erneut ein
Stück weiter links und höher. »Im Augenblick scheint er jedenfalls
nicht zu wissen, wo wir sind.«
Ullrik blickte zum Himmel und sah, dass sie Recht hatte.
Rüde zauste er ihr die nassen blonden Haare. »Ihr Mädchen
seid wirklich nicht dumm. Jede Einzelne von euch ist ein kluger
Kopf.«
Hellami prustete, denn seine Pranke hatte sie ein Stück nach
unten gedrückt. Dennoch war ein schwaches Lächeln auf ihrem
Gesicht zu erkennen. »Er hat Asakash getötet«, schluchzte Cathryn. Ihr Tränenstrom war noch immer nicht versiegt. Erst jetzt
drang der Verlust in Ullriks Bewusstsein. Cathryn hatte ihm von
ihrer Drachenfreundin Asakash erzählt, als sie einen gemeinsamen Abend am Feuer vor der Pyramide verbracht hatten. Während sie mit ihren rätselhaften Kräften seine Prellungen und seinen Unterarmbruch geheilt hatte, hatte sie unablässig geredet.
Ullrik erinnerte sich daran, dass er ihr gern zugehört hatte, obwohl es eigentlich nur Kindergeplapper gewesen war. Jedes einzelne Wort aus ihrem Mund war voller Wärme und Reinheit gewesen, ihre Stimme angenehm und ihre Art herzerwärmend. Von
ihrer großen Schwester Leandra hatte sie erzählt, von Alina, den
Schwestern des Windes, ihren Eltern, dem Verräter Rasnor; von
Angadoor, Tirao und natürlich von Asakash.
Asakash war so etwas wie Cathryns eigener Drache gewesen,
ein junges Drachenmädchen, gerade erwachsen geworden, aus
einer Felsdrachenkolonie nahe Angadoor. Cathryn liebte die Drachen, besonders aber ihre Freundin Asakash. Dass sie mit nach
Veldoor gekommen war, erwies sich als ihr Unheil. Für Cathryn
musste heute einer der entsetzlichsten Tage ihres jungen Lebens
sein. Ullrik hatte selbst einmal, als er noch ein Kind gewesen war,
ein kleines Häschen gehabt, einen mutterlosen Findling. Im Geheimen hatte er versucht, es großzuziehen, ohne dass es strengen den und gefühlskalten Brüdern des Waisenhauses, in dem er
groß geworden war, in die Hände gefallen wäre. Ein paar Tage
lang war es ihm geglückt. Dann hatte ihn einer seiner Kameraden
verpetzt, und der Prior hatte dem Häschen vor seinen Augen den
Hals umgedreht. Die Prügel, die er anschließend bezogen hatte,
und die drei Tage Arrest im Kellerloch hatte er vor ohnmächtigem
Zorn gar nicht gespürt. Er war fünf oder sechs gewesen und hatte
sich damals geschworen, den Prior mit seinen eigenen Händen
dafür umzubringen. Es war nie so weit gekommen, aber das Erlebnis war ihm unvergesslich geblieben. Etwa so wie er damals
musste sich die kleine Cathryn jetzt fühlen. Er drückte sie an sich.
»Er wird dafür bezahlen, das verspreche ich dir! Wir werden ihn
dafür bluten lassen!« Als er Cathryn wieder losließ, wischte sie
sich mit dem Handrücken über die feuchten Wangen und sah ihn
ernst an. »Versprochen?«, fragte sie.
Ullrik wusste, dass sie herausfinden wollte, ob er es ernst
meinte, und bemühte sich, ihr das entsprechende Gefühl zu vermitteln. Sich selbst sagte er, dass er sein Versprechen wirklich
einlösen sollte. Meados hatte ein unerträgliches Verbrechen an
der gerade erst wieder aufkeimenden Freundschaft zwischen
Menschen und Drachen begangen. Er war ein Mörder, ein Verräter
und zeigte keinerlei Skrupel. Ob Ullrik je eine Gelegenheit finden
würde, dem Sonnendrachen wirklich etwas anzutun, war fraglich.
Dennoch wollte er es versuchen. Er hatte es Cathryn gerade versprochen, und vielleicht sollte er es auch deswegen tun, um mit
sich selbst im Reinen zu sein. Kreaturen, egal ob Mensch oder
Drache, die Kindern so etwas antaten, sollten dafür bezahlen
müssen.
*
    Die drei waren zu dem Schluss gekommen, dass keiner von ihnen Marius hatte abspringen sehen; nicht einmal Noa, der Felsdrache, auf dem er geflogen war, war in der Nähe gewesen. Es
schien fast, als hätten die beiden an ihrem Fluchtmanöver nicht
teilgenommen.
    »Vielleicht sind sie in eine andere Richtung geflohen«, meinte
Hellami, als sie an einer geschützten Stelle aus dem Wasser stiegen. Es war bereits dunkel, und Meados hatten sie seit längerem
nicht mehr gesehen.
    Ächzend stemmte sich Ullrik auf den nassen Felsen. Mühe bereitete ihm weniger sein eigenes Gewicht denn die nassen Sachen,
die er trug. Er ließ sich rücklings zu Boden sinken und lehnte sich
stöhnend an einen Felsvorsprung.
    Cathryn floh bibbernd in Hellamis Arme.
»Glaub ich nicht«, schnaufte er. »Ich habe Yachaoni ganz schön
angefahren, als ich sah, was uns drohte. Ich habe

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