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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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keine dieser Kreaturen vorkamen. Häufig waren es mehrere, immer umgeben von
einer Vielzahl von kleinen, schlangenähnlichen Wesen mit Armen
und Beinen, die ihnen huldigten. In jedem Karo gab es verschiedene Objekte – was sie jedoch bedeuten sollten, vermochte Azrani nicht zu sagen. Es waren verzierte Gegenstände, manchmal an
Bauwerke erinnernd, manchmal an Schrifttafeln. Meistens stellten
sie Dinge dar, die Azrani nicht zuordnen konnte: kleine, geometrische Figuren, Töpfe, Gebrauchsgegenstände oder Waffen vielleicht. Eines jedoch war offensichtlich: Die kleinen Wesen, ebenfalls sechsbeinig und oft aufrecht gehend dargestellt, schienen die
großen Pilzwesen zu verehren. Sie mussten so etwas wie die Herren oder Götter der Schlangenwesen sein.
    Auffällig erschien Azrani, dass es nicht eine einzige Darstellung
gab, welche die Kriegskunst oder irgendeine Art von Konflikt darstellte. Alles schien friedlich, harmonisch und von Glück erfüllt,
und das stand in krassem Gegensatz zu ihrem Erlebnis in dem Tal
mit dem Wolkenschiff oder gar zu der Stadt, die sie am Beginn
ihrer Reise erkundet hatte. Dass die Gerippe und die Schädel, die
sie dort gefunden hatte, diesen kleinen Schlangenwesen hier gehören mussten, war ihr schon bald klar geworden.
    Staunend schritt sie die Mauer ab und fand nach einer Weile bereits gesehene Motive wieder. Schließlich verglich sie die Abbildungen und fand heraus, dass sich die Motive in der Tat wiederholten. Sie ähnelten einander bis aufs Haar, so als handelte es
sich um Stempelabdrücke. Dennoch waren die Wiederholungen
als solche nicht allzu häufig; die Grundmotive waren viele an der
Zahl, und sie kamen einzeln und nicht gruppenweise vor.
    Nach einer Weile empfand Azrani die Wandmotive als bedrückend und entfernte sich wieder von ihnen. Das leuchtend türkisgrüne Wasserbecken in der Mitte der Halle zog nun ihre Aufmerksamkeit auf sich. Rasch eilte sie zurück zu den Vertiefungen zwischen dem kleinsten Säulenpaar und kniete sich nieder, um die
violette Glaspyramide dort wieder einzupassen. Gehorsam flammte das Hallenlicht auf, und auch das Wasserbecken erstrahlte in
seinem verlockenden, türkisen Farbton.
    Azrani sprang auf und eilte vergnügt wie ein Kind zu dem
schmalen, lang gezogenen Becken. Sie wollte ihrem Verlangen
nachgeben, wollte hineinspringen. Am Beckenrand angekommen,
drehte sie sich einmal kurz im Kreis, um sich zu versichern, dass
ihr hier keine Gefahr drohte. Nein, da war nichts. Azrani seufzte
lautstark. Vielleicht sollte sie aufhören, über die Arbeitsweise dieses Systems nachzugrübeln, und es einfach nur hinnehmen. Gut
funktionieren tat es allemal, und das war schließlich das Wichtigste.
    Das Wasserbecken war enorm groß, etwa zwanzig Schritt breit
und über siebzig lang, ehe es an der Stirnseite der Halle an einer
Wand endete. Eine flache Treppe führte ins Wasser hinab, so
breit, als wäre sie für Meados´ riesige Beine gemacht.
    Das Wasser schien aus sich heraus zu leuchten; die türkisgrüne
Farbe war beinahe noch faszinierender als das satte, helle Ockerbraun der Wände. Azranis Herz pochte vor Aufregung, als sie eine
Zehenspitze prüfend ins Wasser streckte – natürlich spürte sie so
gut wie nichts. Sie fuhr sich mit beiden Händen rechts und links
über die Hüften. Für den Augenblick hätte sie sich gewünscht,
ihre Körperhülle los zu sein, denn sie hatte Lust, das Wasser auf
ihrer Haut zu spüren, ganz egal, wie kalt es sein mochte.
    Jeden vernünftigen Gedanken außer Acht lassend, nahm sie die
Stufen ins Becken. Trotz der Hülle spürte sie die Kühle des Wassers, und wenn sie mit den Händen unter Wasser über ihre Haut
fuhr, wurde das Gefühl noch ein wenig stärker. Voller Genuss
seufzte sie auf und ließ sich ins Wasser sinken.
    Es war sehr kühl, aber ihre Körperhülle sorgte für den Ausgleich, natürlich genau im richtigen Maß. Sie glaubte das Wasser
richtig spüren zu können, sogar auf ihren Wangen, als sie untertauchte. Dass sie dabei ganz normal weiteratmen konnte, überraschte sie nicht einmal mehr. Eine Weile ließ sie sich treiben, sah
zur Hallendecke auf und genoss dabei das Gefühl der Erfrischung,
das sie durchströmte. Noch immer war sie in keiner Weise müde,
hungrig oder verspürte sonst eines der üblichen menschlichen
Bedürfnisse. Ihre Gedanken trieben zurück zu dem, was sie in
den Stunden, bevor sie hier angekommen war, erlebt hatte. In
der Pyramide des Kalten Tales, die sie betreten hatte,

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