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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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mordgierigen Drachen in der Nähe wäre es ein einfacher Sprung gewesen, mehr nicht. Sogar Cathryn hätte es schaffen können, der Sand dort unten war ja weich. Aber genau darin
bestand das Problem, denn die Erschütterung würde der Drache
womöglich spüren. Sie sah sich um, nirgends war ein Stein, über
den man leise hätte hinabklettern können. Die einzige andere
Möglichkeit bestand darin, über den Drachenleib selbst zu steigen. Hellami reckte den Kopf in alle Richtungen, doch falls es Hilfe gab, so wurde sie von der Dunkelheit verschluckt. Sie fluchte in
sich hinein.
Als hätte der Drache es gehört, zuckte sein Kopf plötzlich in die
Höhe.
Hellami erstarrte zu Stein.
Der Schädel der Bestie sah aus wie mit riesigen Knüppeln
durchgewalkt – blutig, die linke Schädelhälfte samt dem Auge
zerschmettert, die vielen Horngrate und Kopffinnen weggerissen.
Sein Maul war voller abgesplitterter, grausig aussehender Zähne;
der faulige Raubtieratem, der über sie hinwegstrich, brachte sie
fast zum Würgen. So nah war sie dem Drachenmonstrum bisher
noch nicht gewesen.
Ihr Verstand flüsterte ihr ein, sie solle sich keine Winzigkeit bewegen; es gab Raubtiere, die einen nicht sehen konnten, wenn
man sich nicht bewegte. Sogar die einfachen Drakkensoldaten
waren so, Alina hatte ihr das erzählt. Der gewaltige Schädel des
Untiers wiegte hin und her, irgendeine Flüssigkeit tropfte aus seinem zerschmetterten linken Unterkiefer, und ein abgründiges
Grollen erfüllte die Luft, das allein schon Hellamis Nerven bis an
die Grenze belastete. Endlich sank der Kopf wieder auf den Sand
zurück.
Hellami geriet in Atemnot, weil sie nicht wagte, Luft zu holen.
Vielleicht hätte der Drache es gehört. Sie öffnete den Mund weit
und ließ langsam Luft in sich einströmen, in der Hoffnung, jedes
Geräusch zu vermeiden. Noch minutenlang verharrte sie in dieser
Haltung, ehe sie es wagte, sich langsam zurückzuziehen. Der
Drache blieb ruhig.

15
Der Schlüssel
    Drei Tage lang hatten Marina und Nerolaan die gesamte Hochebene abgesucht und waren sogar über die umliegenden Berggipfel
hinweg geflogen, in der Hoffnung, einen Hinweis zu finden. Vielleicht gab es ein zweites Bauwerk, eine Höhle, eine unterirdische
Stadt… irgendwo hier musste Phenros ja seine vielen Würfel gefunden haben.
    »Vielleicht hat er sie selbst gebastelt«, meinte Marina verdrossen und warf ein Steinchen in den kleinen Teich, den sie am
nordwestlichen Rand der Hochebene zwischen aufsteigenden Felsflanken entdeckt hatten. Ein kleiner Wasserfall plätscherte über
einen Felsbuckel, und sogar ein paar Büsche und Bäumchen gab
es hier im ansonsten kargen Land der Hochebene.
    Nerolaan, der auf der gegenüberliegenden Seite des Sees auf
den Uferfelsen saß, kaum fünfzehn Schritt von Marina entfernt,
erwiderte nichts. Sie hatten schon alles zehnfach durchgesprochen, jede kleinste Idee und jeden Gedanken. Zuletzt waren sie
zu dem Schluss gekommen, dass das Finden eines solchen Würfels wahrscheinlich eine Rätselaufgabe darstellte, mit der ein Besucher nachweisen sollte, dass er überhaupt genug Intelligenz
besaß, um das verstehen zu können, was ihn in der Pyramide
erwartete. Das entsprach dem, Nerolaan auf was so geheimnisvolle Weise fühlte.
    Seine Empfindungen bezüglich dieses rätselhaften Ortes waren
immer deutlicher geworden, wiewohl er bis jetzt noch nichts wirklich Konkretes hätte sagen können.
    »Phenros war intelligent genug«, maulte Marina weiter, deren
Laune auf dem Tiefpunkt angelangt war. »Ich bin es offenbar
nicht.«
    Was mich mit einschließt, erwiderte Nerolaan.
Willst du damit sagen, dass ich ein dummer Drache bin?
Seine Stimme hatte einen gutmütigen Beiklang gehabt, aber
der Versuch, sie aufzumuntern, schlug fehl.
    Nein, natürlich nicht, murmelte sie entschuldigend und erhob
sich. Ich glaube, wir müssen zur Pyramide zurück.
Wir sind schon viel zu lange fort. Azrani könnte zurückgekehrt
sein.
Sie wussten beide, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch
war. Marina neigte dazu, Cathryns Aussage zu trauen, dass Azrani den Weg zurück nicht finden würde. Und das lag sicher daran,
dass sie eine der drei Glaspyramiden benötigte, die sie verloren
hatte – und die sich inzwischen in Luft aufgelöst hatten. Marina
sah keinen anderen Weg, als Azrani zu holen.
Sie umrundete den kleinen See, in dem sie zuvor ein Bad genommen und sich mit einem lästigen Fisch herumgeplagt hatte,
der sich ständig an ihren Füßen hatte

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