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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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schlimmer: Wenn er tot war und
Cathryn nun auch noch sterben würde – ganz umsonst? Sie wusste nicht mehr ein noch aus.
»Ich mache es!«, flüsterte Cathryn verbissen. Wut lag in ihrer
Stimme.
Es gab eine Ritze in einer Felsspalte, die direkt zu dem Schwert
führte, aber Hellami passte um keinen Preis hindurch. Sie hatte
es mit Anstrengung probiert, aber der Drache war vom Rascheln
und vom Schaben ihrer Kleider an den Felsen erwacht und hatte
furchtbar zu toben begonnen. Zum Glück war seine Wut bald wieder verraucht, und er war erneut eingeschlafen. Hellami hatte
ihre Angst niedergekämpft und es nach einer halben Stunde noch
einmal probiert – ohne Kleider. Sie hatte sich Kratzer und Abschürfungen zugezogen, aber es ging nicht, sie passte einfach
nicht hindurch. Cathryn hingegen konnte es gelingen. Nicht Hellami war auf diese Idee gekommen, sondern die Kleine selbst.
Seither hatte sie sich in den Kopf gesetzt, das Schwert zu holen,
das keine fünf Schritt vom riesigen Schädel des Drachen entfernt
lag.
Er wird sie töten!
In der letzten Stunde war der Drache ruhig geblieben, aber
noch immer hörten sie sein riesiges Herz schlagen, unvermindert
kräftig, wie es schien – es war mehr als ein Wunder. Viel zu lange
schon lag Ullrik ganz allein dort draußen – sofern er überhaupt
noch lebte. Wenn sie ihm noch helfen wollten, durften sie nicht
mehr zögern.
»Ich entscheide das jetzt!«, beharrte Cathryn. »Ich mache es.
Jetzt gleich!«
Sie erhob sich, und Hellami wagte nicht, sie zu hindern.
Sie wagte nicht, eine einmal gefällte Entscheidung infrage zu
stellen, jetzt, wo es das Allerwichtigste war, etwas zu tun. Der
Mond schien inzwischen durch ein weiter westlich gelegenes Sonnenfenster zu ihnen herab und gewährte ihnen etwas Licht. Cathryn kletterte leise, aber entschlossen über Hellamis Beine hinweg
und schob sich an einer Abzweigung nach links. Hellami beeilte
sich, ihr zu folgen. Nach kurzer Zeit waren sie an der Stelle angelangt, wo sich der schmale Durchschlupf verengte – und kurz dahinter funkelte, draußen auf dem Sand vor der Felsengruppe, die
Klinge des Schwertes im Mondlicht.
»Ich sehe es«, flüsterte Cathryn.
Hellami zitterte und war völlig stumm; sie wusste, dass nichts
als Cathryns blanker Mut Ullrik jetzt noch retten konnte.
Cathryn schob sich auf allen vieren auf die Ritze zu. Sie hatte
kaum eine Elle zurückgelegt, da hielt Hellami sie fest. »Zieh deine
Sachen aus«, flüsterte sie kaum hörbar.
Cathryn wandte sich um und sah sie fragend an. »Deine Kleider,
Cathryn, hörst du sie nicht?«, wisperte sie so leise, dass sie es
selbst kaum verstehen konnte. »Sie schaben an den Felsen. Der
Drache ist schon einmal davon erwacht!«
Cathryn nickte. So lautlos wie möglich kehrten sie bis in ihr Versteck zurück. Allein das Ausziehen der Kleider verursachte Geräusche. »Und tritt auf, so leise du nur irgend kannst«, flüsterte Hellami. »Heb das Schwert ganz vorsichtig auf und lass es nicht auf
dem Boden schleifen, hörst du? Die Klinge ist höllisch scharf. Und
sie singt, wenn du sie anstößt!« Hellami wischte sich die Tränen
weg und nahm Cathryn in die Arme. »Ich sterbe, wenn dir was
zustößt!«
Cathryn war seltsam zuversichtlich. »Ich schaffe es«, versicherte sie und lächelte sogar leicht. Sie drückte Hellami einen festen
Kuss auf die Wange, löste sich von ihr und krabbelte völlig nackt
aus ihrem Versteck in Richtung der Engstelle. Immerhin behielt
Hellami Recht: Cathryn verursachte keinerlei Geräusche mehr.
Sie folgte ihrer kleinen Schwester und beobachtete, wie sie sich
lautlos durch den Spalt zwängte. Cathryn stellte sich geschickt
an, sie bewegte sich geschmeidig und schien sich nicht einmal am
Fels aufzuschürfen.
»Trinchen!«
Cathryn antwortete nicht, aber sie war bereits durch die Ritze
gelangt und drehte sich nun um. »Warte, bis ich oben bin«,
hauchte Hellami. »Ich klettere hinauf.«
Sie sah ein Nicken, dann wandte sie sich um und bewegte sich
zurück. Ihr wäre es lieber gewesen, sie hätte jetzt auch keine
Kleider mehr getragen. Jeder leiseste Laut, den sie verursachte,
stach ihr wie ein Messer ins Hirn. Was den Drachen anging,
machte es keinen Unterschied, ob man ihm nackt oder in einer
riesigen Eisenrüstung gegenübertrat. Aber jetzt war es zu spät.
Sie konnte Cathryn dort draußen nicht mehr so lange warten lassen. So leise sie nur konnte, stemmte sie sich hinauf, erreichte
das Freie und kroch vorsichtig an die Felskante. Das

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