Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens
Identität nicht preisgeben.« Roscoe nickte.
»Ja. Die Mauer des Schweigens. Tassilo Hauser. Wir haben darüber geredet.«
Für Momente herrschte nachdenkliches Schweigen zwischen ihnen.
Leandra befreite sich aus Roscoes Umarmung, setzte sich auf
einen der Pilotensitze und zog die Knie an. »Was machen wir
nun? Gehört die Melly Monroe jetzt uns?«
Bruder Giacomo setzte sich auf den gegenüberliegenden Sitz.
Roscoe lehnte sich mit dem Hinterteil an eines der Steuerpulte
und verschränkte die Arme.
»Ich habe noch eine wichtige Neuigkeit für Sie, Leandra«, sagte
Giacomo. »Es wurde der Versuch unternommen, den Heiligen
Vater vorzeitig von seinem Amt abzulösen.«
»Wirklich? Ist das denn rechtens?«
Giacomo hob die Schultern. »Nach außen hin schon. Es wurde
eine Novelle in den Kodex des Papstes eingebracht, durch Beschluss des Heiligen Konzils. Nun aber kommt’s: Hinter allem
scheint dieser Kardinal Lakorta zu stecken. Der tauchte vor weniger als einem halben Jahr wie aus dem Nichts auf und ist inzwischen der wohl mächtigste Mann in der Kirche. Kein Zweifel, dass
hinter ihm der Pusmoh steht und ihn auch schützt. Der Heilige
Vater beauftragte mich, mehr über diesen Mann herauszufinden.
Wissen Sie, worauf ich gekommen bin?«
Leandra schüttelte den Kopf.
»Er muss aus Ihrer Welt stammen, Leandra. Aus der Höhlenwelt.«
Leandra sprang von ihrem Sitz auf. »Jetzt weiß ich, woher ich
den Namen kannte!«, rief sie und streckte beide Arme nach Roscoe aus. »Lakorta! So hieß ein Magier des Cambrischen Ordens,
der…« Sie drehte sich mit fragendem Blick zu Giacomo um. »…
getötet wurde.« Ihr Blick war verwirrt, sie starrte wieder Roscoe
an. Der war zu ihr getreten und hatte ihre Hände genommen.
Leandra sprach nachdenklich weiter. »Angeblich… im Turm der
Stürme. Aber Munuel vermutete dann, dass er derjenige war, der
beim Gasthaus an der Morneschlucht von diesem Totenzug umgebracht worden war…« Giacomo und Roscoe warfen sich fragende Blicke zu. Leandra lachte verlegen auf. »Entschuldigung. Das
ist… nur wieder so ein Quatsch aus meiner Heimatwelt…«
Roscoe schenkte ihr ein Lächeln. »Langsam werde ich neugierig.
Nimmst du mich mal mit in diese Höhlenwelt?«
Leandra schien erleichtert. Sie wandte sich an Giacomo. »Gibt
es vielleicht ein Bild von diesem Lakorta? Eines, das ich mir mal
ansehen könnte?« Giacomo zog die Brauen in die Höhe. »Ein
Bild?« Nachdenklich spitzte er die Lippen und nickte dann. »Ja,
das wäre schon möglich.« Er sah in Richtung der Instrumentenpulte der Brücke und holte seinen RW-Transponder aus der Brusttasche. »Lakorta ist eine Person der kirchlichen Öffentlichkeit. Ich
brauche ein Kabel und eine Stellnet-Verbindung. Geht das hier?«
»Sicher.« Roscoe ließ Leandra los und tippte an einem der Pulte
etwas auf einer Tastatur ein. Ein Holoscreen flammte auf, und er
machte sich in Schubladen und Fächern auf die Suche nach einem
passenden Kabel. »Was geschieht nun mit Griswold?«, fragte
Leandra. »Können wir denn jetzt ohne ihn hier weg?«
Giacomo schüttelte den Kopf. »Ich würde ihn nicht freilassen,
nicht jetzt. Das wäre zu gefährlich. Ich fürchte, er muss uns noch
ein Weilchen unfreiwillig begleiten. Aber ich denke, er ist erst
einmal ruhig gestellt.«
Leandra lachte auf. »Ja, sicher. Sie haben ihm zweieinhalb Millionen versprochen. Für die Melly Monroe. Haben Sie denn wirklich so viel Geld?«
Er schüttelte den Kopf und lächelte vieldeutig. »Nicht offiziell.
Aber inoffiziell gibt es noch einiges mehr. Ich müsste es wohl
langsam in Sicherheit bringen. Nach all den Intrigen, die derzeit
auf Schwanensee gesponnen werden, kann es gut sein, dass
Ain:Ain’Qua nicht mehr lange Papst ist. Somit wären die zweieinhalb Millionen gut angelegt, finden Sie nicht?«
»Sie werden bei ihm bleiben?«, fragte sie verwundert. »Ich
meine, können Sie das? Stehen Sie denn nicht in Diensten der
Kirche?«
»Natürlich. Aber ich fürchte, er wird mich brauchen. Er ist ein
sehr aufrechter Mann, wissen Sie? Ohne mich und meine… kleinen Tricks… würde er in arge Bedrängnis geraten. Der Pusmoh
kann nicht zufrieden sein, wenn Ain:Ain’Qua nur sein Amt verliert.
Während seiner langen Amtszeit hat er viele Kontakte geknüpft
und einiges erfahren. Wenn der Pusmoh ihn loswerden will, und
es sieht ganz so aus, muss er ihn richtig loswerden. Zum Glück
haben wir noch ein paar Wochen Zeit, bis diese… ominöse Glaubensprüfung stattfindet.« Er hatte das
Weitere Kostenlose Bücher